Die Basis macht sich für die Wahl warm
Wahl Die Partei wählt Roman Albrecht in Günzburg zum Direktkandidaten im Bundeswahlkreis Neu-ulm
Landkreis Im großen Saal des Landgasthofs Linde in Günzburg-deffingen huschen grüne, rote und blaue Farbtupfer mit Schlagworten wie „weltoffen“und „respektvoll“über eine Leinwand. Gut zwei Dutzend Mitglieder der Partei Die Basis sind gekommen. Der Kreisverband Neu-ulm ist nur wenige Monate alt: Er besteht seit 4. Dezember 2020 und zählt eigenen Angaben zufolge in den Landkreisen Neu-ulm, Günzburg und einem Teil des Unterallgäus insgesamt 83 Mitglieder.
Die meisten Anwesenden sind um die 40, 50 Jahre alt, mehr Männer als Frauen. Sie wählen ihren Direktkandidaten für den Wahlkreis 255 Neu-ulm. Am Freitag um 18 Uhr beginnt die Prozedur, gut zwei Stunden später macht Roman Albrecht aus dem Unterallgäu mit 14 von 26 Stimmen das Rennen. Er setzt sich auf Anhieb gegen Christoph Mayer (Augsburg), Erwin Drefs aus Nersingen und Andrea Zellermayer (Günzburg) durch. Ersatzkandidat wird schließlich Drefs.
Dann müssen alle den Saal verlassen und sich nach einer halben Stunde Pause neu am Empfang anmelden. Bis nach 22 Uhr wählen sie zwei Delegierte für den Landesparteitag am 16. Mai in Augsburg:
Christoph Mayer und Harald Zeising (Ursberg).
Formalitäten bestimmen den Abend: Zeising, Vorsitzender des Kreisverbandes Neu-ulm, sagt bei der Begrüßung: „Das ist nicht unsere Inszenierung. Der Bundeswahlleiter will, dass das so gemacht wird.“Später wird immer wieder darauf hingewiesen, die Formalitäten einzuhalten, damit die Wahl nicht für ungültig erklärt wird. Am Anfang zählt der von der Versammlung bestimmte Wahlleiter die stimmberechtigten Mitglieder ab, kommt auf 25. Am ersten Wahlgang haben aber tatsächlich 26 Personen teilgenommen. Also noch mal durchzählen: 26, jetzt stimmt es. Oft wird an diesem Abend von „Basisdemokratie“gesprochen. Klingt nach den Anfangszeiten der Grünen. Dem widerspricht Zeising: „Ich möchte da keine Parallelen zu den Grünen ziehen.“Wichtig sei, sagt er, alle Bürger mitentscheiden zu lassen, das unterscheide sie von anderen Parteien. Die vier „Säulen“, welche die Gruppierung
ausmachten (Freiheit, Machtbegrenzung, achtsamer Umgang und Schwarmintelligenz) hören sich wenig fassbar an. Auf Nachfrage spricht Zeising davon, dass die Gewaltenteilung gegenwärtig nicht gegeben sei, es nur eine herrschende Macht gebe, deren Sprachrohr die Medien seien. Das Infektionsschutzgesetz nennt er „Ermächtigungsgesetz“– und zieht damit Parallelen zu Nazideutschland.
Direktkandidat Albrecht, 28 Jahre, verheiratet, zwei Kinder, ist ein Vereinsmensch, seit acht Jahren Vorsitzender im Musikverein Unterkammlach. Für seine Bewerbungsrede
hat er eine Powerpointpräsentation vorbereitet. Er verortet sich auf Nachfrage unserer Redaktion in „der gesellschaftlichen Mitte, weder rechts noch links“. Seit Februar macht der junge Mann aus der westlich von Mindelheim gelegenen Gemeinde Kammlach mit bei der Basis. Der gelernte Bauelektriker studiert in Kempten Betriebswirtschaftslehre. Politisch engagiert habe er sich in der Vergangenheit nicht, sagt er, habe sich aber politisch interessiert, sei auf Demos in Berlin, Kassel, Leipzig und München gegangen. Im Wahlkampf, verspricht er in seiner Bewerbungsrede, will er von Mitte Juni bis September alle Gemeinden im Bundeswahlkreis besuchen. Seine politischen Ziele lauten: Basisdemokratie, Fluchtursachen bekämpfen, miteinander reden. Im Gespräch sagt er: „Ich bin unvoreingenommen und stehe zu meinem Wort.“Ersatzkandidat Drefs ist 64 Jahre alt und Betriebswirt. Er ist geschieden und hat zwei Kinder. Politisch aktiv sei er erst in der Corona-krise geworden, sagt er, und habe an Coronademos teilgenommen. Früher habe er sich keiner Partei zugehörig gefühlt. Über sich selbst sagt er: „Ich bin offen, habe ein sehr starkes Gerechtigkeitsempfinden und denke trotz meines Alters an die Zukunft.“