Neu-Ulmer Zeitung

Es werde Licht

- VON JOACHIM GÖRES

Branche

Ein Krumbacher Familienun­ternehmen sorgt mit seinen Kerzen für Adventssti­mmung – erst recht in diesem Jahr

Krumbach Rot, Weiß, Gold – das sind die klassische­n Kerzenfarb­en, die zu Adventszei­t und Weihnachte­n bei der Gebr. Steinhart Wachswaren­fabrik in Krumbach gefragt sind. Runde und breite Stumpenker­zen, die mit Sternen, Nussknacke­rfiguren oder Elchen verziert sind, gehören neben einfarbige­n Kerzen zum typischen Angebot in dieser Jahreszeit. Auch etwas teure Kerzen aus Bienenwach­s und Raps werden wegen ihres besonderen Dufts derzeit gerne genommen. „Eigentlich endet bei uns im Oktober die Produktion für die Weihnachts­zeit. Doch aktuell ist die Nachfrage so groß, dass wir weiter Weihnachts­kerzen herstellen und kaum hinterherk­ommen, zumal Mitarbeite­r von uns in Quarantäne sind“, sagt Geschäftsf­ührer Peter Steinhart. Woher kommt das große Kaufintere­sse?

„Die Leute bleiben wegen Corona mehr zu Hause, machen es sich gemütlich und geben dafür auch entspreche­nd Geld aus“, sagt Steinhart. Sein Unternehme­n stellt in Krumbach Kerzen her. Zusammen mit dem Lager arbeiten am Standort 110 Mitarbeite­r, daneben gibt es ein Werk im polnischen Piotrków Trybunalsk­i mit 150 Mitarbeite­rn. Dabei handelt es sich zum großen Teil um aus Palmöl gefertigte Stearinker­zen.

Die Deutsche Umwelthilf­e hat gerade bei 52 Hersteller­n und Anbietern von Kerzen untersucht, ob Palmöl eingesetzt wird, das aus der Rodung des Regenwalde­s stammt. Der Anbau dieses Palmöls gilt als nicht nachhaltig, weil die Rodung des Regenwalde­s die zweitgrößt­e Ursache für die durch Menschen verursacht­e Erderwärmu­ng ist. Bei Steinhart stammen laut der Deutschen Umwelthilf­e 69 Prozent des Palmöls aus nachhaltig­em Anbau.

„Wir haben noch einen kleinen Anteil von nicht zertifizie­rtem Palmöl. Im kommenden Jahr werden wir ganz auf Palmöl verzichten und alternativ­e Rohstoffe verwenden“, kündigt Steinhart an. Von den unter die Lupe genommenen Unternehme­n haben nur 15 angegeben, dass sie für die von ihnen angebotene­n Kerzen ausschließ­lich Palmöl aus nachhaltig­em Anbau verwenden. Keine Angaben machten unter anderem die Drogerieke­tte Müller, Depot, OBI, Hagebau, Roller und Nanu Nana.

Woher eine Kerze stammt und wie sie nach ökologisch­en und sozialen Kriterien abschneide­t, ist für einige Verbrauche­r inzwischen ein Thema. Die Contigo Fairtrade GmbH aus Göttingen beliefert zum Beispiel Weltläden in ganz Deutschlan­d mit fair gehandelte­n Produkten. Einer der Partner ist die Kerzenmanu­faktur Kapula aus Südafrika, die ihre Mitarbeite­r besser bezahlt als sonst üblich. Die bunten Kerzen in kräftigen Farben fallen durch ihre aufwendige­n Verzierung­en auf, für die Wachs mit Pinseln aufgebrach­t wird. Sie werden derzeit auch in den Weltläden in Augsburg, Bobingen, Dillingen und

Friedberg gerne gekauft. Es sei schwierig, Nachschub zu bekommen, ist zu erfahren.

Das hängt auch mit den Folgen der Corona-Pandemie zusammen: Wegen des Lockdowns in Südafrika musste Kapula im März die Produktion einstellen. Inzwischen werden wieder die bunten Kerzen aus Paraffin von Hand in Blechforme­n gegossen, geschnitte­n und nachgearbe­itet. Doch weil Kapula in Südafrika selber kaum noch Kerzen wegen des Ausbleiben­s der Touristen verkauft, ist das Auftragsvo­lumen auf ein Viertel des Vorjahres geschrumpf­t und jeder zweite von ursprüngli­ch 150 Arbeitsplä­tzen weggefalle­n.

2019 wurden laut Europäisch­em Statistika­mt in Deutschlan­d knapp 63 000 Tonnen Kerzen im Wert von rund 143 Millionen Euro produziert. Auf den deutschen Markt kamen 171 000 Tonnen. Ob der Absatz in diesem Jahr bei seinem Unternehme­n höher ausfallen wird, mag Steinhart noch nicht vorhersage­n. Die European Candle Associatio­n, der Verband der Kerzenhers­teller, rechnet für 2020 in Deutschlan­d mit einem Rückgang gegenüber dem Vorjahr wegen der Schließung vieler Geschäfte im März und April, des Wegfalls vieler Weihnachts­märkte sowie der im Ausland oft sehr strengen Corona-Beschränku­ngen. Besonders

hart trifft es diejenigen, die im Kleinen das Kerzenzieh­en anbieten.

Die Zeit vor Weihnachte­n ist in solchen Werkstätte­n normalerwe­ise ausgebucht. „Kinder mögen gerne gedrehte Kerzen, die sie mit Engeln, Sternen, Weihnachts­männern oder Schneefloc­ken versehen. Auch Frauen kommen gerne in kleinen Gruppen zum Kerzenzieh­en. Gefragt sind vor allem mehrfarbig­e Kerzen, die man nicht kaufen kann“, erzählt Ines Rösler, die in Hamburg eine Kerzenwerk­statt betreibt. „Wegen der Corona-Bestimmung­en ist das alles derzeit nicht erlaubt.“

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Foto: Julian Leitenstor­fer Wärmt die Seele in Corona‰Zeiten: die Kerze.

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