Alles Gute kommt vom Ofen
Wirtschaft 25. Jubiläum im Corona-Jahr: Der Hobbybäcker Versandhandel in Bellenberg
erlebte heuer einen großen Aufschwung. Viele Produkte gibt es seit der Gründung
Bellenberg Mit Schwung zieht die Mitarbeiterin den Karton aus dem Regal. Sie klappt ihn auf, drückt ihn zurecht, legt das Päckchen hinein – Deckel zu und ab aufs Band. Mit diesen geübten Handgriffen haben die Mitarbeiterinnen des Hobbybäcker Versandhandels in Bellenberg zu Hochzeiten bis zu 1200 Pakete am Tag verpackt. Momentan sind es noch 700, auch mehr als sonst. Der Umsatz des Versandhandels ist im Vergleich zum Vorjahr um 30 Prozent gestiegen.
Nathalie Knauer hat das Unternehmen im Januar übernommen. Sie geht durch die Versandhalle, zu allen Seiten heben sich voll beladene Regale in die Höhe. In den 25 Jahren seit der Gründung hat sich einiges verändert. „Wenn ich mir heute manche Start-ups ansehe, stelle ich mir den Beginn des Hobbybäckers ähnlich vor“, sagt Knauer. Anstatt großer Gebäude gab es eine Garage, in der die Gründerin Inge Pinzer mit ihrem Mann Heinz die ersten Produkte verkauft hatte.
Zuvor hatte sie Backmischungen für Brot und Kuchen an Freunde und Bekannte verschenkt, es entwickelte sich eine große Nachfrage. Viele der ursprünglichen Produkte sind heute noch im Portfolio des Hobbybäcker Versandhandels enthalten. So zum Beispiel das Rustikus Roggenbrot, das Bauernbrot oder das Schwäbische Genetzte.
Knauer sagt dazu: „Wir haben von dem ursprünglichen Angebot nichts weggenommen – sondern es erweitert.“Die Strategie des Unternehmens erwies sich als erfolgreich: professionelle Backzutaten, Mischungen, die Zeit einsparen, beliebte Rezepte. Auch über Deutschlands Grenzen hinaus bestellen Menschen beim Bellenberger Versandhandel. Schweden, Frankreich, Großbritannien: „Das sind meistens Deutsche, die ausgewandert sind“, sagt Knauer. „Und sie vermissen deutsches Brot.“
Die meisten Bestellungen kommen aus dem Südwesten Deutschlands. Doch gerade während Corona verzeichnete der Versandhandel eine große Nachfrage in Berlin. Die Renner waren klassisch Hefe und Mehl, oft auch einzeln bestellt. Aus dem Ansturm habe man viel gelernt, wie Knauer erzählt. „Vor allem wo die Nadelöhre sind, an denen wir arbeiten müssen.“Im Frühjahr haben die Mitarbeiterinnen in der Lagerverwaltung nachbestellt, sobald sie gesehen hatten, dass etwas zur Neige ging. In der Flut der Bestellungen funktionierte das nicht mehr. „Das war vor allem am ersten LockdownWochenende so“, sagt Knauer. „So viele Bestellungen und Neukunden – und es wurden Produkte verkauft, die wir nicht hatten.“
Doch gerade in diesem Durcheinander habe sich die Stärke des Hobbybäcker-Teams gezeigt: „Wir sind Improvisationstalente“, sagt Knauer und lächelt. Alle haben an einem Strang gezogen, sich gegenseitig unterstützt und nie die gute Laune verloren, wie die Geschäftsführerin sagt. „Das war ein bewundernswerter Pragmatismus.“
Unter den über 90 Mitarbeitern des Hobbybäckers gibt es nur sechs Männer. Frauen spielten schon seit der Gründung die Hauptrolle im Unternehmen. Pinzer, selbst Mutter, wollte vor allem Frauen Arbeit anbieten – auch in Teilzeit. Das war damals alles andere als üblich. Heute funktionierten die Teilzeitmodelle beim Hobbybäcker immer noch, wie Knauer erzählt. Vor der Corona-Pandemie haben sich die Mitarbeiterinnen der Versandhalle selbst organisiert. So seien sie auch für einander eingesprungen, falls einmal ein Kind erkrankte.
In Corona-Zeiten kam der Versandhandel auch an seine Grenzen. Teilweise unterstützten Kräfte einer Zeitarbeitsfirma die Mitarbeiterinnen. Im zweiten Teil-Lockdown sei die Nachfrage wieder angestiegen, zusätzlich zum üblichen Weihnachtsgeschäft. Ein besonderes Angebot sei in diesem Winter eine Brotmischung, aus der zwei Laibe gebacken werden können. Eine Idee ganz im Sinne von Weihnachten: „Ein Brot zum selber Essen, eines zum Verschenken“, sagt Knauer.
Panettone, Zimtapfel-Torte, Sternchen-Ausstecher und Lebkuchenhaus mit Anleitung: Das Angebot des Versandhandels ist breit gefächert. Stärken will Knauer in Zukunft regionale Vernetzung und die Nachhaltigkeit des Unternehmens. Dazu müsse man die Produkt- und Versandverpackungen unter die Lupe nehmen, ebenso wie den Versand selbst. „Unser Plastik ist voll recycelbar, aber das reicht nicht“, sagt Knauer. „Wir wollen noch besser werden.“