Vrbankgeschäftsstellen schließen früher
Finanzen In der Neu-ulmer Volksbank dominiert trotz Corona-krise die Zuversicht. Deren Kunden müssen sich auf Strafzinsen einstellen. Die persönliche Beratung werde ausgebaut
Neuulm Eigentlich war es nur eine Randnotiz bei der Jahrespressekonferenz der Volksbank Neu-ulm. Aber eine mit den unmittelbarsten Auswirkungen für die Kunden: Die Vr-bank Neu-ulm wird die Öffnungszeiten in den Geschäftsstellen ab 1. April vereinheitlichen. Was einer Kürzung der Öffnungszeiten gleichkommt. Von Illertissen bis Nersingen sind die Banken dann von 9 bis 12 Uhr und von 14 bis 16 Uhr geöffnet. Am Mittwoch und Freitagnachmittag bleibt den Kunden ohne Termin nur der Automat. Für Kunden der Geschäftsstelle in der Weißenhorner Herzog-georgstraße bedeutet das durchaus Einschränkungen: Hier ist bislang Montag, Dienstag, Mittwoch bis 18 Uhr, Donnerstag bis 17 Uhr und Freitag bis 16 Uhr geöffnet.
Die Vr-bank begründet die neuen, kürzeren Öffnungszeiten aber nicht mit einem Sparprogramm. Zum einen würde die Frequenz in den Filialen durch die Digitalisierung weniger und zum anderen gebe es einen zunehmenden Beratungsbedarf. „Es lässt sich feststellen, dass die Menschen mehr denn je sparen. Dies geschieht jedoch weniger mit dem Gedanken des langfristigen Sparens, sondern resultiert eher aus kurzfristigem Konsumverzicht“, sagt Vorstand Steffen Fromm. Oftmals würden die Gelder auf Girokonten oder Sparbüchern liegen bleiben und die unverzinsten Mittel weiter erhöhen. Das habe langfristig dramatische Folgen für das Vermögen privater Haushalte, weil hier real Werte vernichtet würden. „Auf die Zinswende hoffen“ist laut Fromm der falsche Ansatz. Deswegen würden in der Zeit geschlossener Geschäftsstellen mehr Beratungsgespräche vereinbart.
Einstellen müssen sich manche Kunden auch auf Strafzinsen, was Banker lieber Verwahrentgelte nennen. Auch die Vr-bank müsse sich vor unkontrollierten Geldzuflüssen von außen wappnen, so der Vorstandsvorsitzende Wolfgang Seel. Die Vr-bank Neu-ulm setze im Gegensatz zu anderen Banken nicht auf eine starre Lösung, sondern individuelle Vereinbarungen mit vermögenden Privat- und Geschäftskunden. Die Sparkasse Ulm macht es beispielsweise anders: Ab 100.000
Euro auf dem Konto muss hier ein Verwahrentgelt bezahlt werden.
Es ging nicht nur um kleine Änderungen im Alltag der Vr-bank Neu-ulm, sondern freilich auch um das große Ganze. Und das lief trotz Corona sehr gut im vergangenen Jahr: Die Bilanzsumme betrug zum Stichtag insgesamt 2,167 Milliarden Euro und ist damit im Vergleich zum Vorjahr (2,016 Milliarden Euro) um 7,5 Prozent gestiegen.
Der Wachstumskurs der vergangenen Jahre setzte sich damit fort. Die Mitglieder und Kunden haben der Vr-bank zum Jahresende Einlagen in Höhe von 1,711 Milliarden
Euro anvertraut, was einem Plus von 8,2 Prozent entspricht. Das Volumen der Kredite hat sich um 3,4 Prozent auf 1,541 Milliarden Euro erhöht. Das gesamte Kundenvolumen, das von der Vr-bank Neuulm betreut wird, wuchs um 297 Millionen Euro (plus 6,8 Prozent) an und belief sich auf insgesamt 4,645 Milliarden Euro. Der vorläufige Bilanzgewinn betrug wie im Vorjahr 2,7 Millionen Euro. „Unter Berücksichtigung der Pandemiebelastungen können wir mit dem Ergebnis zufrieden sein“, fasste es Fromm zusammen.
Als „größte Herausforderung nach der Finanzkrise“bezeichnete Bankchef Seel das Ausnahmejahr 2020. Die Situation erfordere nach wie vor enorme Kraftanstrengungen. Bisher seien Mitglieder und Kunden und damit auch die Vrbank aber gut durch die Krise gekommen. „Natürlich schauen wir aber auch in sorgenvolle Gesichter“, sagte Fromm. Doch wenn sich relativ schnell wieder eine Normalität einstelle, werde es kaum bleibende Schäden geben. Aber gerade Branchen wie die Gastronomie seien nun am Limit. Eine gute Nachricht: Die
Nachfrage nach Aussetzungen von Tilgungsleistungen bei Krediten gehe zurück. Insgesamt habe die Vr-bank im gewerblichen Bereich nahezu 200 Tilgungsaussetzungen vereinbart und rund 130 Coronakredite ausbezahlt. Im Bereich der privaten Wohnbaufinanzierungen wurden rund 440 Stundungsvereinbarungen geschlossen.
Auf Nachfrage sagte Seel, dass es aktuell keine Fusionsgespräche gebe. Weder mit der Volksbank Ulm-biberach noch mit einer anderen Bank. Die Reduzierung des Vorstandes von drei auf zwei Personen hatte unter Bankern Spekulationen ausgelöst. Denn nach dem Ausscheiden von Vorstand Alois Spiegler, der sich Ende Februar dieses Jahres in den Ruhestand verabschiedet hatte, berichteten Seel und Fromm erstmals in einer Zweierkonstellation über die Geschäftsentwicklung der Bank. Wie das laufende Jahr werde, stehe in den Sternen. Die Auswirkungen der Pandemie lassen sich laut Fromm noch nicht abschätzen: „Wir sind hoffnungsvoll, dass die Einschnitte in den nächsten Jahren nicht so massiv zum Tragen kommen.“