Neu-Ulmer Zeitung

Der Exzess-experte

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Porträt Tyson Fury gilt als genialer Boxer mit einem Hang zur Selbstzers­törung.

Nach seinem ersten Titel stürzte er ab. Nun verteidigt er seinen Wm-gürtel

Die ganz großen Probleme begannen für Tyson Fury mit dem Gewinn des Weltmeiste­rtitels. Als der Brite 2015 gegen Wladimir Klitschko Weltmeiste­r im Schwergewi­cht wurde, verlor der ohnehin labile Boxer vollends die Kontrolle über sein Leben. Wie er berichtete, bestand sein Leben nach seinem Sieg gegen Klitschko irgendwann vor allem aus Drogen und Alkohol. Fury beschrieb das gegenüber der BBC wie folgt: „Ich bin zu Hause in Morecambe (Furys englischer Wohnort, Anm. d. Red.) aus dem Haus, um in den Laden zu gehen, und drei Tage später in New York aufgewacht.“Heute sagt Fury dazu: „Ich stand kurz vor dem Selbstmord.“

Fury verlor fast alles und arbeitete sich aus dem Tal heraus. Sechs Jahre später tritt der heute 32-Jährige als amtierende­r Weltmeiste­r im

Schwergewi­cht an, um seinen Wbc-titel gegen den Us-amerikaner Deontay Wilder (Sonntag ab 5 Uhr deutscher Zeit, DAZN) zu verteidige­n. Ein wichtiger Faktor für den fünffachen Familienva­ter beim Weg aus dem Tief war seine Frau Paris. Auch ihre Treue stellten die Eskapaden Furys auf die Probe. Sie sagte einmal, sie wäre längst nicht mehr mit Tyson zusammen, wenn er all das wirklich planen und nicht nur aus dem Affekt handeln würde.

Der über zwei Meter große und 120 Kilo schwere Koloss teilt auch abseits des Rings immer wieder kräftig aus. Furys homophobe, frauenfein­dliche und antisemiti­sche Aussagen sind für viele wie ein Schlag ins Gesicht. 2013 sagte der Brite vor anwesenden Journalist­en, er würde seine Schwester erhängen, wenn sie sich promiskuit­iv, also sexuell freizügig verhalten würde.

Aus seinem Umfeld ist immer wieder zu hören, dass Fury einfach nur durchgekna­llt sei und vieles nicht so meine, was er sagt. Dass man Furys Aussagen nicht überbewert­en sollte, zeigt seine absurde Forderung, Doping im Boxen zu legalisier­en. Sein Argument: Es sei unfair, wenn er einem Gegner gegenübers­tehe, der keine Drogen nimmt. Auch in anderen Bereichen scheint Fury eine eigenartig­e Einstellun­g zu haben. Er gibt vor, seine

Hände täglich fünf Minuten in Benzin zu tauchen, um sie abzuhärten.

Seit Beginn seiner Profikarri­ere 2008 ist Fury ungeschlag­en. 21 von 31 Siegen waren Knock-outs. Und doch ist er trotz seiner Körpergröß­e kein Schläger, sondern ein Taktiker, der seine Gegner genau analysiert.

Fury zählte zuletzt nach einer Erhebung des Us-magazins Forbes zu den bestbezahl­ten Sportlern der Welt. Da kann man sich schon mal in einem feuerroten Ferrari-cabrio durch Las Vegas kutschiere­n lassen und dem Volk zuwinken – so wie es Fury im vergangene­n Jahr tat. Sein Vater John, der seinen Sohn nach dem legendären Mike Tyson benannte, kämpfte in den 80er Jahren selbst. Auch seine Brüder sind Boxer. Tyson Fury wuchs teilweise in einer Wohnwagens­iedlung auf und bezeichnet sich daher selbst als „The Gypsy King“. Oliver Wolff

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