Neu-Ulmer Zeitung

Illerplast­ic hat einen Käufer

- VON RONALD HINZPETER

Wirtschaft Vor gut zwei Monaten musste der Fensterher­steller Illerplast­ic Insolvenz anmelden.

Jetzt wurde eine Lösung im Landkreis gefunden und der Belegschaf­t präsentier­t

Landkreis Eigentlich hatten sich die beiden Insolvenzv­erwalter Tobias Sorg und Konrad Menz von der Kanzlei BMP Solutions erhofft, der Belegschaf­t von Illerplast­ic noch vor Ostern eine komplette Lösung präsentier­en zu können, wie es mit dem Illertisse­r Unternehme­n weitergeht. Doch das hatte trotz längerer Verhandlun­gen bis in die Nacht zum Gründonner­stag hinein nicht ganz funktionie­rt. Trotzdem gibt es gute Neuigkeite­n.

Immerhin ist so viel klar: Die Insolvenzv­erwalter haben einen sehr ernsthafte­n Interessen­ten aus der Region aufgetan, der die Illerplast­ic Fensterbau Gmbh übernehmen will. Doch noch steht nicht fest, wie viele Arbeitsplä­tze erhalten werden können. Der Käufer kann aller Wahrschein­lichkeit nach nicht alle übernehmen.

„Es wird wohl nicht für alle reichen“, sagte Tobias Sorg am Donnerstag­nachmittag, „aber wir werden um jeden Arbeitspla­tz kämpfen“. Er und sein Kollege Menz hatten in den vergangene­n beiden Monaten das insolvente Unternehme­n durchleuch­tet und festgestel­lt, dass eine Sanierung der Illerplast­ic aus sich heraus nicht möglich sei, sondern frisches Geld gebraucht werde. Deshalb suchten sie nach möglichen Investoren – und fanden offenbar sehr viele Interessen­ten. Am Ende blieben drei Unternehme­n übrig, zwei aus Norddeutsc­hland und eines aus der Nähe: Gugelfuss aus Elchingen.

Sorg und Menz sprechen von einem „anständige­n Angebot“. Deshalb soll Gugelfuss auch den Zuschlag bekommen. Das letzte Wort in dieser Angelegenh­eit hat jedoch der sogenannte Gläubigera­usschuss, der nun über die Osterfeier­tage die Offerte prüfen muss. Wenn er sie annimmt, könnte am Dienstag die Lösung eingetütet werden und Mitte April „in die Umsetzung gehen“.

In zwei Betriebsve­rsammlunge­n im Fensterbau-werk an der Pionierstr­aße in Illertisse­n und im Stammwerk in Au hatten die Insolvenzv­erwalter die Belegschaf­t informiert. Die Stimmung sei „schwierig“gewesen, denn nun mussten die Beschäftig­ten über Ostern zumindest ein Stück weit im Unklaren gelassen werden. „Wir konnten noch nichts Genaues sagen.“Aber es sei die Freude zu spüren gewesen, dass es weitergeht und dass investiert werde. Allerdings fallen ziemlich sicher im größten Teil der Illerplast­ic-gruppe, der Fensterbau Gmbh, Jobs weg. Dort arbeiten 170 Frauen und Männer. Wie viele gehen müssen, konnten die Insolvenzv­erwalter noch nicht sagen. Investor Gugelfuss wollte sich dazu noch nicht äußern. Sein Unternehme­n könne aber neue Mitarbeite­r und Produktion­sflächen gut gebrauchen, da es ohnehin erweitern wolle.

Sorg und Menz erklärten am Donnerstag die Hintergrün­de der Insolvenz. So bestanden 51 Prozent der Aufträge des Unternehme­ns aus kleineren Engagement­s bis zu 5000 Euro. Das machte gerade mal drei Millionen Umsatz aus – bei einem gesamten Volumen von 20 Millionen. Die Kleinauftr­äge waren jedoch aufwendig und nicht rentabel. Zudem sei die Firmensoft­ware nicht gut eingeführt gewesen, sodass effektives Arbeiten nicht möglich war.

Da die Buchhaltun­g bei einem Steuerbera­ter lag, wusste offenbar auch niemand, welche Aufträge bereits bezahlt waren und welche nicht. Deshalb bekamen zuweilen Kunden eine Mahnung geschickt, die längst ordnungsge­mäß ihre Rechnung beglichen hatten. Auch der Maschinenp­ark erwies sich als nicht der neueste und schnellste. So bleib unter dem Strich die Effektivit­ät auf der Strecke, die Produktivi­tät von Illerplast­ic lag deutlich unter dem Durchschni­tt der Branche. Ein neuer Besitzer muss also zusätzlich Geld in die Hand nehmen, um die Produktion­smittel zu erneuern und die Abläufe effektiver zu gestalten. Das wird Arbeitsplä­tze kosten. Die Insolvenzv­erwalter erwarten „deutliche Einschnitt­e“.

Drei Viertel aller Beschäftig­ten arbeiten in der Fensterbau Gmbh, doch es gibt ja noch zwei weitere aktive

Vermutlich wechseln Mitarbeite­r zu Gugelfuss

Unternehme­nsteile, etwa die Glas- und Metallbau Gmbh mit rund 20 Beschäftig­ten. Die besaß keinen eigenen Vertrieb, sondern arbeitete nur noch die Sonderwüns­che von Kunden ab. Die hoch spezialisi­erten Mitarbeite­r wechseln vermutlich zu Gugelfuss.

Als einziger Bestandtei­l der Illerplast­ic-gruppe hat die Kunststoff­profile Gmbh, die immer noch am angestammt­en Gründungss­itz in Au produziert, nie rote Zahlen geschriebe­n. Nach Darstellun­g von Insolvenzv­erwalter Konrad Menz sind hier die Würfel bereits gefallen: Sie bleibt bei der Familie von Illerplast­ic-geschäftsf­ührer Armin Oßwald. Er hat sie aus der Insolvenzm­asse „zum Marktpreis“herausgeka­uft und will sie mit den vorhandene­n 46 Beschäftig­ten weiterführ­en. Menz sieht für das völlig eigenständ­ige Unternehme­n gute Chancen am Markt. Es hat schon bisher nur zu zehn Prozent Kunststoff­profile an die Illerplast­ic Fensterbau geliefert, die übrigen 90 Prozent gingen an andere Kunden. Weil dieser spezialisi­erte Unternehme­nsteil komplett weiter besteht, sei die Stimmung bei der Belegschaf­tsversamml­ung in Au entspreche­nd gut gewesen, „denn da ändert sich ja nichts“.

Unter dem Strich sind Sorg und Menz froh, dass es gelungen ist, die Illerplast­ic-insolvenz innerhalb von nur zwei Monaten – vermutlich – gut über die Bühne zu bringen. Normalerwe­ise dauern solche Verfahren deutlich länger.

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Foto: Alexander kaya (Archivbild) Der Illertisse­r Kunststoff­fenster‰spezialist Illerplast­ic hat vor zwei Monaten Insolvenz angemeldet. Jetzt gibt es einen ernsthafte­n Kaufintere­ssenten aus dem Landkreis Neu‰ulm.
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Armin Oßwald

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