Der Kirchenmusikdirektor Oliver Scheffels verlässt Neuulm
Kirche Achteinhalb Jahre prägte er das musikalische Geschehen im Dekanat. Er erzählt, warum es ihn im Herbst nach Oberbayern zieht
Neuulm Würde man es mit Goethe sagen, wohnten gerade zwei Herzen in Oliver Scheffels’ Brust: Der Kantor der Petruskirche und evangelische Dekanatskantor verlässt Neuulm zum Ende September und beginnt am 1. Oktober sein Amt als Kantor der Matthäuskirche in Ingolstadt. Es falle ihm schwer, Neuulm zu verlassen, wo er sich immer wohlgefühlt habe, erklärt der Kirchenmusikdirektor. Andererseits: Die Chance auf den Wechsel nach Ingolstadt, wo Oliver Scheffels 1985 geboren wurde und von woher auch seine Frau stammt, sei eine einmalige, die es zu ergreifen gilt. Was ihm aus Neu-ulm bleiben wird – und worauf er sich für die Zukunft freut, berichtet Scheffels der NUZ.
An viele Highlights wird er sich erinnern, aus achteinhalb Jahren in Neu-ulm; zum Advent 2012 hatte Scheffels die Nachfolge von Wolfgang Gütinger an der Petruskirche angetreten. „Die Bachkantatenreihe, der Reger-zyklus, Auftritte mit dem Petruschor, mit dem Gospelchor und dem Orchester der Kirche und die gute Arbeit mit den Ensembles“, erzählt Oliver Scheffels. Für ihn persönlich und solistisch bleibt besonders die Aufführung von Johann Sebastian Bachs Gesamtwerk an der Orgel in Erinnerung. „Das war auch für mich eine singuläre Sache.“Vermissen werde er die Menschen in Neu-ulm, die er als herzlich und hilfsbereit kennengelernt habe, und ein außergewöhnliches Gremium, das es andernorts nicht in dieser Weise gibt: Im Kantorenkonvent tauschen sich evangelische und katholische Kirchenmusiker diesseits und jenseits der Donau regelmäßig aus und sprechen sich ab. „Das ist etwas ziemlich Einzigartiges, das ich sehr genossen habe.“
Das Auswahlverfahren in Ingolstadt gerade in der Corona-situation sei ein hartes gewesen, erzählt Scheffels. Die Endrunde der letzten vier Bewerber machte Coronaschnelltests nötig, und zum Vorspiel von Orgelliteratur und Improvisation kam unter anderem das Dirigat eines Chorensembles hinzu, das auf Abstand unter Corona-bedingungen zu singen hatte. Doch bereits um 23 Uhr des Endrunden-abends bekam er den Anruf, dass er der Kandidat sei, auf den die Wahl gefallen war. Kantor an der Matthäuskirche zu werden, bedeutet für Oliver Scheffels auch den Aufstieg von einer B-stelle zu einer A-stelle.
Die Monate, die bis zu seiner Verabschiedung am 26. September in der Petruskirche bleiben, werden weiter von den Pandemiebedingungen geprägt sein. Aus der für geplanten Aufführung von Karl Jenkins’ „The Peacemakers“, die bereits 2020 verschoben werden musste, wird auch in diesem Jahr nichts. „Probenarbeit ist ja unmöglich geworden“, sagt er bedauernd. „Meine Arbeit mit den Ensembles besteht im Moment darin, den Kontakt mit den Aktiven zu halten.“Einen zweiten Punkt gibt es, der Oliver Scheffels derzeit sehr beschäftigt, für den er aber bis zum Herbst nur noch die Grundlagen schaffen kann: Die 1971 gebaute und 1986 erweiterte Simon-orgel ist durch die niedrige Luftfeuchtigkeit der Kirche schwer beschädigt, Holzteile sind verzogen. „Es sind nur noch zwei Manuale spielbar“, berichtet Scheffels. „Und es treten Heuler und Durchstecher auf.“Die Orgel benötige eine Grundsanierung. „Wenn da nicht bald etwas passiert, geht sie kaputt. Aber es sind alle Optionen offen, auch die eines Neubaus.“Entscheidungen werde er aber nicht mehr treffen. „Mein Nachfolger oder meine Nachfolgerin kann da angreifen, dafür schaffe ich die Grundlagen.“