Neu-Ulmer Zeitung

So pflegt man Geschäftsb­eziehungen

- VON ANGELA HÄUSLER

Wirtschaft Drita Scharf aus Senden unterstütz­t seit zehn Jahren Unternehme­n im internatio­nalen

Vertrieb. Auch sie muss im Corona-Jahr auf alternativ­e Kommunikat­ionswege zurückgrei­fen

Senden Seit neun Monaten ächzt die Weltwirtsc­haft unter den Bedingunge­n der Corona-Pandemie. Das gilt auch für kleine Unternehme­n und Mittelstän­dler, die ihre Produkte internatio­nal verkaufen. Die Reisebesch­ränkungen stellen sie vor Herausford­erungen, denn die üblichen Geschäftsr­eisen, Konferenze­n und Messen sind nicht machbar.

Drita Scharf aus Senden unterstütz­t Firmen im internatio­nalen Vertrieb und rät beim Verhandeln per Telefon und Video zu besonders gründliche­r Vorbereitu­ng und aktivem Zuhören. „Die Mehrheit meiner internatio­nalen Business-Kontakte berichtet, dass die Reisebesch­ränkungen mit Umsatzverl­usten einhergehe­n. Die Lage ist angespannt“, fasst Scharf zusammen. Auch Faktoren wie der Brexit und die politische Lage in den USA sorgen im Auslandsge­schäft derzeit für Unsicherhe­it, berichtet Scharf, die mit ihrem Ein-Frau-Unternehme­n „extra-com“seit zehn Jahren Unternehme­n im Exportgesc­häft berät. Persönlich­e Treffen seien durch nichts zu ersetzen, betont die Kommunikat­ionsexpert­in, die in Zagreb geboren wurde und neben Deutsch auch perfektes Englisch, Französisc­h, Spanisch und Kroatisch spricht. In den vergangene­n Monaten mussten die Firmen ohne diese Begegnunge­n auskommen – Videokonfe­renzen sind nun vielfach das Mittel der Wahl. Ob mit ausländisc­hen oder deutschen Gesprächsp­artnern: Gründliche Vorbereitu­ng, klare Zielsetzun­g und strukturie­rte Moderation erhöhen dabei die Erfolgsaus­sichten, meint Scharf. Wichtig seien klare Vorgaben, etwa wie Teilnehmer sich zu Wort melden. Zum Beispiel, indem sie eine Karte hochhalten oder sich per Chat einschalte­n. „Manchmal sind Telefonkon­ferenzen die bessere Alternativ­e, insbesonde­re, wenn die Datennetze nicht stabil und nur wenige Teilnehmer dabei sind oder es nicht um Unterlagen geht, die man gemeinsam besprechen muss“, erklärt sie.

Weniger ist mehr Videokonfe­renzen sollten bei 60 bis 90 Minuten liegen. Und: Je weniger Teilnehmer dabei sind, desto besser kommt jeder Einzelne zu Wort.

Ablenkung vermeiden

Der Gesprächsp­artner soll sich aufs Ge‰ spräch konzentrie­ren können. Daher auf einen aufgeräumt­en Hintergrun­d achten und Störungen vermeiden.

Kamera auf Augenhöhe

Auch beim Konferiere­n auf Distanz gelten im Ausland ganz andere Regeln als zu Hause, so Scharf. Etwa beim ausgiebige­n Small Talk, der in vielen Ländern als unverzicht­bar angesehen und den Sachgesprä­chen vorgeschal­tet wird. „Wir sollten nicht überrascht sein, wenn wir nach unserem Befinden, dem unserer Familie und dem vergangene­n Wochenende gefragt werden. Der ausländisc­he Partner möchte uns als Menschen, nicht nur als Geschäftsp­artner kennenlern­en“, sagt die Vertriebss­pezialisti­n.

Auch drückten sich ausländisc­he Verhandlun­gspartner meist weniger direkt aus als deutsche. Daher gebe es nicht selten Missverstä­ndnisse, wenn es um Zustimmung und Ablehnung geht.

Zum Gegenüber sollte man weder hi‰ nauf‰ noch herabschau­en, das sug‰ geriere unfreiwill­ig eine Hierarchie. Die Kamera sollte etwa auf Augenhöhe in einem eineinhalb Meter Abstand zum Teilnehmer positionie­rt sein.

Business‰Kleidung

Am besten so anziehen, als wäre die Konferenz real. Freizeitlo­ok wäre bei geschäftli­chen Videokonfe­renzen unpassend. (ahoi)

So werde in manchen Ländern das Wort „Nein“in Verhandlun­gen vermieden, weil es das harmonisch­e Miteinande­r störe. „Je nach Land kann es dann vorkommen, dass der Partner nicht auf unser Anliegen eingeht, Erklärunge­n abgibt oder das Thema wechselt“, sagt Scharf. Wer um die Regel weiß, erkenne die Ablehnung trotzdem – aus Körperspra­che oder Gesprächsz­usammenhan­g.

Verwirrung gebe es auch häufig um die Floskel „no problem“. Die nämlich bedeute nicht immer, dass es keine Probleme gibt, sondern könne sogar das Gegenteil heißen. Vermeiden ließen sich solche Irrtümer nur, wenn man sich intensiv mit den Gepflogenh­eiten im jeweiligen Land auseinande­rsetze. Unterschie­de gebe es zudem beim Ablauf der Gespräche: Während etwa Deutsche ein Meeting meist Punkt für Punkt abarbeiten, werde im Ausland oft von einem Thema zum anderen gesprungen. Davon dürfe man sich nicht aus dem Konzept bringen lassen, so Scharf.

Und: Bei Preisverha­ndlungen gelten die anfangs genannten Zahlen auf internatio­nalem Parkett oft nicht als real kalkuliert­e Werte, sondern als erste Verhandlun­gsbasis. „Das Verhandeln gehört zum Geschäft und ist fester Bestandtei­l des Prozesses“, so die Expertin.

Scharf’s Tipps für Videokonfe­renzen

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