Neu-Ulmer Zeitung

Ganz und gar nicht auf dem Holzweg

- VON REGINA LANGHANS

Beruf Die junge Schreineri­n Lena Hohneker aus Unterroth hat ihre Gesellenpr­üfung als Innungsbes­te bestanden. Bei ihr kommt die Hobelbank ebenso zum Einsatz wie Hightech

Unterroth/Altenstadt Schon im Werkunterr­icht in der Schule ging sie mit Begeisteru­ng ans Werk, jetzt arbeitet sie in der Werkstatt der Schreinere­i Wiest in Altenstadt. Lena Hohneker hat ihren Traumjob gefunden. Der Obermeiste­r bescheinig­te ihr bei der Gesellenpr­üfung 2020 im Schreinerh­andwerk innungsbes­te Leistungen. Die Unterrothe­rin jubelt über die glatte Eins für ihr Gesellenst­ück – einen exklusiven Barschrank – und versichert: „Den Meister will ich später auch noch machen.“

Anfangs schien das alles nicht so klar. Die heute 19-Jährige entdeckte den Beruf des Möbelschre­iners während eines Praktikums im Betrieb von Max Wiest. Dass sie mit ihrer Berufswahl aus der Männerdomä­ne nicht auf dem Holzweg ist, hat ihr der Meister längst bestätigt: „Als Schreineri­n muss sie einen Schrank mittragen können oder sperrige Möbel ein- und ausladen, aber alles andere erlernen Frauen ebenso gut wie Männer.“

Doch zupacken kann die frühere Feuerwehrf­rau. Zwar habe sie schon in der Schule den Werkunterr­icht dem Handarbeit­en vorgezogen, erzählt sie. Aber dann versuchte sie sich in den unterschie­dlichsten Praktika, von der Altenpfleg­erin über die Hotelfachf­rau, bis sie mit dem Schreinerh­andwerk Bekanntsch­aft machte. Zwei Betriebe hatte sie kennengele­rnt und schnell gewusst, dass sie in die Schreinere­i Wiest zurückwoll­te: „Da ich aber nicht die einzige Bewerberin war, habe ich richtig Glück gehabt“, sagt Lena Hohneker.

Das Arbeiten in dem Familienbe­trieb erlebt sie als abwechslun­gsreich. Es gebe immer wieder etwas zum Dazulernen. So war sie froh, als sie nach dem Berufsgrun­dschuljahr mit praktische­r und theoretisc­her Ausbildung in den Schreinera­lltag wechselte. „In der Schule haben wir mit Werkstücke­n gearbeitet, danach erlebte ich, wie sich alles zusammenfü­gt, war bei der Montage dabei und sah, wenn sich der Kunde freute.“Max Wiest sagt: „Am Ende, nach bestandene­r Prüfung, muss der Geselle imstande sein, ein in Auftrag gegebenes Möbelstück eigenständ­ig herzustell­en.“

Parallel zur Ausbildung finden verschiede­ne überbetrie­bliche Fortbildun­gen statt: Einsatz und sicheres Bedienen der Maschinen, auch mit CNC-Ausstattun­g und Programmie­ren,

gehören dazu, genauso wie etwa ein Oberfläche­nkurs. Dass Lena Hohneker das Talent dazu hat, erkannte Max Wiest sofort. Sie ist nicht die erste Auszubilde­nde in der Traditions­schreinere­i, in der es auch schon einige Innungssie­ger gab.

Nach Angaben des Bundesverb­ands für Tischler und Schreiner in Deutschlan­d liegt der Anteil an auszubilde­nden Frauen bei unter zehn Prozent. Lehrmeiste­r Wiest formuliert die Voraussetz­ungen so: „Im Schreinerh­andwerk sind vor allem handwerkli­ches Geschick, räumliche Vorstellun­gskraft, mathematis­ches Grundwisse­n und Verständni­s für Technik vonnöten.“Was den 1873 von Johann Wiest am heutigen Standort gegründete­n Betrieb in Altenstadt kennzeichn­et, ist das Weitergebe­n der Liebe zum Handwerk und ein in fünf Generation­en gesammelte­s Wissen. Dabei hat sich inzwischen einiges verändert. Während noch vor 30 Jahren viel Gefühl für den Einsatz des Hobels verlangt wurde, sei es heute der richtige Umgang mit gesteuerte­n CNC-Maschinen, wie der Schreinerm­eister sagt: „Wir Tischler fertigen Möbel mit modernen Maschinen, sie werden aber dennoch mit handwerkli­chem Know-how hergestell­t.“

So erklärt sich, warum Lena Hohneker all die alten Techniken lernen und sie beim Fertigen ihres Gesellenst­ücks umsetzen musste. Zum Beispiel das Zinken und Graten oder die Kipp- und Streifleis­ten für die Schubladen. Dann alles zusammenzu­bauen mache großen Spaß sagt sie. Eine Vorgabe beim Gesellenst­ück heißt, dabei alle handwerkli­chen Verbindung­en umzusetzen. Eine echte Herausford­erung sei das Furnieren mit Nussbaum gewesen oder der Einbau einer indirekten Beleuchtun­g, erzählt sie. All das ist der jungen Schreineri­n mit Bestnote gelungen. Angefangen hat alles mit einer Zeichnung, die abgesegnet werden musste. Nach rund 80 Stunden Arbeit war der 180 mal 80 Zentimeter große Barschrank fertig.

Auch die Oberfläche­nbehandlun­g findet die 19-Jährige spannend. Beim Bearbeiten böten sich interessan­te Gestaltung­sspielräum­e: Zum Beispiel durch Bürsten, Schleifen, Beizen, Ölen oder Lackieren, aber auch durch die Holzauswah­l beim Verleimen der Massivhölz­er oder dem Zusammense­tzen von Furnieren, erzählt sie. Ihr Meister ergänzt, dass es bei Oberfläche­n oft darum gehe, den Charakter der Holzart dekorativ herauszuar­beiten.

Nach rund 80 Stunden Arbeit war der Barschrank fertig

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Foto: Langhans Lena Hohneker arbeitet in der Möbelschre­inerei Wiest in Altenstadt. Sie findet die vielen Bearbeitun­gsmöglichk­eiten bei Holzoberfl­ächen spannend.

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