Neu-Ulmer Zeitung

3G, 2G oder 3G plus – was gilt im Landkreis?

- VON VERONIKA LINTNER

Pandemie Vom Theater bis zur Gaststätte: Viele Einrichtun­gen, Veranstalt­er und Veranstalt­erinnen können statt geimpft, getestet, genesen (bekannt als 3G) nun auf 2G oder 3G plus umsteigen. Wie die Lage in der Region ist

Neu‰ulm Museen und Cafés, Theater und Musikschul­en, Veranstalt­er und Veranstalt­erinnen von Konzerten, Vorträgen, Tagungen – sie alle stehen jetzt vor einer neuen Wahl. Seit dem 6. Oktober können sie für ihre Einrichtun­gen oder Veranstalt­ungen im Landkreis Neu-ulm, für die bisher 3G (Zugang nur für Geimpfte, Genesene, Getestete) galt, ein anderes Regelmodel­l wählen. Sie können freiwillig auf 2G (dann sind Getestete ausgeschlo­ssen) oder 3G plus (Getestete nur mit PCR-TEST) zurückgrei­fen. Das hat das Landratsam­t bekannt gegeben. 2G oder 3G plus bietet Besucherin­nen und Besuchern Erleichter­ungen: Die Maskenpfli­cht entfällt, Mindestabs­tand wird nicht mehr verlangt. Doch wie gut kommt diese Wahlmöglic­hkeit an? Wie ungerecht ist sie gegenüber Ungeimpfte­n?

Wer jetzt 2G oder 3G plus umsetzen möchte, muss zuerst das Land‰ ratsamt Neu‰ulm darüber informiere­n. Bisher (Stand Freitag, 15. Oktober) seien Anfragen aus verschiede­nen Bereichen eingegange­n, berichtet das Landratsam­t. Eine Bildungsei­nrichtung und ein touristisc­her Veranstalt­er möchten ihr Corona-konzept wechseln, auch zwei Gaststätte­n und eine Sportstätt­e.

Doch die meisten Anfragen betreffen Veranstalt­ungen: Achtmal ging die Anfrage ein, bei Events und Treffen vom 3G-konzept auf eine andere Variante umzusteige­n. „Bisher ist die Nachfrage im Vereinsund Kulturbere­ich sowie für Zusammenkü­nfte wie Seniorenna­chmittage am größten“, erklärt das Landratsam­t und ordnet ein: „Die 2G- oder 3G-plus-konzepte sind sowohl für Großverans­taltungen als auch Veranstalt­ungen im kleineren Rahmen interessan­t.“Ohne Maske und Abstände tanzen, die volle Bestuhlung eines Saals nutzen, das ist bei diesen Modellen erlaubt. Voraussetz­ung ist eine Zugangskon­trolle mit Identifizi­erung, Impfstatus­und Testkontro­lle – und dafür sind Veranstalt­er und Veranstalt­erinnen selbst zuständig.

Das Eventprogr­amm in der Ratio‰ pharm‰arena lag seit Pandemiebe­ginn auf Eis. Erst am 7. Oktober startete das Show- und Kulturange­bot in der Neu-ulmer Halle wieder. Da scherzte die Komikerin Hazel Brugger vor gut 1000 Besuchern, unter 3G-bedingunge­n. Richard King leitet die Öffentlich­keitsarbei­t Arena, er stellt fest: „Ja, die Menschen haben wieder Lust auf große Kultur.“Da große Shows einen langen Vorlauf für die Planung brauchen, finden jetzt zwar noch nicht sofort die ganz großen Events statt. „Ab Januar sind wir dann aber wieder nah an der Normalität“, schätzt King.

Normalität? Planungssi­cherheit? Das alles fehlt aus seiner Sicht immer noch, 3G plus hin, 2G her. „Die aktuelle Rechtslage bietet natürlich nur eine Scheinsich­erheit, da sich die Politik die Möglichkei­t, wieder zu verschärfe­n, immer offenlässt.“Er fügt an: „Aktuell gehen wir zwar nicht von einer Verschärfu­ng aus, die Gäste sind aber, wenn es darum geht, Tickets zu kaufen, noch zögerlich.“

3G, 2G, 3G plus – laut King löst die Vielfalt an Optionen Verwirrung bei den Gästen aus, wenn sich die Regeln von Ort zu Ort unterschei­den, von Bundesland zu Bundesland. „Dieser Flickentep­pich war schon immer ein Problem und ist es noch immer, da Bayern gerne andere Wege geht“, sagt King. „Die Nähe zu Baden-württember­g macht es uns im Alltag natürlich weil Besucher oft nicht wissen, was jetzt wo gilt.“

Dennoch: Richard King steht im Austausch mit den großen Veranstalt­ern und er schätzt, dass 2G oder 3G plus attraktive Varianten für Großevents sind: „Selbstvers­tändlich besteht Interesse an solchen Modellen“, da sie Erleichter­ungen bieten: Alkoholver­kauf, unbegrenzt­e Besucherza­hl, die Maskenpfli­cht fällt. „Wir überlassen es aber grundsätzl­ich dem Veranstalt­er, welches Modell er fahren möchte.“

Verschiede­ne Vorgaben in einzelnen Regionen, das verkompliz­iert laut King auch die Tourneepla­nung von Künstlern und Künstlerin­nen. Nena hat ihre Tour 2021 ersatzlos abgesagt, auch ihr Konzert in der Ratiopharm-arena – allerdings steht sie auch scharf in der Kritik, wegen ihrer ablehnende­n Haltung gegenüber Corona-maßnahmen. Bands wie Die Ärzte, die in der Pandemie für Vorsicht werben, haben ihre Tour jedoch auch gestrichen, wegen Planungsun­sicherheit. Doch viele Absagen schneien bei King gerade nicht herein: „Aktuell ist Nena bei uns tatsächlic­h die Ausnahme.“

3G plus, 2G, das klingt für mander che verlockend – für andere weniger. Heinz Koch und Claudia Riese leiten das kleine Theater Neu‰ulm, sie erklären ihren Standpunkt in dieser Frage: „Theater muss für alle Interessie­rten zugänglich sein! Deshalb behalten wir die reduzierte Platzzahl bei und setzen das Publikum ‚auf Abstand‘.“

Die Leiter des kleinen, privaten Theaters beim Petrusplat­z erklären: „Es kommen seit dem Saisonstar­t bis auf ganz, ganz wenige Ausnahmen praktisch nur vollständi­g Geimpfte ins Theater, die aber doch sehr froh sind, dass wir nun nicht alle wieder dicht bei dicht platzieren.“Heinz Koch blickt voraus: „Wenn wir spüren, dass unsere Vorsicht nicht mehr verlangt wird, werden wir freudig wieder die Chance nutzen und alle Plätze im Theater freigeben.“

Als Leiter des Neu-ulmer Dezer‰ nats für Bildung, Kultur, Sport und Soziales muss sich Ralph Seiffert mit der Frage nach den „Gs“befassen. Seiffert gibt eine erste Einschätzu­ng ab: „Im Veranstalt­ungsbereic­h wird es wohl tendenziel­l Richtung 3G gehen.“Zugang für Geimpfte, Genesene und Getestete bliebe damit akschwer, tuell Standard in den meisten Bereichen.

Doch es gibt Ausnahmen. Sprach- und Computerku­rse, Filmabende, Vorträge, das bietet der Ge‰ nerationen­treff Ulm/neu‰ulm an. Das Programm richtet sich an alle Altersstuf­en, vor allem aber an älteres Publikum. Der Verein will deshalb laut Seiffert 2G einführen. „Dort ist der Anteil der vulnerable­n Gruppen auch relativ hoch“, erklärt er, mit Blick auf das im Alter steigende Corona-risiko. Auf beiden Seiten der Donau führt der Treff 2G ein – also auch in seinen Ulmer Häusern.

Seiffert bezweifelt, dass viele Veranstalt­er und Einrichtun­gen die Option 3G plus, mit Pflicht zum teureren PCR-TEST, nutzen möchten.

Im Kulturamt Vöhringen haben sich die Verantwort­lichen allerdings für diese Variante entschiede­n. Am Samstag fand der Auftakt des Kulturabos mit 3G plus statt. Diese Regel gilt aktuell auch für alle Clubs und Discos in Bayern. Was dagegen städtische Einrichtun­gen wie zum Beispiel das Edwin-scharff-museum betrifft, sei noch keine Entscheidu­ng gefallen.

 ?? Foto: S. Puchner, dpa (Symbolbild) ?? Geimpft, getestet, genesen – oder doch nur 2G? Für viele Branchen bleibt das eine Frage zwischen Freiheit, Sicherheit und Gerechtigk­eit.
Foto: S. Puchner, dpa (Symbolbild) Geimpft, getestet, genesen – oder doch nur 2G? Für viele Branchen bleibt das eine Frage zwischen Freiheit, Sicherheit und Gerechtigk­eit.
 ?? ?? MONTAG, 18. OKTOBER 2021
MONTAG, 18. OKTOBER 2021

Newspapers in German

Newspapers from Germany