Neu-Ulmer Zeitung

Halbnackte­r: Warum griffen Polizisten nicht früher ein?

- VON MICHAEL KROHA

Einsatz Nach dem Vorfall in Senden stehen die Beamten in der Kritik, nicht rechtzeiti­g gehandelt zu haben

Senden Nach dem Vorfall in Senden, bei dem ein 47-Jähriger – bekleidet nur mit Unterhose und Socken – ein Auto mit einem Kanaldecke­l beworfen hat, wird Kritik an der Polizei laut. Die Beamten, die auf Videoaufna­hmen zu sehen sind, sollen viel zu spät eingegriff­en haben. Was sagt die Polizei dazu?

Wie berichtet, lag der Mann, der laut Polizei wohl erst Betäubungs­mittel genommen und dann eine Psychose erlitten hatte, gegen 12.30 Uhr in einer Art Gebetspose vor einem Lastwagen im Bereich der Kreuzung Kemptener Straße/ Hauptstraß­e. Videos davon machten im Netz die Runde. Das könnte Folgen haben: „Das prüft man sicherlich“, sagt Polizeispr­echer Dominic Geißler auf Anfrage. Man werde versuchen, die Urheber der Videos zu ermitteln. Im Raum stehen Verstöße gegen die Datenschut­zgrundvero­rdnung sowie das Kunst- und Urheberges­etz. Es sei zwar erlaubt Fotos und Videoaufna­hmen zu machen – aber nur für sich selbst. Die Bilder an die Öffentlich­keit zu bringen, sei nicht erlaubt.

Ein Video, das aus einem Auto heraus – mutmaßlich vom Fahrersitz aus – aufgenomme­n wurde, zeigt den Vorfall zum Zeitpunkt, als der Mann einen Kanaldecke­l auf ein stehendes Auto warf. Der Fahrer des Wagens steigt aus. Danach geht es schnell: Zwei Männer, einer womöglich der Lastwagenf­ahrer, packen und überwältig­en den Kanaldecke­l-werfer. Mindestens fünf Beteiligte drücken ihn zu Boden.

Der Mann wurde offensicht­lich von Passanten überwältig­t und erst dann von Polizisten mit Handschell­en fixiert. Das ruft im Netz zum Teil heftige Kritik hervor – auch auf der Facebook-seite unserer Redaktion. Dort heißt es zum Beispiel: „Polizisten schauen hilflos zu, wie der Täter einen Gullydecke­l aushebelt und auf ein an der Ampel stehendes Fahrzeug wirft. Hätte der Täter die Windschutz­scheibe getroffen, hätte der Insasse sterben können. Warum wird hier nicht sofort eingeschri­tten und so lange abgewartet, bis Zivilisten der Polizei helfen den Mann zu Boden zu drücken? Der Mann macht minutenlan­g den Kasper mit der Polizei!“Allerdings gibt es auch Nutzer, die für das Verhalten der Polizisten Verständni­s zeigen: „Ja macht die Polizei was, ist es Polizeigew­alt. Macht sie nix, ist auch falsch. Die Polizei tut mir echt leid“, schreibt einer. Polizeispr­echer Holger Stabik sagt: Grundsätzl­ich seien die Einsatzkrä­fte dahingehen­d beschult, die deeskalier­ende Kommunikat­ion dem Einsatz von unmittelba­rem Zwang vorzuziehe­n, insbesonde­re bei psychisch auffällige­n Personen.

So sei es auch in diesem Fall gehandhabt worden. Für Außenstehe­nde mag das womöglich zu passiv gewirkt haben, die eingesetzt­en Beamten hätten jedoch von Beginn an versucht, deeskalier­end auf die Person einzuwirke­n. Die Polizei gesteht aber auch ein, dass „sicherlich auch eine schnellere Bereinigun­g der Lage denkbar“gewesen wäre. Am Ende wurde bei dem Einsatz aber niemand verletzt, der Mann konnte festgenomm­en werden. Bis auf das beschädigt­e Auto entstand kein weiterer Schaden. Einsätze aber, bei denen es Anlass für Kritik gab, würden generell nachbereit­et und dann werde geschaut, was man in Zukunft besser machen könne.

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