Der Ton zwischen CDU und CSU wird schärfer
Kandidatur Junge Union mit deutlicher Mehrheit für Kanzlerkandidatur Söders
Augsburg Im erbitterten Machtkampf um die Kanzlerkandidatur zwischen Markus Söder und Armin Laschet liegen die Nerven blank. Ursprünglich hatten sich die Rivalen im Lauf der Woche einigen wollen. Doch bis zum Sonntagabend machte keiner der beiden Anstalten, seine Ambitionen aufzugeben. Ein weiteres Vier-augen-gespräch endete unentschieden. Der Ton innerhalb der Union verschärft sich. Annegret Kramp-karrenbauer, Laschets Vorgängerin an der Cduspitze, warf CSU-CHEF Söder mangelnden Respekt vor. Sogar die Gründung eines Cdu-landesverbandes in Bayern wird inzwischen nicht mehr ausgeschlossen.
Der Europaabgeordnete Dennis Radtke ist keiner, der um den heißen Brei herumredet. Der Mann kommt aus dem Ruhrpott und verliert die Geduld mit der bayerischen Schwesterpartei. „Ich habe nichts dagegen, dass die CSU einen eigenen Anspruch formuliert. Mein Problem ist die brutale Art und Weise, wie sie nun versucht, diesen Anspruch durchzusetzen“, sagt er unserer Redaktion. Sollte Söder nicht einlenken, dürfe es kein Tabu mehr sein, mit der CDU künftig eben auch in Bayern anzutreten.
Schon einmal stand diese Option im Raum. 1976 wollte CSU-CHEF Franz Josef Strauß die Fraktionsgemeinschaft im Bundestag aufkündigen. Sein Rivale Helmut Kohl drohte im Gegenzug mit dem „Einmarsch“der CDU in den Freistaat. Strauß musste den legendären „Trennungsbeschluss von Kreuth“kleinlaut wieder einkassieren. Wiederholt sich nun die Geschichte?
Im Unterschied zu damals verlaufen die Gräben heute nicht nur zwischen den Schwesterparteien, sondern auch innerhalb der CDU. Die Parteispitze steht zwar geschlossen hinter Laschet. Doch schon in der zweiten Reihe wird es unübersichtlicher – und an der Basis erst recht. Die einen verachten Söders „breitbeinigen, rasierwassergetränkten“Stil, wie es ein Parlamentarier ausdrückt. Andere Cdu-leute sehen in ihrem eigenen Kandidaten Laschet die „Verkörperung eines Politikmodells der 80er Jahre“. Was wiederum alle eint, ist eine gewisse Ratlosigkeit, wie der Konflikt gelöst werden kann. „Im Prinzip halten alle in der CSU Söder für den stärkeren Kandidaten; aber viele fragen sich, wie es jetzt weitergehen soll“, sagt ein Csu-vorstandsmitglied im Gespräch mit unserer Redaktion und fügt hinzu: „Es wird auf jeden Fall ein Scherbenhaufen.“
Kurz vor dem Ende der selbst gesetzten Frist zur Klärung der Kanzlerkandidatenfrage traf Söder am Sonntagabend in Berlin ein. Womöglich, um eine drohende Kampfabstimmung
Das Einzige, was alle eint, ist die Ratlosigkeit
in der Bundestagsfraktion am Dienstag doch noch abzuwenden. Im Machtkampf steht der Parteinachwuchs, die Junge Union (JU), mit großer Mehrheit hinter Söder. In einer Videokonferenz am Sonntagabend sprachen sich 14 Landesverbände mit deutlicher Mehrheit für Söder aus. Für die politische Konkurrenz ist der Zwist ein gefundenes Fressen. Linken-chefin Susanne Hennig-wellsow wirft der Union vor, über den Machtkampf das Krisenmanagement zu vernachlässigen. „Es muss schön sein, wenn man meint, Corona mal vergessen zu können. Leider gilt das für die große Mehrheit im Land nicht. Außerhalb der Führungsriege der Union fragen wir uns nicht, ob Söder oder Laschet, sondern: Wann gibt es genug Impfstoff? Wieso gibt es keine bundesweiten, sinnvollen und konsequenten Regeln zur Pandemiebekämpfung?“, sagte sie unserer Redaktion. »Leitartikel und Politik