Scholz kommt dem Kanzleramt immer näher
Sondierung Grüne und FDP favorisieren eine Ampel. Söder spricht von Vorentscheidung
Augsburg/berlin Zehn Tage nach der Wahl zeigen sich erste zarte Risse in der neuen Allianz aus Grünen und Liberalen. Während die Grünen auf zügige Verhandlungen über eine Ampelkoalition mit dem Sozialdemokraten Olaf Scholz als Kanzler drängen und die Union sich gedanklich bereits auf die Opposition einstellt, hat die FDP die Hoffnung auf eine Jamaika-koalition mit CDU und CSU noch nicht aufgegeben. Sie bleibe „eine inhaltlich tragfähige Option“, sagt Parteichef Christian Lindner. Für ihn sind die Gespräche mit der SPD und den Grünen, die bereits an diesem Donnerstag beginnen sollen, zunächst nur ein „Gedankenaustausch von drei Parteien“. Die Grünen-vorsitzende Annalena Baerbock dagegen drückt aufs Tempo – mit dem Ziel einer Ampel. Das Land, betont sie, könne sich keine lange Hängepartie leisten. Über Jamaika redet sie nicht mehr.
Die Sondierungsgespräche steuern damit auf einen ersten kritischen Punkt zu. „Die Ampel ist kein Automatismus“, betont der bayerische FDP-CHEF Daniel Föst gegenüber unserer Redaktion. Dass erst einmal die drei Wahlgewinner miteinander redeten, sei zwar naheliegend. „Unsere Leitplanken aber bleiben, keine Steuererhöhungen und keine Streichung der Schuldenbremse.“Die FDP werde nur in eine Regierung der Mitte eintreten, die Deutschlands Probleme beherzt angehe.
Baerbocks Co-chef Robert Habeck sieht in einer Ampelkoalition dagegen „die größten inhaltlichen Schnittmengen“. Dies gelte vor allem für den Bereich der Gesellschaftspolitik. Doch auch der Ausgang der Sondierungsgespräche mit SPD und FDP sei offen. Den Grünen sei klar, „dass der Keks noch lange nicht gegessen ist“. Zudem bedeute der Vorschlag für Ampelsondierungen noch keine Komplett-absage an ein Jamaika-bündnis. Spd-kanzlerkandidat Scholz ist dagegen zuversichtlich, dass am Ende auch eine Ampelkoalition stehen wird: Die Bürgerinnen und Bürger hätten der SPD den Regierungsauftrag gegeben. „Es ist jetzt an uns, das auch umzusetzen.“
Parallel mit der Union und den Sozialdemokraten verhandeln wollten die Liberalen nicht. „Die ersten Gespräche mit SPD und Grünen geben der Union etwas Zeit, ihre internen Fragen zu klären“, sagt Föst. Die C-parteien aber, so scheint es, glauben nicht mehr an Jamaika. Oder muss man sagen: die CSU? Während der gemeinsame Kanzlerkandidat Armin Laschet am Mittwoch die Bereitschaft zu Sondierungen bekräftigt („Wir stehen bereit als Gesprächspartner, CDU und CSU.“), sieht CSU-CHEF Markus Söder in der Annäherung von SPD, Grünen und FDP eine „klare Vorentscheidung“für die künftige Koalition. Eine Regierung ohne die Union sei nun sehr wahrscheinlich, CDU und CSU müssten jetzt die Realitäten anerkennen. Dies sei, so
Klöckner: Die CDU steht vor einer Zäsur
Söder, auch eine Frage der Selbstachtung – die Union werde „nicht vor der Tür darauf warten, dass sie noch einmal hereingerufen wird“.
Zu den Spekulationen über einen freiwilligen oder einen erzwungenen Rücktritt von Laschet als CDUCHEF will Söder sich nicht äußern. Sollten Sozialdemokraten, Grüne und FDP sich auf eine Ampelkoalition verständigen, gilt ein Wechsel an der Partei- und der Fraktionsspitze als wahrscheinlich. „Nach 16 Jahren Regierungsführung stehen wir vor einer Zäsur“, sagt die stellvertretende Parteivorsitzende Julia Klöckner. „Wir haben die Aufgabe, uns inhaltlich und personell zu prüfen.“Die Agrarministerin selbst hat ihren Rückzug als rheinland-pfälzische Landesvorsitzende bereits angekündigt. »Kommentar, Politik