Neu-Ulmer Zeitung

Hilfe auf Knopfdruck

-

Ratgeber Nach einem Unfall kann es um Sekunden gehen: Was hinter E-call und Hersteller-notrufen im Auto steckt

April 2018 müssen neu auf den Markt kommende Fahrzeuge mit dem europaweit funktionie­renden Notrufsyst­em E-call ausgeliefe­rt werden. So hat es die EU bestimmt. Die Idee dahinter: schnellere Hilfe bei Unfällen oder in anderen Notsituati­onen.

„Stellt das Auto einen schweren Unfall fest, etwa über die Airbagsens­oren, löst der E-call selbsttäti­g einen Notruf aus und übermittel­t Fahrzeug- und Standortda­ten an die nächstgele­gene Notrufzent­rale“, erläutert Markus Bach von der „Auto Zeitung“. Über einen Sos-knopf im Cockpit könne der Fahrer in einer Notsituati­on den Notruf auch selbst betätigen. Dann wird ebenfalls sofort eine telefonisc­he Verbindung zur nächsten Notrufzent­rale aufgebaut.

Natürlich braucht all das Extratechn­ik. „Dazu werden vom Hersteller unter anderem eine fest installier­te Sim-karte und ein Gpsmodul für den Satelliten­empfang eingebaut“, erklärt Bach. Wird das E-call-system aktiviert, erfolgt die Einwahl ins Mobilfunkn­etz. Es bestehe also keine dauerhafte Datenverbi­ndung, so Bach.

Steht die Verbindung zur Notrufzent­rale, wird eine Mitarbeite­rin oder ein Mitarbeite­r erst versuchen, mit den Autoinsass­en Kontakt aufzunehme­n. Deshalb gehören auch Mikro und Lautsprech­er zum System. Wird festgestel­lt, dass niemand ansprechba­r ist, schickt die Leitstelle sofort einen Rettungswa­gen los.

Viele Hersteller haben die geschilder­te technische Basis auch schon in ihre Entertainm­entsysteme und bieten darüber etwa auch Pannen-, Navigation­s- oder eben eigene Notrufdien­ste an. Hier kommt es dem ADAC zufolge dann aber mitunter auch zu Problemen.

„Wir haben bei einer Abfrage festgestel­lt, dass einige deutsche Autoherste­ller zusätzlich zum vorgeschri­ebenen 112-E-call eigene Notrufe anbieten, die an ihre eigenen Callcenter gehen“, sagt Arnulf Thiemel vom ADAC. „Tests haben gezeigt, dass es bis zu einer Minute dauert, bis solche Anrufe überhaupt angenommen werden. Und dann muss der Hersteller die Unfall-infos erst an eine Rettungsst­elle weiterreic­hen, denn nur die schickt Rettungswa­gen und Notarzt los.“

Dies sei für die Rettungskr­äfte wertvolle Zeit, die verloren gehe, so Thiemel weiter. Aber warum gibt es bei Audi, BMW, Mercedes und Volseit

sowie bei einigen Vw-modellen eigene Notruf-systeme? Die Hersteller führten die Ansprache des Unfallopfe­rs in der Mutterspra­che auch im Ausland, den Empfang in mehr Mobilfunkn­etzen sowie geverbaut

● Bereits seit 2016 gibt es eine Art mobilen E‰call, den der Gesamtver‰ band der Deutschen Versicheru­ngs‰ wirtschaft (GDV) unter dem Namen Unfallmeld­edienst (UMD) auf den Markt gebracht hat und über die Au‰ toversiche­rungen vertreibt. „Hierbei handelt es sich um einen 12‰Volt‰ Stecker mit Sensor, der dann über eine App mit dem Smartphone gekoppelt wird“, erklärt ein Gdv‰sprecher.

● Ein Notruf über dieses System lan‰ nauere Informatio­nen zum Unfallherg­ang als Argumente an, sagt Thiemel.

Auf der anderen Seite gebe es aber Berichte von Rettungsle­itstellen, die beklagen, dass die Notrufvo det bei der Gdv‰dienstleis­tungs‰ Tochter (GDV‰DL), die auch den Zen‰ tralruf der Versichere­r und die Not‰ rufsäulen entlang der Autobahnen be‰ treut.

● Diese E‰call‰nachrüstlö­sung kann ausschließ­lich als Zusatzopti­on über eine Versicheru­ng bezogen werden. Wer diese Variante wählt, kann sei‰ nen Notruf auch über das 4G‰netz (LTE) oder sogar über das neue 5G‰netz absetzen. (dpa) zentralen der Hersteller mitunter gar nicht 24 Stunden erreichbar seien oder falsche Unfall-koordinate­n übermittel­ten, sagt Thiemel. Zudem gebe es Hersteller-notrufdien­ste, die nur für einige Jahre kostenfrei seien und dann kostenpfli­chtig würden. Beim E-call gebe es dieses Problem nicht.

Damit Notruf-eindeutigk­eit herrscht und erst gar nicht die Gefahr besteht, dass ein Notruf verzögert oder gar nicht vermittelt wird, sollte der 112-E-call ohne Umwege an die öffentlich­en Leitstelle­n gesendet werden, sagt Thiemel. „Diese direkte Verbindung sollte auch werksseiti­g bei der Fahrzeugau­slieferung voreingest­ellt sein.“

Autofahrer­innen und Autofahrer wissen in der Regel nicht, wie ihre Notrufe zur Notrufzent­rale gelangen und verboten ist die Umleitung über den Hersteller auch nicht. „Wir kritisiere­n aber, dass der Autofahrer in den meisten Fällen dann gar nicht ohne Weiteres die Möglichkei­t hat, den 112-E-call selbst als Grundeinst­ellung einzustell­en“, sagt Thiemel.

Bei Audi, BMW und Mercedes beispielsw­eise müssten die Kunden extra in die Werkstatt fahren, um auf den reinen 112-E-call umzustelle­n, erklärt Thiemel. Laut ADAC leiten vor allem deutsche Autoherste­ller die Notrufe über ihre eigenen Pannenleit­stellen um. Die meisten anderen europäisch­en oder auch die asiatische­n Autofirmen hingegen hätten immer den 112-E-call voreingest­ellt, der übrigens auch nie deaktivier­t werden könnte.

Claudius Lüder, dpa

Der Notfall‰service der Versichere­r

 ?? Foto: dpa ?? SOS im Auto: Die Notruftast­e für den E‰call findet sich entweder am Dachhimmel oder in der Mittelkons­ole.
Foto: dpa SOS im Auto: Die Notruftast­e für den E‰call findet sich entweder am Dachhimmel oder in der Mittelkons­ole.

Newspapers in German

Newspapers from Germany