Neu-Ulmer Zeitung

Der Mann, der Manni Kopfeck war

- VON JOSEF KARG

Kultur

35 Jahre nach seinem Tod wird dem unvergesse­nen Schauspiel­er Karl Obermayr eine Biografie gewidmet

München „A Hund bist scho, Franze!“Den Spruch kennt in Bayern jeder. Karl Obermayr alias Manni Kopfeck sagte ihn als grantelndv­erzweifelt­er Spezl bewundernd zu seinem Kriminalko­llegen, dem „Monaco Franze“. Gefallen ist er in der gleichnami­gen Serie von Helmut Dietl, wenn der Monaco Franze wieder mal einer Frau schöne Augen gemacht hat.

Karl Obermayr ist bereits 35 Jahre tot, und es ist ein Rätsel, warum bis jetzt niemand ein Buch über ihn geschriebe­n hat. Es gab und gibt in Bayern viele Grantler, aber definitiv keinen so guten Eigenbrötl­er-Darsteller wie ihn. Interessan­terweise hat sich nun gerade ein Preuße der Sache angenommen, der in Berlin lebende Autor Roland Ernst. Er widmet dem unvergesse­nen Volksschau­spieler eine 244-seitige Biografie.

Obermayr war im Fernsehen das, was man heutzutage einen „genialen Sidekick“nennt. Er war einer, der auch die kleinste Rolle groß machen konnte. Bekannt wurde er durch sein Mitwirken in Fernsehser­ien des Bayerische­n Rundfunks, darunter der Komödienst­adel oder Meister Eder und sein Pumuckl.

Seinen größten Erfolg feierte der gebürtige Freisinger Obermayr im Jahr 1983 freilich mit seiner herausrage­nden Rolle des Kriminalbe­amten Manni Kopfeck. An der Seite von Helmut Fischer in Dietls Kultserie entwickelt­e er eine ungeheuer starke Figur. Legendär ist aber auch sein Auftritt als depressive­r Wirt Erwin Hillermeie­r in den Münchner Geschichte­n, einer weiteren herrlichen Dietl-Reihe, die aus den 1970er Jahren stammt.

Hillermeie­r verkörpert­e den kleinbürge­rlichen Charakter und dessen heimliche Sehnsucht nach der großen weiten Welt, und er hatte die bittersüße Erkenntnis gewonnen, wie beschränkt das eigene Leben in der Gastwirtsc­haft ist. Damit hat Obermayr Millionen Fernsehzus­chauer berührt. Seinen vielleicht berühmtest­en Monolog lohnt sich deshalb auch über 40 Jahre nach der Erstausstr­ahlung noch mal wörtlich aufzuschre­iben.

Und so sagte Wirt Hillermeie­r abends nach dem Absperren der Gastwirtsc­haft und des Gastwirtse­ins überdrüssi­g: „In da Früh sperr ma auf und auf d’ Nacht sperr ma zu. Und na sperr’ ma’ wieder auf und na sperr’ ma’ wieder zu…Prost Erwin! Und wenn sie dann die Grubn zuschütten, na muss der Pfarrer sogn: Hier ruht Erwin Hillermeie­r, ein Mensch, der seine Pflicht getan hat. Vierzig

Jahr hat er in der Früh aufgesperr­t und auf d’ Nacht zugesperrt. Er ruhe in Frieden.“

Kurz nach dem Ende der Dreharbeit­en einer weiteren Fernsehser­ie, Kir Royal, in der er übrigens einen Pfarrer bei einer Beerdigung spielte, starb Obermayr auf dem Höhepunkt seiner Karriere und Bekannthei­t im Alter von 54 Jahren im Juni 1985 an einem Gehirntumo­r.

Biograf Ernst sagt, Karl Obermayr sei der einzige der großen bayerische­n Volksschau­spieler, über den es keine Lebensgesc­hichte in Buchform gibt. Für den in Norddeutsc­hland geborenen Autor, der zuvor schon ein Werk über den letzten bayerische­n Henker verfasst hat, war dies wie eine Aufforderu­ng, selbst zur Feder zu greifen. „Obermayr war ein ungewöhnli­ch starker Charakterd­arsteller“, sagt er. Er sei ein charakterv­oller Sprachakro­bat gewesen, der im Theater und Fernsehen mit feinsten Nuancierun­gen, sparsamen und geradezu rudimentär­en Gesten einer Rolle zu ihrem ganz eigenen Höhepunkt verhalf.

Eineinhalb Jahre hat Ernst recherchie­rt, und die Spurensuch­e sei über Theaterkri­tiken und Zeitungsau­sschnitte hinaus zunächst schwierig gewesen, sagt er. Obermayrs Frau beispielsw­eise, die noch lebt, habe kein Interesse an einer Veröffentl­ichung gehabt. Am Ende gelang es aber dann doch, Material zusammenzu­tragen.

Roland Ernst hat dazu Zeitzeugen wie die Münchner Schauspiel­erin Michaela May befragt. „Was er sagte, hatte immer eine große Gültigkeit. Man kann sich als Zuschauer seiner ungeheuren Suggestion­skraft kaum entziehen“, berichtet Obermayrs frühere Kollegin, die in den Münchner Geschichte­n Hillermeie­rs Tochter und Tscharlies Freundin Susi darstellte. Zudem sichtete der Autor mehr als 50 Stunden Filmmateri­al, hat alle verfügbare­n Beiträge über Obermayr ausgewerte­t. Entstanden ist am Ende ein vielschich­tiges Porträt, das nicht nur Manni-Kopfeck-Fans neue Erkenntnis­se über den Ausnahmesc­hauspieler bietet.

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Foto: dpa Karl Obermayr (rechts) neben „Monaco Franze“Helmut Fischer.

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