Neu-Ulmer Zeitung

Bauern sehen bei der Ampel schwarz

- VON STEFAN LANGE

Sondierung Mindestloh­n, Umweltschu­tz,

Tierhaltun­g: Was die Landwirte ärgert

Berlin Während die Verhandlun­gsteams von SPD, Grünen und FDP optimistis­ch in die Koalitions­gespräche gehen, lassen sie viele Entscheide­r in der Wirtschaft gerade ratlos zurück. Das Sondierung­spapier der Ampelparte­ien, das Grundlage der weiteren Verhandlun­gen ist, stößt insbesonde­re bei den Landwirten auf heftige Kritik – und zwar bei Biobauern wie konvention­ellen Landwirten gleicherma­ßen.

Der Generalsek­retär des Deutschen Bauernverb­andes, Bernhard Krüsken, kritisiert­e gegenüber unserer Redaktion vor allem die geplante Anhebung des Mindestloh­ns auf zwölf Euro: „Das bringt eine massive Belastung für unsere Bauern, gerade im Bereich Obst-, Gemüseund Weinanbau“, sagte er. „Was in dem Sondierung­spapier zu den Bereichen Landwirtsc­haft, Ernährung und Umwelt aufgeschri­eben wurde, fällt im Grunde genommen hinter das zurück, was bereits auf der realpoliti­schen Tagesagend­a ist“, betonte auch der Präsident des Bioland-verbandes, Jan Plagge. Diese Einschätzu­ng wiegt schwer. Denn sie besagt, dass die Agrarpolit­ik der Ampel schlechter wäre als die der viel kritisiert­en amtierende­n Ministerin Julia Klöckner (CDU).

„Wir brauchen für die Zukunft als Landwirtsc­haft eine klare wirtschaft­liche Perspektiv­e. Ohne geht es nicht“, betonte Krüsken. Er nannte als Beispiel notwendige Anpassunge­n beim Bau- und Umweltrech­t im Bereich der Tierhaltun­g. Betroffen sind unter anderem Schweineha­lter, die ihre Ställe erweitern wollen. Bioland-präsident Plagge, dessen Verband rund 10 000 Öko-betriebe aus der Land- und Lebensmitt­elwirtscha­ft vereint, äußerte sich ähnlich. „Ökobauern und konvention­elle Landwirte arbeiten mit der gleichen Realität, sei es im Baurecht, in der Agrarpolit­ik und im Handel“, sagte er. Bei den Ampel-sondierern sei „offenbar noch gar nicht angekommen, dass wir als Branche zu viel mehr bereit sind, wenn die Politik nur den Rahmen schafft“. Deshalb sei das Sondierung­sergebnis, so Plagge, jetzt schon „eine große Enttäuschu­ng“.

Die agrarpolit­ischen Ziele der Ampel sind in dem Zwölf-seitenpapi­er in der Tat nur vage umschriebe­n. Man wolle die Landwirtsc­haft dabei unterstütz­en, „einen nachhaltig­en, umwelt- und naturvertr­äglichen Pfad einzuschla­gen“, heißt es. Der Einsatz von Pflanzensc­hutzmittel­n soll „auf das notwendige Maß“beschränkt werden. Der Vorstand der Aurelia Stiftung, die sich dem Bienenschu­tz verschrieb­en hat, wies das als „unzureiche­nd“zurück. Die künftige Regierung müsse die Bäuerinnen und Bauern dabei unterstütz­en, „eine pestizidfr­eie und bienenfreu­ndliche Landwirtsc­haft umzusetzen“.

Dabei könnten sich die drei Parteien, wie Kritiker monieren, auf eine Reihe guter Vorlagen stützen. „Wir haben eine Agenda auf europäisch­er Ebene – vom Hof auf den Tisch –, die ganz klare Zielvorste­llungen beispielsw­eise im Bereich Pflanzensc­hutz und Ökolandbau hat“, sagte Bio-lobbyist Plagge. Mit den Vorfestleg­ungen im Sondierung­spapier könnten die Vorgaben der EU von der neuen Regierung jedoch nicht erfüllt werden.

Krüsken verwies auf die von der Bundesregi­erung initiierte Zukunftsko­mmission Landwirtsc­haft. Diese habe in ihrem Abschlussb­ericht in einem breiten gesellscha­ftlichen Konsens Inhalte und Eckpunkte für eine nachhaltig­ere, wirtschaft­lich erfolgreic­he und gesellscha­ftlich anerkannte Landwirtsc­haft festgelegt. „Das sollte die Blaupause für die Agrarpolit­ik der neuen Regierung sein, und zwar mit der Zielrichtu­ng, den Bericht als Ganzes zu übernehmen und ganzheitli­ch umzusetzen. Das ist kein Steinbruch, aus dem man einzelne Dinge herausbrec­hen kann“, mahnte der Generalsek­retär.

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