„Spätpubertät in Endlosschleife“
Sein neues Projekt ist eine Show, heißt „LOL“, verbietet das Lachen – und ist stark gestartet. Zeit für ein ernstes Gespräch mit Bully Herbig
zon Video. Streamingdienste schießen mittlerweile wie Pilze aus dem Boden, haben Sie Angst um den Fortbestand der Kinosäle?
Herbig: Ich habe mir die Streamingdienste interessiert und ohne Vorbehalte angeschaut. Ich finde solche Entwicklungen prinzipiell total spannend und inspirierend. Die Streamingdienste tragen derzeit auch dazu bei, dass die Qualität der Tv-filme immer besser wird. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass in ein paar Jahren Projekte von einem Streamer auch ins Free-tv kommen. Ich bin gespannt. Aber: Ich bin nach wie vor auch ein großer Kinofan! Einen bildgewaltigen Film wie „Der Herr der Ringe“will ich einfach im Kino sehen, so was schreit nach der großen Leinwand. Deshalb hoffe ich sehr, dass Corona das Kino nicht komplett zerstört.
Fehlt Ihnen das Kino?
Herbig: Total. Ein Kinobesuch kann einfach nicht ersetzt werden. Die große Leinwand, der bombastische Sound und die Gemeinschaft mit anderen Leuten ist etwas Besonderes. Eine Komödie zu gucken und gemeinsam zu lachen ist ein fantastisches Gefühl. Oder wenn der Film so spannend ist, dass keiner mehr nach dem Popcorn greift – das ist ein Erlebnis! Die komplette Kraft entwickelt ein Film nur im Kino, das geht zu Hause nicht. Das heißt aber nicht, dass jeder Film ins Kino muss. Man muss individuell entscheiden, je nach Idee und Inhalt. „LOL“hätte man natürlich auch für einen klassischen Fernsehsender produzieren können. Aber die Idee dazu hatte nun mal Amazon.
Sind Sie ein „Binge Watcher“, der auch mal eine komplette Serie am Stück sieht?
Herbig: Das ist schon länger her, das war die Serie „24“auf DVD. Damals gab’s noch keine Streamer. Aber da habe ich mir noch nachts um zwei mit meiner Frau die Folgen reingeballert. Ich hab’ immer wieder auf der Couch zu ihr rübergeschaut und wir dachten beide: „Komm, eine geht noch!“Sonst bin ich kein großer Serien-gucker, das ist so unheimlich zeitaufwendig. „The Mandalorian“mochte ich sehr gerne, weil ich so ein „Star Wars“- Fan bin. Diese Serie hat für mich auch die richtige Länge.
Hatten Sie während des Lockdowns nicht auch mehr Zeit?
Herbig: Wahrscheinlich wäre mein Jahr ohne Corona nicht wesentlich anders verlaufen. Das lag daran, dass wir im vergangenen Jahr zwei Kinoprojekte entwickelt haben. Ich war hauptsächlich mit dem Drehbuch für eine Filmbiografie über Siegfried und Roy beschäftigt. Ich hab’ also meinen Schreibtisch kaum verlassen.
Auf Ihrem Instagram-account gibt es ein grandioses Foto von Ihnen auf einem Dreirad. Einer der Kommentare lautet: „Das Schöne daran, ein Mann zu sein, ist, dass man nicht erwachsen werden muss.“Ist das ein Lebensmotto von Ihnen?
Herbig: Es gibt in mir bis heute eine Hemmschwelle zu sagen: „Ja, ich bin ein Mann.“Ich sehe in einem klassischen Mann einfach etwas anderes. Für mich waren 50-jährige Männer früher unheimlich alt und sehr weise – oder auch nicht. Aber ich hatte immer das Gefühl, dass die Bescheid wissen. Ich tu’ mir bis heute schwer, das von mir zu behaupten…! Ich weiß wirklich nicht, ob ich je diesen Punkt erreiche. In Amerika hat mich mal jemand als „boy man“bezeichnet. Das fand ich eigentlich eine ganz charmante Beschreibung. Ich glaube, ich stecke mit meiner spätpubertären Phase in einer Endlosschleife fest.
Wie erklären Sie das Ihrem Nachwuchs?
Herbig: Im Lockdown habe ich für meinen zehnjährigen Sohn den Garten halloweenmäßig hergerichtet. Ich hab´ echt einiges aufgefahren, wollte das alles voll gruselig machen. Und dann steht er so da, guckt mich an und sagt trocken: „Ist aber schon bisschen übertrieben, oder?“(lacht)
Interview: Mariam Schaghaghi