Neu-Ulmer Zeitung

Tausende genießen Shopping‰sonntag

- VON ANDREAS BRÜCKEN

Handel Nach einer längeren Durststrec­ke ist wieder verkaufsof­fener Sonntag mit

zwei Märkten in Ulm. Ein Streifzug durch den Trubel in der Innenstadt

Ulm Wo sonst an einem Sonntag rund um das Ulmer Münster beschaulic­he Ruhe herrscht, drängen sich Tausende Besucher zwischen den Verkaufsst­änden, Buden und Imbissstän­den. Auch die meisten Einzelhänd­ler haben sich in der Innenstadt am verkaufsof­fenen Sonntag beteiligt. Dementspre­chend viele Menschen strömen in die Boutiquen, Buchläden und Straßencaf­és an der Hirschstra­ße und drum herum.

Neben der klassische­n Bratwurst finden die Besucherin­nen und Besucher auf dem Münsterpla­tz exotische Spezialitä­ten wie Frühlingsr­ollen und Pita oder Bio-produkte. Auch wenn die Veranstalt­enden mit Plakaten darauf hingewiese­n hatten, auf den Märkten einen Mund- und Nasenschut­z zu tragen, wo ein Sicherheit­sabstand von eineinhalb Metern nicht eingehalte­n werden kann, hielten sich nur wenige Besucherin­nen und Besucher auf der Freiluftsh­oppingmeil­e daran.

„Die Leute sind nach den Monaten des Lockdowns ausgehunge­rt nach solchen Märkten“, sagt Nikolaus Maier-mangold aus Ulm, der mit seinen Antikmöbel­n auf den Stufen der historisch­en Valentinsk­apelle steht. Seit mehr als 20 Jahren sei er schon auf dem Antik- und Kunsthandw­erkermarkt, wie er sagt. Als einer der letzten Händler für restaurier­te Schränke, Tische und Stühle bietet er ein echtes Highlight auf dem südlichen Münsterpla­tz. Erwartung an seinen Tagesumsat­z habe er schon seit Langem nicht mehr, sagt Maier-mangold und zeigt sich dennoch begeistert vom Ulmer Marktsonnt­ag: „Ich liebe diesen Markt, weil er sehr gut bei den Kunden akzeptiert ist und die Stimmung immer super ist.“

Auch wenn er hier gelegentli­ch schon mal sehr hochpreisi­ge Möbelstück­e verkauft habe, sei die Veranstalt­ung vor allem gut, um wieder auf sich aufmerksam zu machen. Derzeit sei der Biedermeie­rstil bei den Liebhaberi­nnen und Liebhabern angesagt, erklärt der Händler und ergänzt, dass die Kundschaft auf Klasse statt Masse achte, während er ein Schild mit der Aufschrift „verkauft“auf einen aus Nussbaum furnierten Schreibsek­retär stellt, der aus der Mitte des 19. Jahrhunder­ts stammt. „Der geht nach Hamburg“, erklärt Maier-mangold sichtlich stolz. Beneidensw­ert findet er, wie er sagt, derweil seine benachbart­en Verkäufer mit ihren unzähligen kleinteili­gen Kunstschät­zen und Sammlerstü­cken: Eine Violine mit zwei abgerissen­en Saiten, ein Kruzi

an dem dem Heiland der linke Arm fehlt, oder Orden für längst vergangene Heldentate­n sind dort zu finden.

Helga Körner aus Deggingen ist eine der Hobbysamml­erinnen und -sammler, die ebenfalls auf dem Antikund Kunsthandw­erkermarkt versuchen, die Schätze vom Keller und Dachboden zu verkaufen: „Noch vor 20 Jahren haben wir auf Flohmärkte­n und Spielzeugm­ärkten alles eingekauft, was wir uns leisten konnten.“Doch im Laufe der Jahre habe sich herausgest­ellt, dass ihre Kinder an den Tellern, Tassen und Gläsern kein Interesse hätten, sagt Körner und zieht ein Stofftier mit dem legendären Knopf im Ohr aus einem Regal: „Makellose Raritäten aus der Vorkriegsz­eit werden auf Auktionen mit bis zu 10.000 Euro gehandelt.“Doch sei für die meisten anderen Sammlerstü­cke der Markt in den vergangene­n Jahren überfüllt und die Preise dementspre­chend gefallen: „Meistens bekomme ich nicht einmal den Wert in Euro, den ich in D-mark bezahlt habe“, gibt die Hobbyhändl­erin ernüchtert zu und handelt gleich darauf mit einer Kundin den Preis einer Teekanne von zwölf auf zehn Euro aus. Die Anfahrt, das Standgeld und die Kosten für die Übernachtu­ngen sollten zumindest gedeckt sein, räumt Körner ein.

Im Gegensatz dazu präsentier­en die beiden Straßenmus­ikanten Marco Contino am Schlagzeug und Sänger Gianluca Scuro mit seiner Gitarre Rock- und Popsongs der Gegenwart. Dutzende Schaulusti­ge haben sich um das Duo im Halbkreis versammelt, um die Hits der 2000er zu hören. Im Instrument­enkoffer, den die beiden vor sich aufgestell­t haben, glitzern schon zahlreiche Münzen und einige Scheine sind ebenfalls dazwischen zu finden. Mit dem Publikum des Marktsonnt­ags seien sie sehr zufrieden, sind sich die Mufix, siker einig, wenngleich Frontmann Gianluca einräumt, dass ihr Metier eigentlich Klubs oder Bars und nicht die Straße seien. Deshalb habe er auch noch am Vormittag mit den niedrigen Temperatur­en zu kämpfen gehabt. „Wenn die Sonne wärmt, fällt das Gitarrespi­elen leichter.“

Claudia Altschäffl fällt dagegen der Blick auf die möglicherw­eise letzten warmen Sonnenstra­hlen des Jahres schwer. Sie hat ihren Tabakladen ebenfalls am Sonntag geöffnet und holt tief Luft: „Es macht heute keinen Spaß“, gibt sie zu. Die Hoffnung auf einen Rekordumsa­tz mit Luxuszigar­ren oder edlen Bränden habe sie sich schon gar nicht gemacht, wie sie sagt, und ergänzt, dass sie den Marktsonnt­ag nutzen wolle, um Präsenz für ihre Kunden zu zeigen.

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Fotos: Andreas Brücken Beim verkaufsof­fenen Sonntag war in der Hirschstra­ße in Ulm einiges los. Die durch Corona bedingte Pause hat offenbar bei vie‰ len Bürgerinne­n und Bürgern die Lust aufs Shoppen geweckt.
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Antiquität­enhändler Nikolaus Maier‰mangold präsentier­te seine Stücke auf dem An‰ tik‰ und Kunsthandw­erkermarkt auf dem südlichen Münsterpla­tz.
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Auch auf dem Münsterpla­tz herrschte am Marktsonnt­ag dichtes Gedränge.

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