Tödlicher Unfall: Warum der Gafferschutz so wichtig war
Tragödie Zum zweiten Mal hat die Neu-ulmer Feuerwehr die auffällige, aufblasbare Schutzwand benutzt
Neuulm–gerlenhofen Das auffälligste Gerät der Neu-ulmer Feuerwehr beim tödlichen Unfall am Montagnachmittag, bei dem am Gerlenhofer Bahnübergang eine 90 Jahre alte Frau ums Leben kam, war eine Sichtschutzwand. Marco Binder war an der Anschaffung beteiligt und erklärt, warum man auch in Neu-ulm solch eine Wand braucht. Die war am Montag sogar ausgesprochen notwendig, da trieb es eine Gafferin besonders dreist.
Die 20 Meter lange Sichtschutzwand wurde um einen Teil des Bahnüberganges im Stadtteil Gerlenhofen herum aufgebaut, um Passanten vor dem Blick auf die Unfallstelle zu schützen. Nach den bisherigen Ermittlungen hatte eine 90 Jahre alte Frau, die mit dem Rollator den Übergang benutzen wollte, das Signallicht übersehen, das vor einem herannahenden Zug warnte. Die 22 Jahre alte Führerin des Regionalexpress
versuchte noch eine Notbremsung, doch sie konnte den Zusammenstoß nicht mehr verhindern. Die alte Frau starb noch an der Unfallstelle.
Für Marco Binder, der stellvertretender Fachbereichsleiter Technik bei der Feuerwehr Neu-ulm ist und gemeinsam mit Kollegen mehrere verschiedene Sichtschutzwände getestet hat, ist solch eine aufblasbare Vorrichtung gerade in dicht besiedelten Gebieten wichtig. Anwohnern, die nach Hause kommen oder nur aus dem Fenster blicken, bleibt so der unerwartete Blick auf Unfallopfer erspart. Daneben gibt es auch die Gaffer, die unüberlegt Videos erstellen und diese dann online verbreiten.
Eine solche Gafferin fiel am Montag unangenehm auf. Die junge Frau wurde an einem Feldweg südlich von Gerlenhofen in Sichtweite des unfallbeteiligten Zuges von Feuerwehrleuten weggeschickt. Das ignorierte sie und wollte offenbar den
Zug filmen oder fotografieren. Als eine Polizistin sie dann aufforderte, die Gegend zu verlassen, rannte die Gafferin plötzlich los. Die Polizistin war deutlich sportlicher und holte sie ein. Unter persönlicher Begleitung ging es dann für die Gafferin weg vom Zug und die Aufnahmen waren verhindert.
Bisher hat die Feuerwehr Neuulm ein faltbares Zelt verwendet, wenn Unfallopfer vor Blicken geschützt werden mussten. Am Bahnübergang
war das mit einem Zelt nicht möglich, da er ein starkes Gefälle hat und die Andreaskreuze im Weg standen. Daher wurde am Montag zum zweiten Mal seit der Anschaffung im Frühjahr die Sichtschutzwand benützt. Mit einem Gebläse wird die aufgerollt transportierte Wand in wenigen Augenblicken über zwei Meter hoch aufgeblasen und kann mit ihren 20 Metern Länge auch im Gefälle oder im Bogen aufgebaut werden.
Hinter der Wand konnte der Notarzt ungestört seiner Arbeit nachgehen und auch die Kriminalpolizei konnte ihre Ermittlungen durchführen, bevor der Bestatter nach gut zwei Stunden die Verstorbene mitnehmen konnte. Auch beim ersten Einsatz Anfang September in der Nähe von Steinheim war ein tödlicher Unfall vorausgegangen. Die Straßensperrung und die Einsatzfahrzeuge hatten neugierige Bewohnerinnen und Bewohner angelockt, die Sichtschutzwand konnte verhindern, dass die Angehörigen des Unfallopfers aus den sozialen Medien vom Unfalltod erfahren anstelle einer geordneten Benachrichtigung durch geschulte Polizistinnen und Polizisten sowie Notfallnachsorgeteams.
Bei dem Unfall in Gerlenhofen leisteten zwei Radfahrer Erste Hilfe. Die Polizeiinspektion Neu-ulm bittet nun die beiden, sich unter der Telefonnummer 0731/8013-0 zu melden.