Eine 500MillionenAnlage als Hoffnungsträger
Teva In Genesis, dem Biotech-Produktionszentrum der Ratiopharm-Mutter in Ulm, fangen bald die ersten 80 Mitarbeiter
an. 2022 sollen weit mehr Menschen in der weltweiten Konzern-Drehscheibe für die Zukunftstechnologie arbeiten
Ulm Genesis ist dreieinhalb Jahre nach dem Spatenstich nicht mehr zu übersehen: 27 Meter ragt der 71 Meter lange dunkle Quader in den Himmel im Donautal. Genesis – altgriechisch für Schöpfung – so wird das Projekt vom Investor genannt und hebt das Industriegebiet im Ulmer Donautal auf eine neue Ebene: Mit einer halben Milliarde Euro ist das biotechnologische Produktionsgebäude der Ratiopharm-Mutter Teva die womöglich größte Einzelinvestition aller Zeiten für die Donaustadt.
300 neue Arbeitsplätze entstehen nach Angaben von Teva, im ersten Quartal des neuen Jahres werden 80 Menschen beginnen, die Inbetriebnahme des Kolosses vorzubereiten, dessen verbaute 35000 Kubikmeter Beton ausgereicht hätten, den Schiefen Turm von Pisa gleich sechsfach zu errichten.
„Mit der neuen Biotechanlage mit Investitionssumme von über 500 Millionen Euro wird der deutsche Standort zur Biotech-Drehscheibe des gesamten Teva Konzerns. Nie zuvor hat Teva so viel Geld in ein Einzelprojekt investiert“, sagt
Christoph Stoller, der Geschäftsführer von Teva Deutschland auf Anfrage unserer Zeitung. Dabei schwebten lange Zeit Fragezeichen über diesem Megaprojekt: Aufgrund massiver Übernahmen war der weltgrößte Hersteller nachgeahmter Arzneimittel („Generika“) in Not geraten. Teva verbuchte im Geschäftsjahr 2017 den nach Angaben des mit Abstand höchsten Verlust, der jemals in der Pharmaindustrie ausgewiesen wurde. Der Fehlbetrag zehrte demnach die Nettogewinne von zehn Jahren auf. Dem überambitionierten Pharmariesen wurde ein Sparprogramm verordnet. Rund ein Viertel der Belegschaft musste gehen, zudem gab das Unternehmen zahlreiche Werke auf. Ulm hingegen kam mit weniger als einem blauen Auge davon. Vor zwei Jahren wurde zwar angekündigt, dass zehn Prozent der Jobs bei
2016
Start Planungsphase Projekt Genesis: Biotechneubau.
Spatenstich und Baube
06/2017
ginn.
Ratiopharm abgebaut werden sollen. Gleichzeitig wurde jedoch begonnen, hoch qualifizierte Kräfte für Genesis anzuwerben.
Auf Anfrage heißt es: die Mitarbeiterzahlen seien seit einigen Jahren bei Teva Deutschland über alle Bereiche hinweg insgesamt mit etwas über 2500 Mitarbeitern stabil. In Ulm habe der Konzern derzeit etwa 1800 Mitarbeiter, in Weiler bei Blaubeuren weitere knapp 500. Dazu kommen noch die Außendienstmitarbeiter, die über ganz Deutschland verteilt sind. Der „wohl härteste Sanierungsfall der Branche“, wie es das ausdrückte, hat sich nun offenbar stabilisiert. Dies ist nach Experteneinschätzung am operativen Ergebnis und an den rückläufigen Schulden erkennbar. Auf Ulm lastet aber als kommende Biotech-Drehscheibe des gesamten Teva Konzerns ein 11/2017 07/2019 07/2019
Grundsteinlegung.
Richtfest. Einbringung der ersten Bioreaktoren.
enormer Erfolgsdruck. Mehr als 20 Projekte für biopharmazeutische Medikamente befinden sich nach Teva-Angaben derzeit in der Pipeline. Erfolge – „Made in Ulm“müssen her.
Bei der Standortwahl für die neue hochmoderne Produktionsanlage hatte sich Ulm gegen sechs andere Teva-Standorte durchgesetzt. In der neuen Biotechanlage stellt der israelische Konzern „monoklonale Antikörper“her, die in Bezug auf die Menge und die Technologie viel höhere Anforderungen stellen als sie existierende Anlagen liefern können. Die neue Anlage stelle einen „Quantensprung“zur bisherigen dar – sowohl, was das bauliche Ausmaß als auch das produzierte Volumen anbelangt.
Die Biotechanlage ermögliche die Produktion in einem viel größeren Maßstab – etwa 100 Mal so groß wie
September 2021
tigstellung.
2021/2022 2022
Technologietransfer. Produktionsbeginn.
die derzeitige Produktion. Die Bioreaktoren sind knapp 8000 Kilogramm schwer bei einem Fassungsvermögen von 15 000 Litern. In Ulm soll insbesondere ein neuartiges Medikament gegen Migräne hergestellt werden. Biotechnologie spielt auch eine große Rolle bei der Entwicklung der derzeit heiß ersehnten Impfstoffe gegen das neuartige Corona-Virus. Doch Impfstoffe stellt Teva bislang nicht her.
Der Markt für einen CoronaImpfstoff ist zwar gigantisch, doch auch der Markt für ein MigräneMedikament gilt als immens und somit lukrativ: Migräne stelle eine schwere Erkrankung und wirtschaftliche Belastung dar. Mit mehr als einer Milliarde betroffenen Menschen weltweit sei Migräne die zweithäufigste globale Ursache für ein langjähriges Leben mit Behinderungen. Die ersten Bioreaktoren wurden bereits vergangenes Jahr im Donautal angeliefert. Nach offiziellem Zeitplan soll die Anlage rein mechanisch im September kommenden Jahres fertig sein. Bis Genesis, die Schöpfung also, vollendet ist und die ersten Medikamente fertig für die Spritze aus den Bioreaktoren fließen, werde es aber 2022.
Neue TevaBiotechAnlage: Chronik eines 500MillionenEuroProjekts