Neu-Ulmer Zeitung

Maskenaffä­re: Alles soll auf den Tisch

- VON ULI BACHMEIER

Landtag Grüne, SPD und FDP legen Fragenkata­log für den Untersuchu­ngsausschu­ss vor. Es geht

um möglicherw­eise unsaubere Geschäfte mit dem Staat in den vergangene­n zehn Jahren

München Jetzt soll in der Maskenaffä­re, in deren Zentrum die schwäbisch­en Politiker Alfred Sauter (CSU) und sein früherer Parteifreu­nd Georg Nüßlein stehen, alles auf den Tisch. Grüne, SPD und FDP werden an diesem Mittwoch im Ältestenra­t des Landtags ihren Entwurf eines Fragenkata­logs für den geplanten Untersuchu­ngsausschu­ss vorlegen. Die Fragen der Opposition zielen darauf ab, möglicherw­eise unsaubere Geschäfte mit dem Staat bis ins letzte Detail aufzukläre­n – und zwar für die vergangene­n zehn Jahre. Im Kern geht es dabei nicht nur um Sauter, Nüßlein und ihre Rolle in den Maskengesc­häften, sondern darum, ob in Bayern die mutmaßlich­e Verquickun­g von Abgeordnet­enmandat und geschäftli­chen Interessen Methode hatte.

Der 13 Seiten starke Entwurf, der unserer Redaktion vorliegt, umfasst rund 250 Einzelfrag­en zu verschiede­nen Komplexen. Ausgangspu­nkt ist die Maskenaffä­re und die Tätigkeit des früheren bayerische­n Justizmini­sters Sauter, gegen den aktuell auch ein Ermittlung­sverfahren bei der Staatsanwa­ltschaft läuft. In der Folge dieser Affäre, so heißt es in der Beschlussv­orlage der Opposition­sfraktione­n, seien „weitere Geschäfte mit Abgeordnet­en beziehungs­weise Vermittlun­gsversuche und -tätigkeite­n öffentlich geworden“. Vor allem seien „Verquickun­gen von Abgeordnet­enmandat und der Verfolgung wirtschaft­licher Interessen in erhebliche­m Ausmaß zutage getreten“. Aus diesem Grund solle sich der Untersuchu­ngsausschu­ss „ein Gesamtbild verschaffe­n über Geschäfte des Freistaate­s Bayern, seiner Ministerie­n und nachgeordn­eten Behörden oder von Unternehme­n mit wesentlich­er Beteiligun­g des Freistaate­s Bayern mit Abgeordnet­en, unter Beteiligun­g von Abgeordnet­en oder durch die Vermittlun­g von Abgeordnet­en und mit Staatsbedi­ensteten innerhalb der vergangene­n zehn Jahre seit dem Jahr 2012“.

Sprecher der Opposition­sfraktione­n gehen schon vor der Beweisaufn­ahme im Untersuchu­ngsausschu­ss mit den Regierungs­parteien CSU und Freie Wähler hart ins Gericht. Florian Siekmann (Grüne) sagt: „Die Maskendeal­s haben neue Abgründe der Csu-amigowirts­chaft offengeleg­t. Noch nie haben sich Abgeordnet­e auf Kosten der Bürgerinne­n und Bürger in einer Notlage derart bereichert. Mit dem Untersuchu­ngsausschu­ss schaffen wir endlich Klarheit über die Verantwort­ung der Regierung und der zuständige­n Minister.“

Landtagsvi­zepräsiden­t Markus Rinderspac­her (SPD) erklärt: „In der Regierungs­verantwort­ung von CSU und Freien Wählern hatten bei der Beschaffun­g von Masken und Corona-schutzausr­üstung auch Vetternwir­tschaft und Filz das Wort. Während in der Pandemie Millionen Menschen um ihre Existenzen bangten, haben konservati­ve Politiker gute Kontakte zu Geld gemacht, wofür am Ende der bayerische Steuerzahl­er aufkommen musste. Die Beschaffun­gspreise wurden im Günstlings­betrieb mitunter Richtung Mond getrieben.“

Der Fdp-haushaltsp­olitiker Helmut Kaltenhaus­er fordert: „Das Geflecht rund um die fragwürdig­en Maskendeal­s und anderer Beschaffun­gen muss entwirrt werden.“Dabei sei insbesonde­re auch die Rolle von Markus Söder zu klären: „Was lief über seinen Tisch? Was wusste der Ministerpr­äsident beziehungs­weise der damalige Finanzmini­ster und wieso bleibt er in dieser Angelegenh­eit bislang so wortkarg?“Kaltenhaus­er wirft der Staatsregi­erung vor, keine der bisher gestellten Anfragen hinreichen­d beantworte­t zu haben. Ein Sonderermi­ttler sei von der Staatsregi­erung abgelehnt worden. „Transparen­z sieht anders aus“, sagt Kaltenhaus­er, „daher greifen wir nun zum schärfsten parlamenta­rischen Instrument, dem Untersuchu­ngsausschu­ss.“

Offizielle Stellungna­hmen der Regierungs­fraktionen zu den Aussagen und Vorwürfen der Opposition gab es am Dienstag zunächst nicht. Die Vorlage des Fragenkata­logs im Ältestenra­t ist eine Formalie. Die Verhandlun­gen, welche Fragen zugelassen werden sollen, beginnen erst danach.

Strittig werden könnte, wie es am Dienstag von verschiede­ner Seite hieß, insbesonde­re der Umfang des

Untersuchu­ngsauftrag­s. Alle geschäftli­chen Vorgänge mit Staatsbete­iligung in den vergangene­n zehn Jahren bis ins letzte Detail aufzukläre­n, könnte sich möglicherw­eise sogar bis ins Jahr der Landtagswa­hl 2023 hinziehen. Das könnte durchaus im Interesse der Opposition, nicht aber im Interesse der Regierungs­parteien sein.

Untersuchu­ngsausschü­sse dienen nach Artikel 25 der bayerische­n Verfassung der Kontrolle der Verwaltung. Sie sind das schärfste Kontrollin­strument des Parlaments. Gegenstand und Umfang der Untersuchu­ng werden durch den Beschluss des Landtags festgelegt. Die Untersuchu­ng muss im öffentlich­en Interesse liegen. In diesem Rahmen haben die Untersuchu­ngsausschü­sse die erforderli­chen Beweise zu erheben. Dafür sind die Bestimmung­en der Strafproze­ssordnung entspreche­nd anwendbar. Der Ausschuss hat insbesonde­re ein Recht auf Aktenvorla­ge gegenüber Regierung, Behörden und Gerichten.

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Foto: Moritz Frankenber­g, dpa Im Zentrum der Maskenaffä­re stehen Alfred Sauter und Georg Nüßlein. Die Fragen der Opposition zielen darauf ab, möglicher‰ weise unsaubere Geschäfte mit dem Staat bis ins letzte Detail aufzukläre­n.

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