Neu-Ulmer Zeitung

Wie geht es den Kinos in der Region?

- VON STEFAN KÜMMRITZ

Lichtspiel­häuser Geschlosse­ne Säle, verschoben­e Premieren – und die Konkurrenz von Netflix und Co. sitzt den Kinos im Nacken. Kinobetrei­ber aus Ulm und Neu-Ulm schlagen deshalb Alarm

Neu‰Ulm/Ulm Der Kinospaß ist vorbei. Nicht für immer, aber zumindest vorübergeh­end. Der neuerliche Corona-Lockdown ist dafür verantwort­lich, dass auch die Lichtspiel­häuser in Ulm und Neu-Ulm momentan geschlosse­n bleiben müssen. Auf jeden Fall bis Ende November, falls nicht vorher der Lockdown aufgehoben wird – womit angesichts der weiterhin hohen Infektions­zahlen nicht zu rechnen ist. Eher, die Anzeichen sprechen dafür, wird der Lockdown verlängert. Betroffen sind somit in Ulm das Xinedome, die Lichtburg, das Mephisto und das Obscura sowie in Neu-Ulm das Dietrich-Theater. Die Ansichten der Betreiber dazu sind etwas unterschie­dlich, aber die Auswirkung­en des Lockdowns scheinen für alle gleich: Es fehlen zur Zeit die Einnahmen.

Der Betreiber des Dietrich-Theaters sowie der Art-Kinos Lichtburg, Mephisto und Obscura, Roman Sailer, sieht die Situation der Kinos ganz klar als schlecht an und verweist auf den Lockdown als zumindest derzeitige Ursache. „Wir hoffen auf die versproche­ne Novem„Die ber-Hilfe“, sagt Sailer. „Die ist jetzt ganz wichtig. Und dann warten wir einmal ab, was nun die Beratungen in der Politik bringen. Wir haben im vergangene­n Dreivierte­ljahr gelernt, dass es manchmal überrasche­nde Entscheidu­ngen gibt.“

Sailer verweist darauf, dass in den vorangegan­genen Jahren die Wintermona­te November, Dezember und Januar immer „sehr besucherst­ark“gewesen und in dieser Zeit stets großartige internatio­nale Filme in den Kinos gelaufen seien – und gerade vor Weihnachte­n auch schöne Familienfi­lme.

Roman Sailer sagt: „Die Kinos konnten dieses Jahr kaum auf 50 bis 60 Prozent der Vorjahrese­innahmen kommen.“Xinedome-Betreiber Hans-Otto Leibing bestätigt dies, geht aber noch weiter: „Das Problem, das die Kinos haben, ist sehr vielfältig. Das liegt bei Weitem nicht nur an Corona. Uns geht es insgesamt als Medium schlecht. Den Lockdown können wir verkraften, nicht aber die langfristi­ge Entwicklun­g.“Leibing sagt, er sehe die Situation realistisc­h und mit mindestens einem weinenden Auge: „Heute müssen die Menschen nicht mehr aus dem Haus gehen, um Filme zu sehen. Da gibt es vor allem die Streaming-Dienste, die sehr stark genutzt werden und die nur auf hohe Erträge aus sind. Die Menschen sind übersättig­t, vor allem die jungen. Die Besucherza­hlen, die wir noch vor fünf Jahren hatten, können wir nie wieder erreichen.“

Roman Sailer sieht zurzeit kein Mittel, die Kundschaft trotz der Schließung seiner Häuser alternativ bedienen zu können, und so bieten die Kinos einen traurigen Anblick: verschloss­ene Türen, Hinweissch­ilder für unkundige Besucher und Plakate von Filmen, die jetzt nicht gezeigt werden dürfen. „Die Autokinos“, so Sailer, „die im Frühjahr wie Pilze aus dem Boden geschossen sind, schließen im Winter ja auch. Filme werden zwar weiter produziert, aber gerade kein Geld damit verdient. Wir brauchen Hilfe, sonst werden die finanziell­en Ausfälle ganz massiv. Die Streaming-Dienste sind eine starke Konkurrenz, die funktionie­ren immer. Die November-Hilfe ist für uns immens wichtig, dem langfristi­gen Problem unserer Branche wird sie aber nicht gerecht.“Damit spricht Sailer an, was Hans-Otto Leibing langfristi­g als große Gefahr sieht und befürchtet:

langfristi­gen Folgen für den Markt werden unumkehrba­r sein.“

Dabei haben die Kinobetrei­ber alles getan, damit es die Besucher in den Häusern sehr komfortabe­l haben: gemütliche Sitze, große Leinwände, profession­eller Sound, integriert­e Restaurati­on und einiges mehr. Roman Sailer sagt in Bezug auf den Lockdown: „Wir haben ein funktionie­rendes Hygienekon­zept. Die Belüftung springt stets automatisc­h an, wenn sich die Luft in den Sälen verschlech­tert. Weltweit wurden Kontakte in den Kinos verfolgt und es wurde keine Infektion nachgewies­en. Ein Kino ist nicht völlig risikolos, aber ein Kinobesuch ist die sicherste Freizeitbe­schäftigun­g.“

Leibing bestätigt dies und erklärt: „Das Infektions­risiko ist nirgends geringer als im Kino. Dafür haben wir viel investiert.“Und er schwärmt: „Wir können in den großen Kinos mit den großen Leinwänden und dem Wahnsinns-Sound ein tolles Erlebnis bieten. Trotzdem haben viele Menschen die Lust auf Kino verloren. Aber wir sind für die Besucher, die wieder kommen werden, gerüstet. Bisher hat das Kino alle Krisen überstande­n. Die Hoffnung stirbt zuletzt.“

Der Bücherwurm ging im Wald spazieren. Feuchtes Laub auf den Wegen, hier noch eine letzte Walderdbee­re, da ein alter, schon leicht gammeliger Bovist, den der Bücherwurm ein bisschen rauchen ließ. Novembersp­aziergang halt, aber immerhin bei gutem Wetter. Von Advent und Schnee noch keine Spur – aber plötzlich in einer Biegung des Weges traute der Bücherwurm seinen Augen nicht: Da entdeckte er einen Osterhasen!

Die Ohren hoch aufgereckt, einen Kranz bunte Eier um den Hals hatte ein Spaßvogel den Hasen wohl im Frühjahr aus einem Stamm geschnitzt und zum Überbringe­r bunter Eier gemacht. Hatte der Bücherwurm sich in der Jahreszeit geirrt?

Doch eher nicht, bei all dem braunen Herbstlaub! Vergessen im Novemberwa­ld leuchteten die bunten Eier nun aus dem dunklen Wald. Das eine oder andere hatte schon leichte Schäden – aber vergessene echte Ostereier vom vergangene­n Jahr finden sich zu

Ostern ja auch manchmal in Gärten, leicht am Geruch identifizi­erbar.

„Halt durch über den Winter, Osterhase!“, hat der Bücherwurm dem Hasen gesagt. „Es kommen wieder bessere Zeiten, für uns und auch für dich.“Und dem Hasen versproche­n – im Frühjahr wird er ihm einen übrig gebliebene­n Schokoniko­laus bringen.

 ?? Archivfoto: Alexander Kaya ?? Wann wird ein unbeschwer­ter Kinobesuch wieder möglich sein? Roman Sailer, der Chef des Neu‰Ulmer Dietrich‰Theaters, sagt: „Die Kinos konnten dieses Jahr kaum auf 50 bis 60 Prozent der Vorjahrese­innahmen kommen.“
Archivfoto: Alexander Kaya Wann wird ein unbeschwer­ter Kinobesuch wieder möglich sein? Roman Sailer, der Chef des Neu‰Ulmer Dietrich‰Theaters, sagt: „Die Kinos konnten dieses Jahr kaum auf 50 bis 60 Prozent der Vorjahrese­innahmen kommen.“
 ??  ?? Diesen Osterhasen fand der Bücherwurm im Wald.
Diesen Osterhasen fand der Bücherwurm im Wald.

Newspapers in German

Newspapers from Germany