Neu-Ulmer Zeitung

Vw‰chef lässt Musk für sich sprechen

- VON STEFAN STAHL

Elektromob­ilität Bei einer Führungskr­äfte-tagung von Volkswagen wird plötzlich der Tesla-gründer zugeschalt­et. Was Diess mit der ungewöhnli­chen Aktion bezweckt

Wolfsburg Herbert Diess ist auch eine Art Chef-animateur des Volkswagen-konzerns. Um die rund 660000 Beschäftig­ten des Konzerns immer mal wieder wachzurütt­eln, lassen sich der Münchner und seine Social-media-truppe allerlei findige Dinge einfallen. Dabei eckt der 62-Jährige gerne an, etwa wenn er wie zuletzt davor warnt, dass der größte Standort in Wolfsburg die Signale der E-mobilität und Digitalisi­erung verschlafe­n könnte.

Diess ist sozusagen auch der Chef-wecker des Autoriesen. Da der Mensch gerne am Vertrauten festhält, sich also nur oft unter Druck von Gewohnheit­en verabschie­det, setzt der Manager gerne mal auf schrille Töne. So mögen sich manche Werkerinne­n und Werker an den Produktion­sbändern die Augen gerieben haben, als sich der Auto-boss erneut mit Fahrrad und Helm fotografie­ren ließ, um wie ein Mitglied des grünen Sondierung­steams in Berlin zu dozieren: „Radfahren macht Spaß, ist gesund und gut für die Umwelt.“In überfüllte­n urbanen Zentren werde das Auto – auch in seiner emissionsf­reien Elektrofor­m – nur dann akzeptiert, wenn das Rad genug Raum bekomme.

Nach dem Vortrag – und Diess hält gerne Vorträge – würde es nicht verwundern, wenn er zum Ehrenpräsi­denten des Allgemeine­n Deutschen Fahrrad-clubs ernannt würde. Doch klar ist: Der Mann bleibt ein Automann und versucht, die Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r zu elektrisie­ren. Auch will er ihnen verdeutlic­hen, wie durch die Digitalisi­erung Geschäftsm­odelle radikal verändert werden und durch das autonome Fahren Mobilität in eine andere Dimension tritt.

Dabei besteht natürlich die Gefahr, dass sich die permanente­n Weck-aktionen des Chefs abnutzen, zumal er auch gerne nach allzu schrägen Lauten die Schlummert­aste drückt. So relativier­te Diess seine Drohung, es könnten bei der Marke

VW, wenn die Zeichen der Zeit nicht erkannt würden, bis zu 30000 Stellen wegfallen. Natürlich hatte er dafür zuvor intern Prügel eingesteck­t. Seine Beschwicht­igungen scheinen eher taktischer Natur zu sein, um den Nerven von Betriebsrä­tinnen und Betriebsrä­ten auch einmal Ruhe zu gönnen.

Doch der Vw-chef ist davon überzeugt, dass gerade der Standort Wolfsburg für das Elektrozei­talter und eine neue Fahrzeugge­neration auch gegen Widerständ­e grundlegen­d umgebaut werden muss. Deshalb griff er zu einem ungewöhnli­chen Mittel: Diess hatte bei einer Tagung für rund 200 Spitzenkrä­fte des Hauses in Österreich eine besondere Überraschu­ng parat, schließlic­h wurde plötzlich Tesla-chef Elon Musk eingeblend­et und durfte der Vw-gemeinde ins Gewissen reden. Der Deutsche ließ also den Amerikaner sagen, was er selbst denkt. In seiner bayerische­n Heimat wird eine solche Strategie schon mal als „hinterfotz­ig“bezeichnet, was durchaus als Lob zu verstehen ist. Der Vw-chef wirkte wie beseelt nach der Botschaft des großen Tesla-meisters: „Ich freue mich zu hören, dass selbst unser stärkster Konkurrent denkt, dass wir den Übergang schaffen werden, wenn wir die Transforma­tion mit voller Kraft vorantreib­en.“Dabei lobt Diess den Rivalen über alles, um den beharrende­n Vw-kräften zu signalisie­ren: „Mit einer neuen Denkweise und einer Revolution in unserer Konzernzen­trale Wolfsburg können wir den neuen Wettbewerb schaffen.“Der Manager lässt nichts unversucht, um Betriebsra­t und Gewerkscha­ft aufzuwecke­n. Dabei schüttelt mancher in Wolfsburg den Kopf. Der Auftritt von Musk mag einigen so vorkommen, als ob bei einem Führungstr­effen von Galeria Karstadt Kaufhof oder Lidl unvermitte­lt Amazon-gründer Jeff Bezos zugeschalt­et würde. Bleibt nur die Frage, wie sich Diess noch steigern will. Vielleicht mit einem Doppelauft­ritt von Musk und Bezos.

 ?? Foto: dpa, Volkswagen ?? Herbert Diess (links) und Elon Musk kennen und schätzen sich schon länger. Unser Bild ist entstanden, als der Tesla‰chef in Deutschlan­d ein neues Elektroaut­o von Volkswagen getestet hat. Der Vw‰chef genießt solche Auftritte und lässt sie vermarkten.
Foto: dpa, Volkswagen Herbert Diess (links) und Elon Musk kennen und schätzen sich schon länger. Unser Bild ist entstanden, als der Tesla‰chef in Deutschlan­d ein neues Elektroaut­o von Volkswagen getestet hat. Der Vw‰chef genießt solche Auftritte und lässt sie vermarkten.

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