„Ich war eine kleine Streberin“
Sängerin Maite Kelly über ihre Kindheit als Straßenmusikerin, ihren Glauben und die Rolle der Frauen in der katholischen Kirche
sondern eher nach einer internationalen Pop-produktion klingt.
Kelly: Die Kompositionen und die Arrangements so hochwertig wie möglich zu machen, ist mir tatsächlich sehr wichtig. Ich mache zwar Schlager, aber der Ansporn ist es, für Qualitätslieder zu stehen. Das heißt, für Lieder, die einfach zugänglich sind und simpel wirken, die du aber auch nach dreitausendmaligem Hören noch gernhast.
Sie schreiben die Songtexte überwiegend selbst. Worauf achten Sie dabei besonders?
Kelly: Jedes Album, das ich schreibe, ist eine Tür in meine Welt und in mein Herz. Meine Musik ist nicht effizienzgesteuert. „Hello!“ist ein Album der Gefühle, ein Album der Sehnsucht. Sie handeln von der Seele, der Sinnlichkeit und der Leidenschaft. Bei aller Leichtigkeit der Musik spürst du zwischen den Zeilen, wie sehr ich es möchte, dass die Zuhörer sich in diesen Songs selbst erkennen, dass sie tief in sich hineinhorchen und auch hineinschauen.
Wie kam es zur Sehnsucht als zentralem Thema auf dem Album? Kelly: Einfach, weil ich eine klare Ehrlichkeit wollte. Ich bin 41 Jahre alt und habe eine unglaubliche Gelassenheit in meinem Leben erreicht. Ich denke, ich bin mittlerweile erwachsen. Ich lasse den Gefühlen freien Lauf und stehe zu allen meinen Emotionen. Die Sehnsucht macht mir keine Angst. Im Gegenteil. Ich umarme sie als einen Teil von mir.
Von Ängsten handelt indes das Stück „Von Mal zu Mal“.
Kelly: Das stimmt. In dem Song spreche ich über dunkle Momente. Ich umarme auch die Angst. Sie ist wichtig, um die Zuversicht zuzulassen.
Muss man im Leben das Dunkle kennen, um auch das Helle wertzuschätzen?
Kelly: Ich bin da nicht so sicher, dass man erst in der Hölle landen muss, um den Himmel zu genießen. Als Katholikin denke ich so nicht. Aber wer ein Leben ohne Schatten sucht, der sucht vergeblich. In jedem Leben gibt es auch Enttäuschungen, Abschiede, Trauer und Herausforderungen. Wenn du jedoch immer darauf wartest, dass das Licht von außen kommt, dann verpasst du die Chance, selbst ein Lichtbringer zu sein.
Sollten Frauen in der katholischen Kirche deiner Ansicht nach generell eine größere Rolle spielen?
Kelly: Frauen spielen in der katholischen Kirche die größte Rolle. Ohne die vielen weiblichen Laien gäbe es die Kirche in dieser Form nicht. Wir sind die Säulen.
Aber halt nicht in Führungspositionen. Kelly: Das wird sich schon von ganz alleine ergeben. Auch in anderen Bereichen hat es ja lange kaum weibliche Führungskräfte gegeben. Aber die Gesellschaft verändert sich. Ich stimme dir jedoch nicht zu, es gibt in der Geschichte der katholischen Kirche Ordensgründerinnen sowie zahlreiche weibliche Heilige, die nicht genug zum Vorschein kamen.
Sie sitzen in der nun zu Ende gehenden Staffel in der Jury von DSDS. Würden Sie in einer solchen Castingshow als Teilnehmerin mitmachen, wenn Sie heute ein Teenager wären? Kelly: Ich glaube schon. Niemand hat etwas zu verlieren, schon gar nicht, wenn man jung ist. Und tatsächlich habe ich nach der Kelly Family jahrelang an Castings teilgenommen, ich habe ja lange im Musicalbereich gearbeitet. Ich finde es nur wichtig, den jungen Menschen nichts vorzumachen. Showbusiness ist ein Knochenjob. Kelly Family war harte Arbeit, doch danach wurde es noch viel härter. Den Regisseuren, die mich kritisch und hart gefordert, aber auch gefördert haben, bin ich heute dankbar.
Wie sehr freuen Sie sich eigentlich dieses Jahr auf Ostern?
Kelly: Wir lieben Ostern. Es sind Tage voller Rituale. Meine Kinder und ich werden virtuell die heilige Messe feiern und dann alle zusammen die Eier suchen, die ich im Garten versteckt habe.
Interview: Steffen Rüth