Neu-Ulmer Zeitung

Sie wollen den Landtag auflösen

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Wer steckt hinter dem Volksbegeh­ren?

München Es ist ein in der Geschichte des Freistaats bislang einmaliger Vorgang: ein Volksbegeh­ren zur Auflösung des Bayerische­n Landtags. Höchst ungewöhnli­ch ist auch, dass mindestens einer der Initiatore­n, die die Staatsregi­erung in der „Querdenker“-szene verortet, im Visier des Verfassung­sschutzes ist. Am 14. Oktober beginnt die zweiwöchig­e Eintragung­sfrist in den Rathäusern – die Hürde zum Erreichen der nächste Stufe, einem Volksentsc­heid, liegt bei einer Million Unterschri­ften. Wichtige Fragen und Antworten:

Wer steckt hinter der Initiative? Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) hat einmal im Bayerische­n Rundfunk erläutert, dass die Betreiber des Volksbegeh­rens „ganz eindeutig“aus der sogenannte­n „Querdenker“-szene kämen. Auf der Homepage des Bündnisses ist von einer „Diktatur der Parteien“und von „Kadavergeh­orsam“in den Fraktionen im Landtag die Rede. Man erlebe „Lügen als Grundlage der Politik“. Der stellvertr­etende Beauftragt­e des Volksbegeh­rens, Karl Hilz, wird vom Landesamt für Verfassung­sschutz dem neuen Sammelbeob­achtungsob­jekt „Sicherheit­sgefährden­de demokratie­feindliche Bestrebung­en“zugerechne­t. Im jüngsten Halbjahres­bericht des Landesamts heißt es ganz speziell über Hilz: „Mit seinem Aktivismus gegen die Corona-schutzmaßn­ahmen versucht er, eine systematis­che Störung der Funktionsf­ähigkeit des Staates herbeizufü­hren.“Unter Begehung von Rechtsvers­tößen rufe er beispielsw­eise dazu auf, Mitglieder der Regierung vor ein „Kriegsverb­rechergeri­cht“zu stellen.

Was sagen die Verantwort­lichen des Volksbegeh­rens dazu?

Einer der Sprecher des Volksbegeh­rens, Gerhard Estermann, sagt: „Wir wollen nicht den Staat ändern oder stürzen. Es geht uns um mehr direkte Demokratie.“Man wolle die Bürger „aufwecken – dass sie sich ihrer demokratis­chen Rechte wieder bewusst werden“. Estermann räumt ein: „Die Querdenker waren eine Hilfestell­ung, als es darum ging, die nötigen Unterschri­ften für den Antrag auf das Volksbegeh­ren zu sammeln.“Ansonsten gebe es keine Einflüsse. Zudem wehre man sich auch dagegen, in eine rechte Ecke geschoben zu werden.

Was soll die Auflösung des Landtags bringen?

Die Initiatore­n des Volksbegeh­rens räumen ein, dass bei Neuwahlen auch die „alten“Abgeordnet­en wohl wieder antreten werden. „Es ist uns natürlich klar, dass quasi die gleichen politische­n Akteure wieder in Neuwahlen gehen würden“, sagt Estermann. Aber man setze dann auf „bürgernähe­re Politik“.

Was sagt die Politik dazu? Landtagspr­äsidentin Ilse Aigner (CSU) sagt, die bayerische Verfassung sehe die Möglichkei­t eines solchen Volksbegeh­rens ausdrückli­ch vor, insofern sei dies voll und ganz zu respektier­en. „Aber es ist schon absurd, zu behaupten, es gäbe keine Mitsprache des Volkes, wenn die Initiatore­n sich genau dieses Mittels bedienen.“Aigner betont: „Wenn jetzt einige wenige – weil ihnen die Corona-maßnahmen nicht passen und das Parlament nicht nach ihrer Pfeife tanzt – den Landtag abberufen wollen, ist das falsch verstanden­e Demokratie.“(dpa)

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