Liebeshändel mit Rameau
Frisch eingespielt: die Oper „Dardanus“
Die Bühnen-wiedergeburt der Opern Georg Friedrich Händels ist erfolgt; die Wiedergeburt der Bühnenwerke Jean-philippe Rameaus im selben Umfang erweist sich als schwieriger. Aussichtslos wäre das Unternehmen nicht, die Grundlagen in Form sporadischer Inszenierungen und in Form von Cd-aufnahmen sind gelegt. Seit Jahren etwa widmen sich der ungarische Dirigent György Vashegyi und das von ihm gegründete Orfeo Orchestra mitsamt dem Purcell Choir den szenischen Werken des französischen Barock-komponisten; erschienen sind schon „Les Indes galantes“, „Naïs“und „Les Fêtes de Polymnie“. Und wer nun hörend wissen will, wie die offiziöse Musik Frankreichs vor dem Opern-reformator Gluck klang, der hat jetzt neuerlich Gelegenheit anhand Rameaus „Dardanus“, ebenfalls eingespielt von den oben genannten Interpreten. Die Tragédie lyrique hatte es seinerzeit nicht leicht; Rameau überarbeite sie mehrfach zwi- schen 1739 und 1762; György Vashegyi entschied sich für seine Einspielung – eine ungarisch-französische Kooperation – für die zweite Fassung von 1744. Erprobte tragische Theaterkonstellationen – die Liebe eines Paars aus feindlich gesinnten Lagern – spielt ebenso eine Rolle wie – musikhistorisch antizipierend – die Errettung des Geliebten durch die Frau. Darüber hinaus gibt es die obligatorischen französischen Zaubertricks („les merveilleux“) zur harmonisch kühnen Partitur Rameaus, die bei allen vertonten Affekten freilich stets aristokratische Contenance bewahrt. Hervorragend besetzt in der Aufnahme das liebende Protagonistenpaar Dardanus (leichtgängig: der Tenor Cyrille Dubois) sowie Iphise/ l’amour (bestens prononcierend: Judith van Wanroij). In stilistischer Hinsicht wird von Orchester und Chor alles trefflich unter Vashegyi musiziert. (rh) ★★★★✩