Diese Ulmerin tourt mit dem Cirque du Soleil
Abenteuer Für Lea Toran Jenner geht ein Kindheitstraum in Erfüllung. Die 29-jährige Ulmerin ist ab Oktober
mit dem legendären Cirque du Soleil unterwegs und als Akrobatin Teil der Show „Luzia“
Ulm Es klingt wie ein Märchen. Die kleine Lea ist fünf Jahre jung, als sie zusammen mit ihren Eltern in Madrid die Weihnachtsshow des kanadischen Cirque du Soleil besucht. Es gibt keine mächtigen Elefanten und auch keine brüllenden Löwen. Dafür Akrobatik, Clownerie, Musik, erstaunliche Effekte und glitzernde Farben. Nachdenkliches und Körperbetontes. „Da gab es auch eine Darbietung von zwei Eltern und deren Kind. Das Mädchen müsste damals so alt gewesen sein wie ich. Und ich wollte ab diesem einen Moment nur dieses Kind sein. Auf der Bühne stehen, eintauchen in die faszinierende Zirkuswelt“, erzählt Lea Toran Jenner. Jetzt, nach fast genau 25 Jahren, schließt sich der Kreis.
Für die 29-jährige Ulmerin geht ein Kindheitstraum in Erfüllung. Sie unterschrieb einen Vertrag beim Cirque du Soleil, tourt ab Oktober 18 Monate lang mit dem internationalen Tross quer durch Europa. „Für mich beginnt damit quasi ein anderes Leben. Das ist alles sehr aufregend für mich, aber ich habe große Lust drauf“, sagt sie.
Jüngst verbrachte Jenner noch ein paar Tage zu Hause in Ulm, ist für kurze Zeit wieder in ihr Kinderzimmer eingezogen. Intensives Training am Hans-lorenser-sportzentrum, wo sie früher Mitglied des Aerobic-leistungsstützpunkts war, Fotoshootings, spontane Treffen mit Freunden und Bekannten - die Tage vor dem Abflug nach Montreal waren durchgetaktet. Die 29-Jährige hat unter anderem auch ihre frühere Schule besucht und mit den Mädchen und Buben am Ulmer Schubart-gymnasium über alternative Lebenswege gesprochen. Lachend erzählt sie: „Ich hatte damals gute Noten. Meine Lehrer waren total geschockt, als sie gehört haben, dass ich zum Zirkus gehe.“
Weil es eben ein ungewöhnlicher Weg ist. Die Manege kennt die Familie aus der Perspektive der Zuschauer, die Eltern sind beide Akademiker, der Vater arbeitet an der Ulmer Universität. Als Kind wurde Lea schon früh zum Turnen geschickt. „Weil ich mich immer viel bewegen wollte“, sagt sie. Mit 15 entdeckte sie eine Schule in Montreal und traf mit ihren Eltern eine Vereinbarung: „Ich mache ein gutes Abi, dafür bezahlen sie mir die Schule. Das war eine top Motivation“, erzählt die Ulmerin. Alles lief
Plan. Jenner bestand die Aufnahmeprüfung, ging mit 19 nach Kanada und absolvierte dort die dreijährige Ausbildung am Zirkuscollege. Anschließend tourte sie mit einem kleinen Zirkus durch Kanada. Schnell wurden andere aufmerksam auf die talentierte Europäerin. Mit ihrer Akrobatik-darbietung auf dem Cyr-rad, das im Gegensatz zum Rhönrad aus nur einem Reifen besteht, gewann sie Preise - als eine der wenigen Frauen, die dieses Sportgerät beherrschen. „Damit hatte ich quasi ein Alleinstellungsmerkmal in der Szene“, meint sie. Und das öffnete ihr das Tor zur großen Glitzerwelt. Australien, Japan, Südamerika. Überall wurde sie gebucht, zwei Jahre lang trat sie in Festanstellung am Moulin Rouge in Paris auf. „Das Reisen, die Freiheit, die Bühnen – all das ist der große Reiz dieses Jobs“, sagt Jenner. Doch dann kam die Corona-pandemie. Das Aus für Künstler auf der ganzen Welt. Der Cirque du Soleil beispielsweise sagte 44 Shows auf allen Kontinenten ab, fast 100 Prozent des Umsatzes fielen weg. „Es war eine schwere Zeit. Ich habe viel über den Sinn des Lebens nachgedacht und hatte oft das Gefühl, nicht mehr gebraucht zu werden in der Gesellnach schaft“, erzählt die 29-Jährige nachdenklich.
Das Angebot des kanadischen Zirkus-unternehmens kam genau zum richtigen Zeitpunkt. Eine Art Rettungsanker. Eine Garantie, wieder regelmäßig auf der Bühne stehen zu können. Die Kontaktaufnahme lief aber eher unkonventionell. „Der Casting-direktor hat mich bei Facebook angeschrieben“, sagt Jenner. Sie wird mit ihrem Cyr-rad in der Show „Luzia“auftreten, die vom Reichtum der mexikanischen Kultur inspiriert ist. Als eine von 44 Künstlern aus 15 Ländern.
Demnächst beginnt das
erste
Trainingscamp in Montreal, dem Zuhause des Zirkus. Samt Fitnesscheck. Dann geht es nach England, wo die Show in London zwei Monate lang mit der kompletten Besetzung geprobt wird. Für die Premiere in der Royal Albert Hall sind bereits Tickets verfügbar. „Als weitere Stationen sind Barcelona und Madrid bereits fix. Mehr darf ich noch nicht verraten“, sagt Jenner. Zwei bis drei Monate bleibt der Tross jeweils an den Spielorten. Die Vorfreude bei der Ulmerin ist riesig: „Es ist die größte produzierte Zirkusshow der Welt. Diese Entscheidung fühlt sich richtig an.“