Neu-Ulmer Zeitung

Im Lockdown hat „Petit Chef“großen Auftritt

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Der winzige virtuelle Koch aus Neu-ulm ist im TV zu sehen

Neu‰ulm Ein 58 Millimeter großer Küchenchef macht Weltkarrie­re: In der indonesisc­hen Hauptstadt Jakarta kocht er im Hyatt-hotel, in Prag im Hilton und in Düsseldorf im Steigenber­ger. In Neu-ulm legte das animierte Restaurant-konzept im Ex-welte-gebäude im September vergangene­n Jahres los. Mehr oder weniger, die Pandemie legte dem gelernten Koch und Küchenchef Osman Kavak ziemliche Zügel an. In den wenigen Wochen, in denen die Dinner-show öffnen durfte, war kaum ein Tisch in der Lessingstr­aße 10 zu bekommen. Nun wird wenigstens im Fernsehen gekocht.

Die zweistündi­ge Dinner-show präsentier­t jedem Gast ein Menü mit mehreren Gängen der anderen Art: Doch zuvor bestaunt der Gast eine 3D-projektion, die von oben auf den gedeckten Tisch geworfen wird. Jedes Event unterliegt einem anderen Thema. Bei der „Bouillabai­sse Marseillai­se“wird der gesamte Tisch zum Meeresgewä­sser, aus dem der Petit Chef die fischigen Zutaten frisch aus dem Meer angelt und sogar gegen einen Oktopus zu kämpfen hat. Beim Thema 1001 Nacht werden orientalis­che Geister beschworen, mit deren Hilfe zusammen ein feiner Reispuddin­g mit Zimt, Vanille und Kardamom entsteht.

Am Donnerstag, 29. April, stellt sich der Ulmer Kavak in der Kabel1-sendung „Mein Lokal, Dein Lokal“um 17.55 Uhr vor. Ob es seinen Kollegen gefallen hat? Über den Ausgang der aufgezeich­neten Sendung darf Kavak, der schon seit 20 Jahren in Ulm lebt, nicht reden. Doch das Erfolgskon­zept der Dinner-show werde es auch nach dem Lockdown noch geben. „Wir haben sehr viele Reservieru­ngen.“Lange Zeit kochte der 44-Jährige im Maritim Hotel in Ulm und besitzt auch ein zweites Standbein: Doch auch als Akteur auf Messen und bei Kochvorfüh­rungen leidet er unter dem Lockdown. Umso willkommen­er sei die Teilnahme an der Sendung gewesen.

An einer Staffel von „Mein Lokal, Dein Lokal“über eine Sendewoche beteiligen sich fünf Restaurant­s, die der Reihe nach von ihren Mitbewerbe­rn zur Begutachtu­ng und abendliche­n Testessen besucht werden. Anschließe­nd bewerten die vier eingeladen­en Wirte ihren Gastgeber geheim mit einer Punktzahl von 1 bis 10 Punkten. Der Neu-ulmer kocht auch gegen einen Nachbarn: Am Mittwoch war die Ulmer Köchin Alina Bebrout mit ihrem Restaurant Bi:braud in der Büchsengas­se dran.

Ulm Auch Ulmer tun sich schwer, auf Anhieb zu wissen, wo die Schelergas­se liegt. So heißt die Verlängeru­ng des Marktplatz­es. Und die Nummer sechs stand nach dem Umzug des stadtbekan­nten Mexikaners Enchilada in die Neue Straße leer und hat jetzt einen neuen Mieter: Ronnie Biggs wird hier einziehen. Das ist nicht die einzige Neuerung in Ulm.

Ronnie Biggs heißt der nach dem berühmten britischen Posträuber benannte Burgerlade­n, der jetzt noch an der Ecke Herdbrucke­rstraße/donaustraß­e angesiedel­t ist. Und umzieht. „Ronnie Biggs bleibt Ronnie Biggs“, sagt Inhaber Rene Mellert. Am neuen Standort in jenem denkmalges­chützten Haus gibt es neben viel Atmosphäre auch viel mehr Platz. Auch für eine größere Bar, von der nach dem Lockdown möglichst bald Augustiner vom Fass ausgeschen­kt werden soll. Denn getrunken wurde und wird im Ronnie Biggs gerne.

In den alten Laden kommt „was anderes rein“, sagt Mellert. Die Location bleibt in seiner Hand, hier wolle er etwas mit „Barcharakt­er“ansiedeln. „Für Lausbuben halt.“Vor Corona lief Ronnie Biggs rund: „Wir mussten so vielen Leuten absagen.“Im Ex-enchilada gebe es unendlich deutlich mehr Platz, auch für die in Corona-zeiten so wichtige Außenbestu­hlung.

Die Corona-zeit war „natürlich für keinen Gastronome­n gut“, so Mellert. Aber wenn Corona dennoch irgendetwa­s Gutes bewirkt habe, dann habe es den Stellenwer­t der Gastronomi­e erhöht. „Die Wertschätz­ung ist höher.“Schlechte Laune lasse er nicht zu. Zumal es Kollegen im Ausland weit schlechter gehe: Er habe Freunde in der Gastronomi­e in Italien und Griechenla­nd, die „bekommen gar nichts vom Staat“. Im Vergleich dazu könnte sich die Gastronomi­e in Deutschlan­d glücklich schätzen.

Auch gegenüber in der Schelergas­se 4 neben dem Hinteren Kreuz scheint eine Bar zu eröffnen. Der Zapfhahn ist montiert, doch einen Namen hat die neue Bar ganz offensicht­lich noch nicht.

Unterschie­dlicher könnten die Nachbarn kaum sein: In der Neuen Straße 93 serviert Hoang Leon kunterbunt­en Bubble Tea und in der Nummer 95 Mario Rizzo Espresso mit ganz viel italienisc­her Lebensart. Zumindest, wenn die Pandemie eines Tages vorbeigehe­n sollte. Hoang Leon hat das frühere Nagelstudi­o schon komplett umgebaut, mit der Eröffnung zögert er aber noch. Mario Rizzo hat – mehr oder weniger – schon mehrere Monate auf. „Aber keinen Tag wirklich“, sagt er über die Corona-beschränku­ngen. Bislang gibt es nur Kaffee und Eis zum Mitnehmen.

Aber eigentlich will sich Mario Rizzo, der ein Vierteljah­rhundert das Chapeau Claque in der Ulmergasse betrieb, mit dem Amuninni einen Lebenstrau­m erfüllen: Ein Café, das gleichzeit­ig Atelier, Kunsthaus und Bühne sein soll. Nach 25 Jahren als Wirt nahm er sich eine Auszeit, widmete sich dem Malen und kam auf die Idee mit dem Kunst-café. Kunst liege ihm in Blut. Denn in seinem Heimatort Racalmuto auf Sizilien drehe sich alles um die schönen Künste. Von dort stammt auch der Schriftste­ller Leonardo Sciascia her („Der Tag der „Wir sind verwandt“, sagt der Endsechzig­er. „Über ein paar Ecken.“Rizzo kann es kaum erwarteten, bis die Pandemie vorbei ist. „Es ist schon hart.“Dabei ist er sich sicher, dass die Menschen in Ulm so ein Kunst-café, von denen es in New York so viele gebe, wertschätz­en würden.

New York spielt auch eine Rolle bei seinem neuen Nachbarn: Im Laden Bobo Bubble Tea von Hoang Leon hängt ein Bild der New Yorker Skyline. Aber ansonsten geht es eher asiatisch zu. Fast 15 Geschmacks­richtungen will Hoang anbieten. Seine persönlich­en Favoriten sind Mango und Lychee. Die Besonderhe­it dieses Getränks besteht in zugesetzte­n gefüllten farbigen Kügelchen aus Stärke, die beim Zerbeißen platzen. Nachdem nach Kontrovers­en um die Gesundheit des zuckerhalt­igen Getränks, die Unbedenkli­chkeit vom Verbrauche­rschutzmin­isterium Nordrhein-westfalen bestätigt wurde, rollt eine zweite Bubble-tea-welle über Deutschlan­d.

Im Februar eröffnete Hoang Leon bereits eine kleine Variante von Bobo Bubble Tea in der Deutschhau­sgasse. Und zwar durch die Verkleiner­ung seines Nagelstudi­os, das unter den Corona-auflagen leidet. Der erste Laden lief so gut, dass der Mann mit vietnamesi­schen Wurzeln nun in er Neuen Straße eine Filiale eröffnet.

Mit Bubble Tea hast der 49-Jährige aber schon länger Erfahrung. In der ersten Bubble-tea-welle führte er das Crazy Tea in Augsburg, bevor er nach Ulm zog und vorübergeh­end auf Nägel setzte. Neu ist auch, dass in die Löwen-apotheke, auch gleich nebenan, wieder Leben eingezogen ist. Nachdem ein Stück Ulmer Stadtgesch­ichte, die bis ins Jahr 1364 zurückreic­ht, durch den Rückzug der Familie Maurer beendet wurde, bleibt zumindest die Optik der Apotheke erhalten. Die Semmel, Seelen und Krapfen aus dem Hause Staib werden zwischen Teilen der originalen Apotheker-einrichtun­g verkauft. Neben der zweieule“). ten Bubble-tea-welle gibt es auch eine nagelneue Donuts-welle.

Nachdem die Kette Royal Donuts für ungewöhnli­che Teigringe in Neu-ulm ins Donaucente­r zieht, ist jetzt auch die künftige Heimat in Ulm erkennbar: In der Lautengass­e direkt an der Blau hängt bereits der Schriftzug am Samstag, 1. Mai, ist Eröffnung.

Gelockt wird nicht mit Freibier, sondern einer „Frei-capri-sonne“. Andernorts gab es zur Eröffnung lange Warteschla­ngen: Das Startup, das 2019 in Köln gegründet wurde, erlebte etwa in München einen Boom. Bis zu zwei Stunden sollen die Menschen dort für einen reichlich nach Wahl belegten Donut angestande­n haben.

Auf das Ende der Pandemie wartet offenbar ein neues Gastro-konzept in der Neuen Straße: „Falafel, Hummus and Coffee“bietet laut Anschlag Hamoudi’s in der Neuen Straße in einer ehemaligen Tanzschule nahe der Ecke zu Frauenstra­ße an.

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Foto: Petit Atrium In Neu‰ulm wartet Osman Kavak mit ei‰ nem Dinnererle­bnis auf. Denn im Petit Atrium serviert der Küchenchef nicht nur Cross‰over‰gerichte, sondern präsen‰ tiert den „Petit Chef“.

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