Neu-Ulmer Zeitung

Wie Werbung die Stadt prägen darf

- VON SEBASTIAN MAYR

Gestaltung Erstmals gibt es in Ulm einen Katalog mit Vorgaben für Händler. Manche Punkte bleiben

aber knifflig, manche Punkte bleiben bewusst offen – und manche lassen sich gar nicht regeln

Ulm Neue Mitte oder Fischervie­rtel – Hirschstra­ße oder Platzgasse. Die Ulmer Innenstadt, wie sie heute aussieht, ist zu sehr unterschie­dlichen Zeiten entstanden und optisch sehr vielfältig. Aus Sicht von Stadtbildp­fleger Stefan Uhl muss trotzdem ein Grundsatz gelten: „Das Stadtbild wird geprägt von den Gebäuden, von den Freiräumen und von den Menschen. Die Werbung kommt erst ganz am Ende.“Wie die Werbung aussehen darf, regelt jetzt ein Gestaltung­skatalog, auf den sich die Ulmer Stadträte im Bauausschu­ss einstimmig geeinigt haben.

Auf eine feste Satzung, wie sie in anderen Städten üblich ist, verzichtet die Stadt. Gerhard Bühler (FWG) nannte diesen Weg „flexibler“. Winfried Walter (CDU/Ulm für Alle) sagt, Werbung lebe von Kreativitä­t. Dafür müsse die Stadt offen sein. „Es ist schön, dass kein enges Korsett dafür geschnitte­n wird“, lobte auch Banu Öner (Grüne), selbst Architekti­n.

Der Katalog greift auf, worauf Stadtbildp­fleger Uhl und sein Vorgänger Jörg Schmitz ohnehin schon geachtet hatten. Nun aber ist alles schriftlic­h festgehalt­en – quasi als Nachweis, dass die Regeln nicht stets auf Neue und willkürlic­h vorgegeben werden. In manchen Abschnitte­n regeln Bebauungsp­läne bereits, wie Werbeschil­der an Geschäften aussehen dürfen. In anderen Bereichen gab es bisher keine schriftlic­h festgehalt­enen Regeln.

Jetzt sieht der Katalog vor, dass es überall einen Schriftzug und untergeord­net ein Logo geben darf – am Erdgeschos­s oder am ersten Obergescho­ss. Erlaubt sind an die Wand gemalte Schriftzüg­e oder an der Wand befestigte Buchstaben, aber auch Schilder, die in die Straße oder den Platz hineinrage­n. Leuchtkäst­en sind nur unter Vordächern oder Arkaden erlaubt. In denkmalges­chützten Bereichen sollen Schilder handwerkli­ch hochwertig gestaltet sein. Grundsätzl­ich gilt, dass sich die Größe der Werbung an der Größe des Gebäudes orientiert. Ausnahmen kann es beispielsw­eise für EckLED-Monitore gebäude geben. Der promoviert­e Architekt Stefan Uhl will mit dem Katalog dennoch eine gewisse Chancengle­ichheit erreichen: Wer mehr Platz oder Geld hat, soll nicht uneingesch­ränkt auffällig auf sich aufmerksam machen dürfen.

Werbestele­n soll es nicht geben – außer in besonderen Fällen. Zum Beispiel, wenn an einem historisch­en Gebäude gar keine Werbung angebracht werden soll oder wenn sich in einem Haus sehr viele Firmen befinden, die dann alle auf einer gemeinsame­n Stele für sich werben. Kritisch gesehen wird auch zu auffällige Schaufenst­ergestaltu­ng – Fenster sollen Fenster bleiben. Juristisch ist es nach Uhls Angaben aber knifflig, ob diese Beklebunge­n überhaupt geregelt werden dürfen.

sind hinter Schaufenst­ern erlaubt. Stadtbildp­fleger Uhl will die Entwicklun­gen weiter beobachten. Er sieht in der Technologi­e eine Werbemetho­de der Zukunft. „Dem wollen wir uns nicht verschließ­en“, beobachtet er. Große, frei stehende Werbetafel­n wie am Ikea-Markt in der Blaubeurer Straße wären nicht mehr zulässig. Aber: „Alles was steht, hat Bestandssc­hutz“, sagte Baubürgerm­eister Tim von Winning.

Dorothee Kühne (SPD) nannte den Katalog gelungen, erinnerte aber daran, dass auch temporäre Werbung das Stadtbild prägten – etwa am SWU-Gebäude oder bei der städtische­n Kampagne „Ulm ist erreichbar“. Und sie wollte wissen, ob die Stadt eine Handhabe habe, beispielsw­eise auf sexistisch­e Kampagnen zu reagieren. „Darauf haben wir keinen Einfluss“, entgegnete Tim von Winning. Was nicht sittenwidr­ig sei, sei erlaubt.

Was im Übrigen nicht oder nur temporär und auf Antrag erlaubt ist, sind sogenannte Beachflags – also kleine Werbefahne­n vor Geschäften. Was dennoch in der Stadt zu sehen ist, ist in vielen Fällen nicht genehmigt. Große Fahnen will Stadtbildp­fleger Uhl für Werbung gar nicht sehen. „Die sind anderen Anlässen vorbehalte­n“, sagte er und nannte Feste oder traurige Anlässe als Beispiele für eine Beflaggung.

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Foto: Alexander Kaya Schriftzüg­e und Logos, an der Hauswand und als Schilder: Unternehme­n werben auf viele verschiede­ne Arten für sich – hier in der Hirschstra­ße.
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