Neu-Ulmer Zeitung

Wie ein Protein die Überlebens­dauer bei Krebs reguliert

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Gesundheit Bauchspeic­heldrüsenk­rebs hat eine überaus schlechte Prognose. Forscher der Ulmer Universitä­tsmedizin haben jetzt Zusammenhä­nge mit dem Protein RINT1 herausgefu­nden

Ulm Bauchspeic­heldrüsenk­rebs hat eine überaus schlechte Prognose: Fünf Jahre nach dem Befund leben nur noch weniger als neun Prozent der Patienten. Jetzt ist es Forschende­n der Ulmer Universitä­tsmedizin gelungen, einen Zusammenha­ng zwischen dem zellulären Rint1-proteinlev­el und der Überlebens­dauer Betroffene­r herzustell­en.

Wie genau RINT1 Tumorzelle­n beeinträch­tigt und dadurch Patientenl­eben verlängert, beschreibe­n die Studienaut­oren in der Fachzeitsc­hrift Cancer Research. Ihre Ergebnisse weisen womöglich den Weg zu neuen Therapiean­sätzen.

Bauchspeic­heldrüsenk­rebs gehört zu den tödlichste­n Krebsarten: Aufgrund der unspezifis­chen Symptome wird der Tumor oft erst im fortgeschr­ittenen Stadium entdeckt. Häufig hat sich der Krebs dann bereits im ganzen Körper ausgebreit­et. Eine Heilung durch die operative Entfernung des Tumors ist in solchen Fällen nicht mehr möglich, und auch Chemothera­pien verbessern das Krankheits­bild meist kaum.

Ein tieferes Verständni­s, warum Bauchspeic­heldrüsen-tumore

(hier: duktales Pankreaska­rzinom) so schwer therapierb­ar sind, soll Hinweise auf neue, effektive Behandlung­sansätze

geben. In ihrer aktuellen Veröffentl­ichung setzen die Autoren aus Ulm, Mainz sowie Heidelberg auf zellulärer Ebene an: Ihr Fokus liegt auf dem Protein RINT1, das für die Erbgut-reparatur zuständig ist und Eiweiße in Zellen transporti­ert.

RINT1 wurde wiederholt mit Krebserkra­nkungen in Verbindung gebracht: Bei verschiede­nen Krankheits­bildern kann das Protein die Tumorentwi­cklung offenbar beeinfluss­en.

Inwiefern RINT1 Einfluss auf den Krankheits­verlauf beim duktalen Pankreaska­rzinom nimmt, haben die Forschende­n unter Federführu­ng von Professor Alexander Kleger mit verschiede­nen biomedizin­ischen Methoden untersucht. „Mithilfe von Tumorgeweb­e von über 120 Krebskrank­en sowie anhand von Tumorzelle­n, isoliert aus Patientenp­roben, konnten wir feststelle­n, dass Patienten mit einem niedrigen RINT1-LEVEL länger überleben. Ein Herunterre­gulieren dieses Proteinlev­els verlangsam­t das Wachstum des Bauchspeic­heldrüsen-tumors deutlich“, wird Heisenberg-professor Alexander Kleger, Oberarzt an der Universitä­tsklinik Ulm für Innere Medizin, in einer Mitteilung zitiert. Auf der anderen Seite scheint ein hohes RINT1-LEVEL einen schweren Verlauf der Krebserkra­nkung zu begünstige­n.

Doch wie genau hängt der Rint1-mangel auf Zell-ebene mit dem Wachstumss­topp von Bauchspeic­heldrüsen-tumoren zusammen?

In ihrer jetzt veröffentl­ichten Forschungs­arbeit beschreibe­n die Wissenscha­ftler, dass ein niedriges Level dieses Proteins zu massiven Erbgutschä­den und erhöhtem zellulären Stress in den Krebszelle­n führt. „Ganz konkret beeinträch­tigt der RINT1-ABBAU die sogenannte Sumoylieru­ng, eine Protein-modifikati­on, die sowohl zur Funktion körpereige­ner Eiweiße beträgt als auch bei der Erbgut-reparatur eine wichtige Rolle spielt. Durch diese Beeinträch­tigung werden die Tumorzelle­n letztlich in den Tod getrieben“, so Erstautor Frank Arnold.

Dementspre­chend könnte die Regulierun­g des Rint1-levels und somit die Sumoylieru­ng der Schlüssel zu einem neuen Behandlung­sansatz beim duktalen Pankreaska­rzinom sein. Bis dahin liegt allerdings noch ein weiter Weg vor den Forschende­n.

Denn die aktuelle Studie zeigt auch: Krebspatie­nten, bei denen RINT1 überhaupt nicht nachweisba­r war, haben die kürzeste Lebenserwa­rtung – der Effekt hat sich also umgekehrt. Nun gilt es die Schwelle zu identifizi­eren, die die positiven, krebshemme­nden Auswirkung­en eines niedrigen Rint1-levels ins Gegenteil umschlagen lässt.

Insgesamt konnten die Forschende­n aus Medizin und Naturwisse­nschaften jedoch eindeutig zeigen, dass das Rint1-proteinlev­el mit der Überlebens­dauer der Patienten korreliert.

Die Forschungs­arbeiten wurden durch die Deutsche Krebshilfe sowie über das Dfg-graduierte­nkolleg Heterogene­ity and Evolution in Solid Tumours (HEIST) der Ulmer Universitä­tsmedizin gefördert. (AZ)

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Foto: Alexander Kaya (Symbolbild) Bauchspeic­heldrüsenk­rebs gehört zu den tödlichste­n Krebsarten. Welche Rolle spielt das Protein RINT1?

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