Junge Bläserphilharmonie Ulm meldet sich zurück
Konzert Eineinhalb Jahre lang mussten sie pausieren. Jetzt spielen die Talente wieder – im Congress-centrum
Ulm Leergefegt: Eineinhalb Jahre lang stand kein Termin mehr im Konzertkalender der Jungen Bläserphilharmonie Ulm. Zumindest kein einziger, der dann tatsächlich über die Bühne gegangen wäre. Doch jetzt haben sich die Musiktalente mit Schwung und Mut zurückgemeldet. Vor sehr gut gefüllten Reihen im Ulmer Congress-centrum präsentierten sie bei ihrem Jahreskonzert Werke, die mit Groove und tänzerischer Laune – und auch mit sinfonischer Fantasie – die Pandemie-sorgen für Momente vergessen ließen. Ein Konzert, das allein schon mit seiner gewieften Stückauswahl überzeugte. Und die Wiedersehensfreude zwischen den jungen Bläsertalenten und dem Publikum war greifbar, vom ersten bis zum letzten Applaus.
Jetzt treten sie wieder ins Scheinwerferlicht: Kleine Menschen mit großen Eufonien und Hörnern, Klarinetten und Oboen in der Hand, manche mit einem Lächeln, viele unter Garantie mit Lampenfieber. Denn den Auftakt nach langer Spielpause macht das Nachwuchsorchester, in dem Talente ab 10 Jahren spielen. Am Taktstock: Bläserphilharmonie-leiter Josef Christ. Hier beginnt die Leichtigkeit des Abends.
„The Winner takes it all“schrieben Benny Anderson und Björn Ulvaeus für ihre legendäre Schwedenband. Glasklar, die beiden „B“von ABBA. Das Song-arrangement, das nun der Jbu-nachwuchs spielt, mag vielleicht schlicht sein, gemessen am Pop-glitter des Originals. Aber auch dieses Genre, mit seiner Pop-gefühligkeit, verlangt Musikalität. Das blitzt bei den Jungmusikern und Musikerinnen schön auf, unter dem Dirigat von Josef Christ.
Einen Ausflug ins All, über den Umweg Hollywood, wagen die Musiker und Musikerinnen mit einem Streifzug durch die Star-wars-filmmusiken – von der Erkennungsmelodie des Bösen mit dem schwarzen
Helm, dem „Imperial March“, bis zur „Cantina Band“. Filmmusik, das ist oft Sinfonik, gemacht für Bewegtbilder, und auf diesem musikalischen Pfad zaubern sich die jungen Musiker dann in eine beherzte Version der „Halle des Bergkönigs“aus Edvard Griegs „Peer Gynt Suite“hinein – mit beachtlichem Crescendo.
2021 ist nicht nur das 60. Jahr der Gründung des JBU – sondern auch das 25. Amtsjahr von Josef Christ als künstlerischer Leiter dieser Orchester. Was er meistern musste, in den vergangenen Monaten: Digitale Online-proben organisieren, mit Einzelregistern auf Abstand arbeiten, vor allem aber die Begeisterung der Talente in der zähen Zeit wachhalten. Erst vor wenigen Tagen sei die erste, gemeinsame Proben im vollen Tutti möglich gewesen.
Daher geht es mit Spannung in Konzerthälfte zwei: Auftritt der Großen. Hier spielen junge Musiker und Musikerinnen von 12 bis 21 Jahren. Zum feierlichen Wiedersehen soll gleich eine Fanfare klingen, nämlich Satoshi Yagisawas „Fanfare – The Benefaction from Sky and Mother Earth“. Vor allem die Blechbläser und Blechbläserinnen lassen ihre Instrumente strahlen, in diesem Stück über Himmel und Erde.
Jan van der Roost zählt zur überschaubaren Riege der Großmeister unter den Bläsersinfonik-komponisten. Das Werk „By the river“des Belgiers fordert dann das Große Orchester sehr, das ist durchaus spürbar, aber gerade deshalb kann hier auch jedes Register glänzen – mit feinen, springenden Wellen und Wogen in den Klarinetten und Trompeten.
Was jetzt folgt, ist pure Lebenslust: Schon in Alfred Reeds konzertanter Dichtung „El Camino Real“wird die Spieltemperatur merklich südlicher. In dieses Stück flicht der Us-amerikaner Flamenco-akkorde aus Spanien – und das Orchester lässt sich auf den Tanz ein. Im schwelgenden, bald köchelnden „Conga del Fuego“von Arturo Marquéz, der in Europa auch dank Gustavo Dudamel und seinem venezolanischen Jugendorchester ein Begriff, ja eine Marke ist, erreicht die Stimmungskurve den Gipfel. Als Krönchen auf diese Einladung zum Tanz setzt Josef Christ dann noch Jazz, unter anderem mit Robert Buckleys „Jitterbug!“. Hier wummern die Tubatiefen, obenauf setzen junge Trompeter mutige Soli, das Schlagwerk groovt voran. Alles in allem ein Abend mit viel Frische, mit Feuer und Vergnügen.