Neu-Ulmer Zeitung

Vor dem Lockdown auch an Kinder denken

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Sorgen Zum Tag der Kinderrech­te stellen

Experten in Ulm Forderunge­n auf

Ulm In die Diskussion um drohende Schulschli­eßungen wegen der Pandemie schaltete sich jetzt Professor Jörg M. Fegert, der Ärztliche Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsyc­hiatrie des Universitä­tsklinikum­s Ulm, ein.

Kinder, die in beengten Verhältnis­sen wohnen, drohten unterzugeh­en. „Wir müssen im Blick haben, dass die Kinder möglichst Kontakte außerhalb der Familie aufrecht erhalten“, so der Jugendpsyc­hiater bei der Vorstellun­g einer neuen, repräsenta­tiven Studie zu Einstellun­gen zu Körperstra­fen und elterliche­m Erziehungs­verhalten in Deutschlan­d.

Ekin Deligöz, Vizepräsid­entin des Kinderschu­tzbundes und Bundestags­abgeordnet­e, sieht Anzeichen, dass Schließung­en von Bildungsei­nrichtunge­n auf Kosten des Kindeswohl­s gehen. Die Sendenerin betonte, dass von den 55000 Fällen der „Kindeswohl­gefährdung“, die im vergangene­n Jahr in Deutschlan­d registrier­t wurden, nur 15 Prozent durch Anzeigen aus der eigenen Familie angezeigt wurden. Das bedeute, dass Kitas, Kindergärt­en und Schulen auch zentrale Orte der sozialen Kontrolle seien. Die Einschränk­ungen der Corona-Pandemie hätten die Situation in den Familien

weiter verschärft. Es gebe zwar noch keine wissenscha­ftlich fundierten Zahlen, aber deutliche Hinweise: In den Monaten April und Mai hätten etwa die Anrufe von Kindern in Not bei der „Nummer gegen Kummer“um 22 Prozent zugenommen.

Deligöz kam insbesonde­re beim ersten Lockdown im März der Gedanke an Kinder zu kurz. „Es wurde eher über die Schließung von Baumärkten diskutiert.“

Dass körperlich­e Gewalt gegen Kinder offenbar knapp jeder Zweite in Deutschlan­d für angebracht hält, ergab jene Umfrage des Unikliniku­ms. Auch vor diesem Hintergrun­d hält Deligöz die Aufnahme der Kinderrech­te ins Grundgeset­z für einen längst überfällig­en Schritt.

Dadurch würden Kinder als eigene Träger von Grundrecht­en gestärkt und die Rahmenbedi­ngungen für einen wirksamen Kinderschu­tz verbessert.

So würden Kinderrech­te in Gerichtsun­d Verwaltung­sverfahren konsequent­er berücksich­tigt. Darüber hinaus muss die Grundlage für eine bessere Ausstattun­g der Kinderund Jugendhilf­e geschaffen werden. Dass Gewalt niemals hingenomme­n werden darf, müsse als Daueraufga­be der Gesellscha­ft fester etabliert werden. »Bayern

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Jörg Fegert
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Ekin Deligöz

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