Das alte Eisenbahntor verschwindet
Historie Neben der Glacis-galerie in Neu-ulm werden die Reste ausgegraben
Neuulm Die Archäologen haben genau das gefunden, was man vermutet hatte, sagt Matthias Burger, Vorsitzender des Förderkreises Bundesfestung: Unter einem Parkplatz gegenüber der östlichen Einfahrt zur Glacis-galerie, der demnächst bebaut wird, wurde ein Teil der Bundesfestung Ulm/neu-ulm ausgegraben, der die zunehmende Wichtigkeit der Eisenbahn im 19. Jahrhundert auch in Neu-ulm erahnen lässt.
Während die Archäologen vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege – mit Unterstützung des Förderkreises – die Funde dokumentieren, ehe die historischen Mauern für den Bau einer Tiefgarage weichen müssen, fertigt Burger Zeichnungen an, mit denen man sich vorstellen kann, wie es an dieser Stelle in der Mitte des 19. Jahrhunderts aussah.
Eigentlich hatte man im jungen Neu-ulm um 1854/55 nämlich vermutet, dass ein Eisenbahngleis Richtung Augsburg genügen würde und hatte dementsprechend nur ein Tor als Tunneldurchlass in die Festungsanlage gebaut. Zwanzig Jahre später war die Eisenbahn so attraktiv und wichtig geworden, dass drei Gleise benötigt wurden, sodass der ursprüngliche Torturmblock für eine Erweiterung abgebrochen werden musste. „Dann wurde der Wall aufgemacht, und auf den Fundamenten des ersten Tunnels wurde dreigleisig gebaut.“Die Escarpenmauer (innenseitig der Festung) zeigt sich an drei Stellen durch Bögen der Tunnels unterbrochen. „Man hat die Tunneleinfahrten an der Wallseite enden lassen“, weiß Burger.
überraschendes Detail Stadtgeschichte kam unerwartet zutage: Bei der Erweiterung wurde – schon etwa 1875/1880 – Beton verbaut. „Das dürfte wahrscheinlich die früheste Verwendung oder wenigstens eine der frühesten Verwendungen von Beton in Neu-ulm sein, die hier entdeckt wurden“, berichtet Burger. Wichtige Forts der Festung wurden bei der Modernisierung in der letzten Bauperiode zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit Beton verstärkt, das war bekannt. Dass das Material bereits im 19. Jahrhundert verwendet wurde, ist eine neue Erein kenntnis. Der Fördervereinsvorsitzende bedauert das komplette Verschwinden der Festungsüberreste und hofft, sich vorher intensiv mit bautechnischen Besonderheiten beschäftigen zu können.
Ein Teil des alten Eisenbahntors wurde bereits vor sechs Jahren ausgegraben und dokumentiert, bevor die Bagger anrollten und die alten Mauern beseitigten. Danach wurde dort die Anlage „Wohnen am Kunstpark“gebaut. Jetzt wird auch die Lücke zwischen der Glacis-galerie und den bestehenden Häusern an der Bernar-venet-straße geschlossen. Bislang wurde das Grundstück als Parkplatz genutzt.
Auf dem Areal entsteht eine Wohnanlage für Senioren mit Dienstleistungen. Vorhabenträgerin ist die Grundbesitzgesellschaft Kling/türk Neu-ulm. Betrieben werden soll die Anlage von der Ulmer „Schöner Leben Gruppe“, die nach eigenen Angaben deutschlandweit an 70 Standorten tätig ist. Das Unternehmen ist eine Tochter der europäischen Beteiligungsgesellschaft Waterland.
In Neu-ulm sind 56 Wohnungen für Senioren geplant. In der Wohnanlage sollen hauswirtschaftliche und pflegerische Dienste angeboten werden, außerdem eine Tagespflege, Wellness, Fitness, Gymnastik und Bewegungstherapie. Dazu kommen ein Restaurant mit Nebenräumen für Veranstaltungen sowie Klubräume. Laut dem Bebauungsplan, der voriges Jahr beschlossen wurde, ist außerdem eine Wohngemeinschaft für intensiv pflegebedürftige Menschen mit insgesamt zehn Appartements vorgesehen. Rund 50 Parkplätze kommen größtenteils in einer Tiefgarage unter. Die Eröffnung der Wohnanlage ist für Ende 2023 geplant.