Tausende genießen Shoppingsonntag
Handel Nach einer längeren Durststrecke ist wieder verkaufsoffener Sonntag mit
zwei Märkten in Ulm. Ein Streifzug durch den Trubel in der Innenstadt
Ulm Wo sonst an einem Sonntag rund um das Ulmer Münster beschauliche Ruhe herrscht, drängen sich Tausende Besucher zwischen den Verkaufsständen, Buden und Imbissständen. Auch die meisten Einzelhändler haben sich in der Innenstadt am verkaufsoffenen Sonntag beteiligt. Dementsprechend viele Menschen strömen in die Boutiquen, Buchläden und Straßencafés an der Hirschstraße und drum herum.
Neben der klassischen Bratwurst finden die Besucherinnen und Besucher auf dem Münsterplatz exotische Spezialitäten wie Frühlingsrollen und Pita oder Bio-produkte. Auch wenn die Veranstaltenden mit Plakaten darauf hingewiesen hatten, auf den Märkten einen Mund- und Nasenschutz zu tragen, wo ein Sicherheitsabstand von eineinhalb Metern nicht eingehalten werden kann, hielten sich nur wenige Besucherinnen und Besucher auf der Freiluftshoppingmeile daran.
„Die Leute sind nach den Monaten des Lockdowns ausgehungert nach solchen Märkten“, sagt Nikolaus Maier-mangold aus Ulm, der mit seinen Antikmöbeln auf den Stufen der historischen Valentinskapelle steht. Seit mehr als 20 Jahren sei er schon auf dem Antik- und Kunsthandwerkermarkt, wie er sagt. Als einer der letzten Händler für restaurierte Schränke, Tische und Stühle bietet er ein echtes Highlight auf dem südlichen Münsterplatz. Erwartung an seinen Tagesumsatz habe er schon seit Langem nicht mehr, sagt Maier-mangold und zeigt sich dennoch begeistert vom Ulmer Marktsonntag: „Ich liebe diesen Markt, weil er sehr gut bei den Kunden akzeptiert ist und die Stimmung immer super ist.“
Auch wenn er hier gelegentlich schon mal sehr hochpreisige Möbelstücke verkauft habe, sei die Veranstaltung vor allem gut, um wieder auf sich aufmerksam zu machen. Derzeit sei der Biedermeierstil bei den Liebhaberinnen und Liebhabern angesagt, erklärt der Händler und ergänzt, dass die Kundschaft auf Klasse statt Masse achte, während er ein Schild mit der Aufschrift „verkauft“auf einen aus Nussbaum furnierten Schreibsekretär stellt, der aus der Mitte des 19. Jahrhunderts stammt. „Der geht nach Hamburg“, erklärt Maier-mangold sichtlich stolz. Beneidenswert findet er, wie er sagt, derweil seine benachbarten Verkäufer mit ihren unzähligen kleinteiligen Kunstschätzen und Sammlerstücken: Eine Violine mit zwei abgerissenen Saiten, ein Kruzi
an dem dem Heiland der linke Arm fehlt, oder Orden für längst vergangene Heldentaten sind dort zu finden.
Helga Körner aus Deggingen ist eine der Hobbysammlerinnen und -sammler, die ebenfalls auf dem Antikund Kunsthandwerkermarkt versuchen, die Schätze vom Keller und Dachboden zu verkaufen: „Noch vor 20 Jahren haben wir auf Flohmärkten und Spielzeugmärkten alles eingekauft, was wir uns leisten konnten.“Doch im Laufe der Jahre habe sich herausgestellt, dass ihre Kinder an den Tellern, Tassen und Gläsern kein Interesse hätten, sagt Körner und zieht ein Stofftier mit dem legendären Knopf im Ohr aus einem Regal: „Makellose Raritäten aus der Vorkriegszeit werden auf Auktionen mit bis zu 10.000 Euro gehandelt.“Doch sei für die meisten anderen Sammlerstücke der Markt in den vergangenen Jahren überfüllt und die Preise dementsprechend gefallen: „Meistens bekomme ich nicht einmal den Wert in Euro, den ich in D-mark bezahlt habe“, gibt die Hobbyhändlerin ernüchtert zu und handelt gleich darauf mit einer Kundin den Preis einer Teekanne von zwölf auf zehn Euro aus. Die Anfahrt, das Standgeld und die Kosten für die Übernachtungen sollten zumindest gedeckt sein, räumt Körner ein.
Im Gegensatz dazu präsentieren die beiden Straßenmusikanten Marco Contino am Schlagzeug und Sänger Gianluca Scuro mit seiner Gitarre Rock- und Popsongs der Gegenwart. Dutzende Schaulustige haben sich um das Duo im Halbkreis versammelt, um die Hits der 2000er zu hören. Im Instrumentenkoffer, den die beiden vor sich aufgestellt haben, glitzern schon zahlreiche Münzen und einige Scheine sind ebenfalls dazwischen zu finden. Mit dem Publikum des Marktsonntags seien sie sehr zufrieden, sind sich die Mufix, siker einig, wenngleich Frontmann Gianluca einräumt, dass ihr Metier eigentlich Klubs oder Bars und nicht die Straße seien. Deshalb habe er auch noch am Vormittag mit den niedrigen Temperaturen zu kämpfen gehabt. „Wenn die Sonne wärmt, fällt das Gitarrespielen leichter.“
Claudia Altschäffl fällt dagegen der Blick auf die möglicherweise letzten warmen Sonnenstrahlen des Jahres schwer. Sie hat ihren Tabakladen ebenfalls am Sonntag geöffnet und holt tief Luft: „Es macht heute keinen Spaß“, gibt sie zu. Die Hoffnung auf einen Rekordumsatz mit Luxuszigarren oder edlen Bränden habe sie sich schon gar nicht gemacht, wie sie sagt, und ergänzt, dass sie den Marktsonntag nutzen wolle, um Präsenz für ihre Kunden zu zeigen.
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