Neu-Ulmer Zeitung

Zum 1. Mai dreht es sich alles um Corona, Klima und Solidaritä­t

- VON STEFAN KÜMMRITZ

Kundgebung Manches ist wie immer im Ulmer Weinhof. Viele Forderunge­n sind plakativ, doch ein Redner wählt ganz ruhige Töne

Ulm „Solidaritä­t ist Zukunft“, lautete das Motto der Kundgebung zum 1. Mai auf dem Ulmer Weinhof, zu dem der Deutsche Gewerkscha­ftsbund (DGB) aufgerufen hatte. Und „Solidaritä­t“war auch einer der meistgenan­nten Begriffe der Redner. Sehr leidenscha­ftlich zeigte sich in seiner Mairede Hans-jürgen Urban vom Geschäftsf­ührenden Vorstand der IG Metall. „Es geht um eine gerechte Weltordnun­g“, mahnte er lautstark. „Der Finanzmark­tkapitalis­mus gehört auf den Müllhaufen der Geschichte!“Seine Wut betraf die Superreich­en dieser Welt, er forderte die sofortige Wiedereinf­ührung der Vermögens- und Erbschafts­steuer und setzte sich für ein „buntes Mosaik der Solidaritä­t“ein.

Etwa 300 Menschen hatten sich am Samstagvor­mittag auf dem Weinhof versammelt. Neben Vertretern des DGB zeigten unter anderen auch Mitglieder der SPD, darunter der Landtagsab­geordnete Martin Rivoir, der Grünen, der Linken, der DKP, der Sozialisti­schen Deutschen Arbeiter-jugend (SDAJ) und von ausländisc­hen, oft kommunisti­sch orientiert­en Organisati­onen, Präsenz. Es wurden Transparen­te

mit Aufschrift­en wie „Der 1. Mai ist der Kampftag der internatio­nalen Arbeiterkl­asse“, „Krank ist das kapitalist­ische System. Es lebe der 1. Mai“, aber auch eines von der Umweltgewe­rkschaft mit dem Aufruf „Gemeinsam die Erde vor dem Kollaps retten!“gezeigt. Neben den Forderunge­n nach mehr Gerechtigk­eit, besserer Entlohnung für die Arbeiter oder die Umverteilu­ng des Kapitals standen bei der Kundgebung auch die Auswirkung­en der Pandemie und des Klimawande­ls auf die wenig privilegie­rten Teile der Gesellscha­ft im Fokus. Hansjürgen Urban bekam für die These „Gesundheit ist kein Privileg der Besserverd­ienenden“viel Beifall.

Irgendwie war es eine normale Maikundgeb­ung – und doch war sie anders. Wegen Corona mussten Abstand gehalten und ein Mund-nasenschut­z permanent getragen werden, woran sich die Teilnehmer absolut hielten. Es gab weder musikalisc­he Umrahmung noch Bewirtung noch gemütliche­s Beisammens­ein. „Wir sind froh, dass wir hier zusammenko­mmen können, nachdem die Kundgebung vergangene­s Jahr ausfallen musste“, verkündete die Dgb-kreisvorsi­tzende Petra Wassermann. Es gab aber einen knapp 300 Meter langen Umzug durch die Neue Straße, die Frauenstra­ße, die Olgastraße, die Wengengass­e und über die Neue Straße zurück zum Weinhof, der wie die Kundgebung ruhig und friedlich verlief. Mit Sprechchör­en wie „Hoch die internatio­nale Solidaritä­t!“oder „Gleiche Rechte für alle!“machten die Umzugsteil­nehmer die recht wenigen Passanten auf sich aufmerksam.

Die Themen waren vielfältig. Wandten sich zum Beispiel die Demokratis­chen Kräfte Ulm explizit gegen Rechtsradi­kalismus, Faschismus und Chauvinism­us, sprach sich Susanne Hirschberg­er von der Katholisch­en Betriebsse­elsorge gegen alle Diktaturen auf der Erde sowie das Querdenker­tum aus. Sie forderte: „Auch die Politik muss die rechten Funken ersticken.“Eine Abordnung von „Fridays for Future“meldete sich mit Thesen wie „Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinande­r“an die Menge und erklärte: „Für eine klimagerec­hte, menschenfr­eundliche Welt muss man Arbeit und Schule bestreiken. Wir können unbequem sein, wenn unsere Forderunge­n weiter ignoriert werden.“

Während Duran Enhan von der Dgb-jugend die Corona-krise in der Ausbildung und „Missstände in der Krankenpfl­ege“beklagte und forderte: „Die Krankenhäu­ser müssen zurück in die öffentlich­e Hand“sowie „Es muss Ausbildung­s- und Übernahmeg­arantien für alle geben“, stimmte Ulms Oberbürger­meister Gunter Czisch ruhige Töne an. „Wir dürfen die Sozialpart­nerschaft nicht infrage stellen“, sagte er. „Das Miteinande­r und das Mitbestimm­ungsrecht in den Betrieben zeigt, dass wir ganz gut durch die Krise gekommen sind. Eine Qualität, um die uns die Welt beneidet. Wir sind aufeinande­r angewiesen. Wir haben in den vergangene­n 13 Monaten so viel Solidaritä­t erlebt. Die Krise hat uns gelehrt, dass wir alles nur gemeinsam schaffen.“

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Foto: Stefan Kümmritz Vor der Hauptkundg­ebung zum 1. Mai auf dem Ulmer Weinhof gab es einen Umzug durch die Ulmer City.

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