Eine kleine Vogelgeschichte
Ich habe ein Krähennest in meinem Garten, hoch oben, im Geäst einer Lärche. Ab ein Uhr mittags pflegt die brütende Vogelmutter ihren Unmut kund zu tun, indem sie in halbminütigen Intervallen ein lautes, schrilles „Kra“von sich gibt. Mir fällt dabei der rhythmisch fallende Wassertropfen ein, der ehemals bei Gehirnwäsche eingesetzt wurde.
Die Vermutung liegt nahe, dass sich die Krähe langweilt bei ihrem Brutgeschäft, was ich persönlich durchaus nachempfinden kann. Möglicherweise will sie aber auch nur provozieren, was meine Border-collie-hündin, ausgestattet mit einem labilen vegetativen Nervenkostüm, als Psychoterror ansieht. Die rennt dann nämlich laut bellend durch den Garten, springt am Baumstamm der Lärche empor, und ist dennoch machtlos.
Die schlaue Krähe, als Bewohnerin der Lüfte, ist dem armen, erdverhafteten Hund, im wahrsten Sinne des Wortes, haushoch überlegen. Sie ignoriert sein Gebell, bis er erschöpft und mit hechelnder
Zunge im Schatten Zuflucht sucht. Es erübrigt sich zu bemerken, dass mein Klatschen und meine Schimpfworte in Richtung Krähennest, bei der Vogelmutter, sicher nur ein boshaftes Lächeln entlocken. Ist natürlich nur eine Vermutung von mir.
Im Übrigen muss ich noch hinzufügen, dass der ungebetene Gast nicht nur hörbar Spuren hinterlässt, sichtbare Botschaften , wie unübersehbare Flecken, auf der Terrasse, sowie im ganzen Garten verstreute Abfälle aus dem Kompost , sorgen für Ärger.
Natürlich wünscht man einer Vogelmutter Glück, aber in meinem speziellen Fall, sehe ich diese illegale Gartenbesetzung eher kritisch.