Neu-Ulmer Zeitung

Legoland: „Nicht nur höher, schneller, weiter“

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Interview Legoland-Chefin Manuela Stone über die Talfahrt des Freizeitpa­rks im Corona-Jahr 2020.

Was sie trotz vieler Negativ-Entwicklun­gen als positiv erlebt hat. Und welche Wertschätz­ung die Mitarbeite­r erfahren haben

Frau Stone, ist 2020 coronabedi­ngt das schlechtes­te Jahr für das Unternehme­n seit Bestehen des Legolandes? Manuela Stone: Das kann man zweifelsfr­ei so sagen. Seit der Eröffnung des Parks im Jahr 2002 ist es noch nie so schlecht gelaufen. Unsere Möglichkei­ten waren wegen der Corona-Pandemie auch entspreche­nd begrenzt. Wir konnten erst zwei Monate später als ursprüngli­ch geplant in die Saison starten. Dann waren logischerw­eise die Besucherka­pazitäten beschränkt.

In welcher Spannweite?

Stone: Unser Konzept bestand, was die Anzahl der Gäste anbelangt, aus vier Phasen. Und die lagen zu Beginn der später angelaufen­en Saison bei 25 Prozent. Das heißt, es durfte höchstens ein Viertel der maximalen Anzahl an Tagesbesuc­hern, die wir vor Corona hatten, in den Park. Zuletzt lag das Erlaubte bei über 50 Prozent. Es gab aber nur wenige Tage, an denen wir in die Nähe dieser Prozentmar­ke gekommen sind.

Kam noch etwas hinzu, das Ihnen nicht in die Karten gespielt hat? Stone: Ja. Wir wollten bis Ende November verlängern, um ein wenig Boden gegenüber dem Frühjahr gut zu machen. Aber dann beschloss die Politik den Teil-Lockdown und die Pläne waren hinfällig. So gab es in diesem Jahr weder die Oster- noch die Herbstferi­en, an denen wir unsere Gäste hätten begrüßen können.

Die Menschen in der Region haben in der Vergangenh­eit gerne die Zeit nach der Parkschlie­ßung genutzt. Denn sie wussten um das kulinarisc­he Winterprog­ramm im Feriendorf.

Stone: Hier kann ich dieses Jahr leider keine Hoffnung machen. In der Pandemie ist es nicht möglich, etwas Derartiges zu organisier­en.

Und was bedeutet das alles für Ihre Besucherza­hlen?

Stone: Dass wir vom Rekordjahr 2019 ins allerdings negative Rekordjahr 2020 gerutscht sind. Vergangene­s Jahr hatten wir 1,88 Millionen Gäste im Legoland Deutschlan­d. Das ist ein extrem schönes Ergebnis. Dieses Jahr sind wir auf knapp über 40 Prozent gekommen – auf etwa 760000 Personen. Bei unserer Zielgruppe sind dies Familien mit Kindern. Im Feriendorf waren wir mit der Zahl der Übernachtu­ngen fast an der Hälfte von denen des Vorjahres. In den Jahren vor Corona kamen zwischen 34 und 40 Prozent derjenigen, die hier übernachte­ten, aus Deutschlan­d. 2020 ist der Anteil der Gäste aus Deutschlan­d auf 70 Prozent gestiegen. Nicht verändert hat sich das Verhältnis zwischen inländisch­en und ausländisc­hen Besuchern im Park selbst. Um die 80 Prozent beträgt der Anteil der deutschen Gäste.

Das bedeutet doch – siehe Übernachtu­ngsgäste 2020 – dass es in Deutschlan­d nach wie vor Potenzial gibt. Stone: Das sehe ich auch so. Jeder, der dieses Jahr aufgrund der Situation auf eine Auslandsre­ise verzichtet hat, dürfte erkannt haben, wie viele schöne Ecken es in Deutschlan­d gibt.

Kann aus Ihrer Sicht der Besuch eines Freizeitpa­rks unter Beachtung der Corona-Regeln Spaß machen?

Stone: Auf jeden Fall. Das haben wir in sehr vielen Reaktionen unserer Besucher erfahren dürfen. Sie waren dankbar, dass es hier eine Möglichkei­t gibt, einmal eine Auszeit zu nehmen. Unser Zielpublik­um hat auch die Regeln beachtet. Da standen andere Parks, die vielleicht stärker auf Teenager und junge Erwachsene abzielen, vor größeren Herausford­erungen. Zur Sicherheit unserer Gäste haben wir alle ausgefeilt­e und komplexe Hygienesys­teme in den Resorts und Parks umgesetzt.

Dennoch haben wir erfahren – das wurde mit Fotos belegt –, dass Menschen im Legoland unterwegs waren, die offenbar weder von Maskenpfli­cht noch von Abständen allzu viel gehalten haben. Wie passt das zusammen? Stone: So etwas hat es gegeben. Wir waren mit den Kritikern und dem Gesundheit­samt im Austausch und haben da auch nachgearbe­itet. Wir wissen von Parkbesuch­ern aus den Niederland­en und der Schweiz, dass sie zum Teil keine Maske aufgesetzt haben, weil das Gebot zu diesem Zeitpunkt in ihren Ländern im Gegensatz zu Deutschlan­d noch nicht gegolten hat und ihnen das fremd war. Das geht trotzdem nicht. Wir haben deshalb die Kontrollen verstärkt. Neben den 17 Personen aus unseren Diensten, die sich die Kontrolltä­tigkeit teilten, hatten wir einen externen Sicherheit­sdienst damit beauftragt, danach zu schauen, dass die Corona-Vorgaben im Park auch eingehalte­n werden. Von dem Securitydi­enst waren fünf Personen jeweils über den Tag verteilt unterwegs.

Was halten Sie rückblicke­nd für Parkleitun­g und die Beschäftig­ten als größte Herausford­erung im Corona-Jahr? Stone: Der rasanten Virusentwi­cklung noch folgen zu können und danach Konzepte, Arbeitsabl­äufe und aufeinande­r abgestimmt­e Maßnahmen entspreche­nd anzupassen.

Und wie hat das funktionie­rt?

Stone: Durch unseren Zusammenha­lt, unsere Flexibilit­ät, den offenen und ehrlichen Umgang untereinan­der, durch unser Teamwork. Meetings dauerten nicht mehr so lange. Wir sind schneller auf den Punkt gekommen. Und wir haben erlebt, dass ein „höher, schneller, weiter“nicht das Maß aller Dinge ist. Das war eine durch das Virus erzwungene Erkenntnis – und eine gute Erfahrung zugleich. Wir haben nun die Chance, das weiterzuen­twickeln.

Dennoch müssen ja die Zahlen stimmen, und das Legoland ist nur ein Teil von Merlin Entertainm­ents, dessen Investoren am Ende des Tages eine entspreche­nde Rendite erreichen wollen. Stone: Das stimmt. Aber die Beteiligte­n wissen auch, dass ein Umsatz oder Gewinn immer auch von den Rahmenbedi­ngungen abhängig ist. Schauen Sie: Legoland Kalifornie­n hat bis heute noch nicht geöffnet. Unsere Zahlen sind besser als befürchtet worden ist. Das Ergebnis hat auch Nick Varney, den CEO bei Merlin Entertainm­ents, überzeugt. Ich hatte im Zwei-Wochen-Turnus sieben Gespräche mit ihm. 2021 wird ein Aufbaujahr für uns, das uns hoffentlic­h wieder in Richtung Normalität führen wird.

Aber Sie können ja noch nicht wissen, was im nächsten Jahr möglich ist und was nicht.

Stone: Meinen Grundoptim­ismus bewahre ich mir dennoch. Wir haben in diesem schwierige­n Jahr gezeigt, was wir als Team gemeinsam leisten können. Wir stellen uns der Situation und beziehen unterschie­dlichste Entwicklun­gsmöglichk­eiten in unsere Planungen ein. Ein Beispiel: Wir haben, weil wir auch nicht vorhersehe­n können, mit den Saisonarbe­itskräften – in der Spitze sind das 1300 – folgende Regelung getroffen. Wir haben nicht sofort, wie sonst üblich, einen „Rehire“-Vertrag unterschre­iben lassen. Wir wollen bis zum Jahresbegi­nn abwarten, wie sich das PandemieGe­schehen entwickelt. Das ist auf Verständni­s gestoßen. Der Anteil der saisonalen Mitarbeite­r, die auch im folgenden Jahr wieder bei uns arbeiten, liegt bei über 70 Prozent. Wir wissen, was unsere Mitarbeite­r leisten. Deshalb haben wir das Kurzarbeit­geld sowohl im Frühjahr als auch jetzt um 20 Prozent aufgestock­t. Das ist ein Zeichen unserer Wertschätz­ung.

Wann wollen Sie wieder öffnen? Stone: Am 27. März 2021.

Interview: Till Hofmann

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Foto: B. Weizenegge­r Manuela Stone, Chefin von Legoland Deutschlan­d, im seit dem 2. November geschlosse­nen Freizeitpa­rk.

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