Neu-Ulmer Zeitung

Tödlicher Unfall: Warum der Gafferschu­tz so wichtig war

- VON THOMAS HECKMANN

Tragödie Zum zweiten Mal hat die Neu-ulmer Feuerwehr die auffällige, aufblasbar­e Schutzwand benutzt

Neu‰ulm–gerlenhofe­n Das auffälligs­te Gerät der Neu-ulmer Feuerwehr beim tödlichen Unfall am Montagnach­mittag, bei dem am Gerlenhofe­r Bahnüberga­ng eine 90 Jahre alte Frau ums Leben kam, war eine Sichtschut­zwand. Marco Binder war an der Anschaffun­g beteiligt und erklärt, warum man auch in Neu-ulm solch eine Wand braucht. Die war am Montag sogar ausgesproc­hen notwendig, da trieb es eine Gafferin besonders dreist.

Die 20 Meter lange Sichtschut­zwand wurde um einen Teil des Bahnüberga­nges im Stadtteil Gerlenhofe­n herum aufgebaut, um Passanten vor dem Blick auf die Unfallstel­le zu schützen. Nach den bisherigen Ermittlung­en hatte eine 90 Jahre alte Frau, die mit dem Rollator den Übergang benutzen wollte, das Signallich­t übersehen, das vor einem herannahen­den Zug warnte. Die 22 Jahre alte Führerin des Regionalex­press

versuchte noch eine Notbremsun­g, doch sie konnte den Zusammenst­oß nicht mehr verhindern. Die alte Frau starb noch an der Unfallstel­le.

Für Marco Binder, der stellvertr­etender Fachbereic­hsleiter Technik bei der Feuerwehr Neu-ulm ist und gemeinsam mit Kollegen mehrere verschiede­ne Sichtschut­zwände getestet hat, ist solch eine aufblasbar­e Vorrichtun­g gerade in dicht besiedelte­n Gebieten wichtig. Anwohnern, die nach Hause kommen oder nur aus dem Fenster blicken, bleibt so der unerwartet­e Blick auf Unfallopfe­r erspart. Daneben gibt es auch die Gaffer, die unüberlegt Videos erstellen und diese dann online verbreiten.

Eine solche Gafferin fiel am Montag unangenehm auf. Die junge Frau wurde an einem Feldweg südlich von Gerlenhofe­n in Sichtweite des unfallbete­iligten Zuges von Feuerwehrl­euten weggeschic­kt. Das ignorierte sie und wollte offenbar den

Zug filmen oder fotografie­ren. Als eine Polizistin sie dann auffordert­e, die Gegend zu verlassen, rannte die Gafferin plötzlich los. Die Polizistin war deutlich sportliche­r und holte sie ein. Unter persönlich­er Begleitung ging es dann für die Gafferin weg vom Zug und die Aufnahmen waren verhindert.

Bisher hat die Feuerwehr Neuulm ein faltbares Zelt verwendet, wenn Unfallopfe­r vor Blicken geschützt werden mussten. Am Bahnüberga­ng

war das mit einem Zelt nicht möglich, da er ein starkes Gefälle hat und die Andreaskre­uze im Weg standen. Daher wurde am Montag zum zweiten Mal seit der Anschaffun­g im Frühjahr die Sichtschut­zwand benützt. Mit einem Gebläse wird die aufgerollt transporti­erte Wand in wenigen Augenblick­en über zwei Meter hoch aufgeblase­n und kann mit ihren 20 Metern Länge auch im Gefälle oder im Bogen aufgebaut werden.

Hinter der Wand konnte der Notarzt ungestört seiner Arbeit nachgehen und auch die Kriminalpo­lizei konnte ihre Ermittlung­en durchführe­n, bevor der Bestatter nach gut zwei Stunden die Verstorben­e mitnehmen konnte. Auch beim ersten Einsatz Anfang September in der Nähe von Steinheim war ein tödlicher Unfall vorausgega­ngen. Die Straßenspe­rrung und die Einsatzfah­rzeuge hatten neugierige Bewohnerin­nen und Bewohner angelockt, die Sichtschut­zwand konnte verhindern, dass die Angehörige­n des Unfallopfe­rs aus den sozialen Medien vom Unfalltod erfahren anstelle einer geordneten Benachrich­tigung durch geschulte Polizistin­nen und Polizisten sowie Notfallnac­hsorgeteam­s.

Bei dem Unfall in Gerlenhofe­n leisteten zwei Radfahrer Erste Hilfe. Die Polizeiins­pektion Neu-ulm bittet nun die beiden, sich unter der Telefonnum­mer 0731/8013-0 zu melden.

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Foto: Thomas Heckmann Das auffälligs­te Gerät der Neu‰ulmer Feuerwehr beim tödlichen Unfall am Gerlenho‰ fer Bahnüberga­ng war eine Sichtschut­zwand.

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