Neu-Ulmer Zeitung

Das wird ein Wahlkampf wie nie zuvor

- VON REBEKKA JAKOB

ber Jahrzehnte hinweg war es immer klar: Wen die CSU im Wahlkreis Neu-ulm auf den Schild hebt, um bei der Bundestags­wahl anzutreten, kann schon mal im Regierungs­viertel auf Wohnungssu­che gehen.

Das war auch zu Zeiten der Bonner Republik schon so. Ernsthafte Hoffnungen auf das Direktmand­at dürfte sich selbst unter der Regierung Gerhard Schröders weder ein Spd-kandidat noch eine Bewerberin der Grünen gemacht haben. Das war reserviert für einen Theo Waigel, für einen Georg Nüßlein. Und vorher für Hans Schütz und Leo Wagner.

Es war einmal. Denn die märchenhaf­ten Zeiten für die CSU in den Landkreise­n Neu-ulm und Günzburg sind spätestens seit dieser Woche vorbei.

Die Verwicklun­g des Günzburger Csu-urgesteins Alfred Sauter in die Masken-affäre hat den Wahlkreis endgültig ins Chaos gestürzt. Noch nie war die Entscheidu­ng um das Direktmand­at so unsicher wie 2021. Und auch die Erinnerung an „gute alte Zeiten“hilft nicht weiter: Das Doppellebe­n des Bundestags­abgeordnet­en Leo Wagner wurde erst kürzlich im Fernsehen gezeigt. Und selbst Theo Waigels medienwirk­same Impfung in der Krumbacher Kreisklini­k hat zuletzt viele empört.

Wer auch immer die Nachfolge Nüßleins antritt – er übernimmt eine schwere Hypothek. Das Vertrauen in die Christsozi­alen ist erdrutscha­rtig gesunken. Eine repräsenta­tive Umfrage des Meinungsfo­rschungsin­stituts Civey für unsere Redaktion zeigt aktuell: Knapp drei von vier Deutschen glauben an ein Amigo-problem der CSU. Mit viel mehr Gegenwind kann ein neuer Csu-kandidat – egal, aus welchem Teil des Wahlkreise­s Neuulm er kommt, ob Frau oder

Mann, ob mit viel politische­r Erfahrung oder ohne – kaum in den Wahlkampf starten.

SPD-MANN Karl-heinz Brunner hätte als Gewinner aus diesem ganzen Chaos hervorgehe­n können. In seinem Heimatland­kreis gilt der ehemalige Illertisse­r Bürgermeis­ter als einer, mit dem man reden kann. Als Bundestags­abgeordnet­er, der – im Gegensatz zu seinem Mitbewerbe­r, der die CSU jetzt verlassen hat – gerade im Landkreis Neuulm Präsenz zeigt.

Und nicht wie Nüßlein im Landkreis Günzburg dem Kreistag zwar angehört, dort aber kaum zu sehen ist.

Doch bei Brunner ist es die eigene Partei, die ihn ausbremst. So sehr, dass er vor lauter Ärger gleich ganz auf einen Listenplat­z verzichtet­e. Diese klare Haltung könnte Brunner am Ende sogar noch ein richtig gutes Wahlergebn­is bescheren. Mit der SPD, so hört man es auch aus vielen Ecken des Landkreise­s, habe man zwar nichts am Hut. Aber der Brunner sei eben ein Guter.

Allein Grünen-bundestags­abgeordnet­e Ekin Deligöz startet ganz ohne Stolperste­ine. Es wird einer der spannenden Aspekte dieses Bundestags­wahlkampfs sein, zu beobachten, wie sie die Startvorau­ssetzungen nutzt, die noch nie zuvor besser ausgesehen haben. Die Zeiten, in denen sie sich praktisch keine Hoffnungen auf ein Direktmand­at machen konnte, sind jedenfalls vorbei.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany