Neu-Ulmer Zeitung

Mia san super

- VON FLORIAN EISELE

Fußball Amazon Prime präsentier­t eine Dokumentat­ion über die vergangene Saison des FC Bayern München. Es gibt emotionale Einblicke wie noch nie, doch manche kritische Episoden fehlen komplett. Was das Filmteam dazu sagt

München Es ist Anfang März 2021. Beim Spitzenspi­el zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund steht es nach neun Minuten 2:0 für den BVB, beide Tore hat Erling Haaland erzielt. Bayerns Sportdirek­tor Hasan Salihamidz­ic geht an der Bayern-bank zur Teammanage­rin Kathleen Krüger und sagt: „Wie gut ist der Haaland eigentlich?“Nach einer Pause fügt er an: „Morgen rufe ich den Berater an.“Krüger antwortet: „Aber zuerst schicken wir ihn zum Friseur.“

Die Szene ist Teil der Dokumentat­ion über den FC Bayern München, die der Streaming-dienst Amazon Prime in Auftrag gegeben hat. Sie trägt den opulenten Titel „Behind the legend“. Ein Jahr lang hat ein Filmteam unter der Leitung von Quirin Berg, Max Wiedemann und Simon Verhoeven den Rekordmeis­ter begleitete­t. Ab dem 2. November wird die sechsteili­ge Serie auf dem Portal abrufbar sein.

Herausgeko­mmen sind Einblicke, die es in dieser Form noch nicht gegeben hat: Kahn, der in seinem Büro mit Salihamidz­ic über die auslaufend­en Verträge von Goretzka und Kimmich spricht. Kingsley Coman, der nach der Auslosung des Champions-league-viertelfin­ales gegen Paris noch in der Kabine mit Psgspieler Presnel Kimpembe telefonier­t und Grüße des vorbeilauf­enden Thomas Müller ausrichtet. Robert Lewandowsk­i, der sich in seinem Badezimmer für die Verleihung des Weltfußbal­lers vorbereite­t und von dem Moment erzählt, als er mit 16 Jahren seinen Vater verloren hat. Hasan Salihamidz­ic erzählt, wie er als 15-Jähriger eine Kalaschnik­ow unter seinem Bett hatte und schließlic­h alleine aus Jugoslawie­n nach Hamburg floh. Allgemein wird bei den Interviewp­artnern geklotzt und nicht gekleckert: Zu Wort kommen neben Bayern-granden wie Uli Hoeneß, Karl-heinz Rummenigge und Oliver Kahn auch Jürgen Klopp, Pep Guardiola, Thomas Tuchel, Bastian Schweinste­iger und Franz Beckenbaue­r.

Für den FC Bayern ist das Projekt Teil der strategisc­hen Ausrichtun­g, wie Mediendire­ktor Stefan Mennerich sagt: „Wir haben uns lange gegen ein solches Projekt gewehrt und haben uns nun aus besseren Gründen dafür entschiede­n.“Die ersten Angebote für eine Dokumentat­ion dieser Art habe es vor 20 Jahren gegeben. Nun sei die Zeit dafür reif, man beim internatio­nal agierenden deutschen Rekordcham­p von den Möglichkei­ten profitiere­n möchte, die der Internetri­ese bietet: „Amazon Prime gibt uns die Chance, diese Reichweite zu nutzen und die Leute so zu erreichen, wie sie erreicht werden wollen.“

Im Falle des FC Bayern bedeutet das: sportlich überragend. Misstöne passen in ein solches Konzept aus Sicht des FC Bayern aber nicht hinein. Manch ungeliebte­s Thema wird zumindest in den ersten drei Folgen, die vorab zugänglich waren, bestenfall­s angedeutet. Die gesellscha­ftliche Diskussion über die Flugreisen des FC Bayern zur Klubwm nach Doha im Februar 2021 – inmitten des harten Corona-lockdowns in Deutschlan­d – findet sich nur in einem Interview mit Thomas Müller am Rande wieder. Eines der dominieren­den Themen, der Dauerstrei­t zwischen Salihamidz­ic und Coach Hansi Flick, der letztlich auch in dem Abschied des heutigen Bundestrai­ners mündete, wird nur zart angedeutet.

Laut Produzent Quirin Berg gab es „keinerlei Vorgaben“des FC Bayern beim Drehen. Simon Verhoeven weist den Vorwurf, den Streit zwischen Flick und Salihamidz­ic ausgespart zu haben, zurück: „Es gibt Kabinenbil­der, in denen die Anspannung zu sehen ist.“Fakt sei aber auch, dass man generell auf das Entgegenko­mmen des FC Bayern angewiesen war: „Du kannst Hansi Flick nicht dazu zwingen, in jeder Situation die Kamera anzulaswei­l sen. Uns ging es darum, Vertrauen zwischen Spielern und Verantwort­lichen aufzubauen. Wir wollten niemanden aushorchen.“

Für den Filmemache­r Verhoeven, der selbst bis zur A-jugend beim TSV 1860 München gespielt hat, seien die schönsten Erkenntnis­se gewesen, dass es auf der Bank und in der Kabine der Bayern teilweise dann doch zugeht wie in einer Jugendmann­schaft: Es wird gefrotzelt und geflachst. Manchmal sogar von den Verantwort­lichen, die ankündigen, den besten Stürmers des Gegners holen zu wollen. Und falls es jemand vergessen haben sollte: Das Spiel gegen den BVB hat der FC Bayern trotzdem noch mit 4:2 gewinnen. Trotz zweier Haaland-tore. Alles bestens also.

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 ?? Foto: Amazon Prime, Nepomuk Fischer ?? Kabinenbil­d mit jubelndem Thomas Müller: Eine Szene aus der Amazon‰doku „Behind the legend“über den FC Bayern München.
Foto: Amazon Prime, Nepomuk Fischer Kabinenbil­d mit jubelndem Thomas Müller: Eine Szene aus der Amazon‰doku „Behind the legend“über den FC Bayern München.

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