Neu-Ulmer Zeitung

Das alte Eisenbahnt­or verschwind­et

- VON DAGMAR HUB UND MICHAEL RUDDIGKEIT

Historie Neben der Glacis-galerie in Neu-ulm werden die Reste ausgegrabe­n

Neu‰ulm Die Archäologe­n haben genau das gefunden, was man vermutet hatte, sagt Matthias Burger, Vorsitzend­er des Förderkrei­ses Bundesfest­ung: Unter einem Parkplatz gegenüber der östlichen Einfahrt zur Glacis-galerie, der demnächst bebaut wird, wurde ein Teil der Bundesfest­ung Ulm/neu-ulm ausgegrabe­n, der die zunehmende Wichtigkei­t der Eisenbahn im 19. Jahrhunder­t auch in Neu-ulm erahnen lässt.

Während die Archäologe­n vom Bayerische­n Landesamt für Denkmalpfl­ege – mit Unterstütz­ung des Förderkrei­ses – die Funde dokumentie­ren, ehe die historisch­en Mauern für den Bau einer Tiefgarage weichen müssen, fertigt Burger Zeichnunge­n an, mit denen man sich vorstellen kann, wie es an dieser Stelle in der Mitte des 19. Jahrhunder­ts aussah.

Eigentlich hatte man im jungen Neu-ulm um 1854/55 nämlich vermutet, dass ein Eisenbahng­leis Richtung Augsburg genügen würde und hatte dementspre­chend nur ein Tor als Tunneldurc­hlass in die Festungsan­lage gebaut. Zwanzig Jahre später war die Eisenbahn so attraktiv und wichtig geworden, dass drei Gleise benötigt wurden, sodass der ursprüngli­che Torturmblo­ck für eine Erweiterun­g abgebroche­n werden musste. „Dann wurde der Wall aufgemacht, und auf den Fundamente­n des ersten Tunnels wurde dreigleisi­g gebaut.“Die Escarpenma­uer (innenseiti­g der Festung) zeigt sich an drei Stellen durch Bögen der Tunnels unterbroch­en. „Man hat die Tunneleinf­ahrten an der Wallseite enden lassen“, weiß Burger.

überrasche­ndes Detail Stadtgesch­ichte kam unerwartet zutage: Bei der Erweiterun­g wurde – schon etwa 1875/1880 – Beton verbaut. „Das dürfte wahrschein­lich die früheste Verwendung oder wenigstens eine der frühesten Verwendung­en von Beton in Neu-ulm sein, die hier entdeckt wurden“, berichtet Burger. Wichtige Forts der Festung wurden bei der Modernisie­rung in der letzten Bauperiode zu Beginn des 20. Jahrhunder­ts mit Beton verstärkt, das war bekannt. Dass das Material bereits im 19. Jahrhunder­t verwendet wurde, ist eine neue Erein kenntnis. Der Fördervere­insvorsitz­ende bedauert das komplette Verschwind­en der Festungsüb­erreste und hofft, sich vorher intensiv mit bautechnis­chen Besonderhe­iten beschäftig­en zu können.

Ein Teil des alten Eisenbahnt­ors wurde bereits vor sechs Jahren ausgegrabe­n und dokumentie­rt, bevor die Bagger anrollten und die alten Mauern beseitigte­n. Danach wurde dort die Anlage „Wohnen am Kunstpark“gebaut. Jetzt wird auch die Lücke zwischen der Glacis-galerie und den bestehende­n Häusern an der Bernar-venet-straße geschlosse­n. Bislang wurde das Grundstück als Parkplatz genutzt.

Auf dem Areal entsteht eine Wohnanlage für Senioren mit Dienstleis­tungen. Vorhabentr­ägerin ist die Grundbesit­zgesellsch­aft Kling/türk Neu-ulm. Betrieben werden soll die Anlage von der Ulmer „Schöner Leben Gruppe“, die nach eigenen Angaben deutschlan­dweit an 70 Standorten tätig ist. Das Unternehme­n ist eine Tochter der europäisch­en Beteiligun­gsgesellsc­haft Waterland.

In Neu-ulm sind 56 Wohnungen für Senioren geplant. In der Wohnanlage sollen hauswirtsc­haftliche und pflegerisc­he Dienste angeboten werden, außerdem eine Tagespfleg­e, Wellness, Fitness, Gymnastik und Bewegungst­herapie. Dazu kommen ein Restaurant mit Nebenräume­n für Veranstalt­ungen sowie Klubräume. Laut dem Bebauungsp­lan, der voriges Jahr beschlosse­n wurde, ist außerdem eine Wohngemein­schaft für intensiv pflegebedü­rftige Menschen mit insgesamt zehn Appartemen­ts vorgesehen. Rund 50 Parkplätze kommen größtentei­ls in einer Tiefgarage unter. Die Eröffnung der Wohnanlage ist für Ende 2023 geplant.

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Foto: Dagmar Hub Auf diesem Grundstück östlich der Glacis‰galerie in Neu‰ulm werden gerade die Überreste des alten Eisenbahnt­ors der Bundesfest­ung freigelegt.
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Foto: Matthias Burger So sah das Eisenbahnt­or in Neu‰ulm in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunder­ts aus.

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