Neu-Ulmer Zeitung

Junge Bläserphil­harmonie Ulm meldet sich zurück

- VON VERONIKA LINTNER

Konzert Eineinhalb Jahre lang mussten sie pausieren. Jetzt spielen die Talente wieder – im Congress-centrum

Ulm Leergefegt: Eineinhalb Jahre lang stand kein Termin mehr im Konzertkal­ender der Jungen Bläserphil­harmonie Ulm. Zumindest kein einziger, der dann tatsächlic­h über die Bühne gegangen wäre. Doch jetzt haben sich die Musiktalen­te mit Schwung und Mut zurückgeme­ldet. Vor sehr gut gefüllten Reihen im Ulmer Congress-centrum präsentier­ten sie bei ihrem Jahreskonz­ert Werke, die mit Groove und tänzerisch­er Laune – und auch mit sinfonisch­er Fantasie – die Pandemie-sorgen für Momente vergessen ließen. Ein Konzert, das allein schon mit seiner gewieften Stückauswa­hl überzeugte. Und die Wiedersehe­nsfreude zwischen den jungen Bläsertale­nten und dem Publikum war greifbar, vom ersten bis zum letzten Applaus.

Jetzt treten sie wieder ins Scheinwerf­erlicht: Kleine Menschen mit großen Eufonien und Hörnern, Klarinette­n und Oboen in der Hand, manche mit einem Lächeln, viele unter Garantie mit Lampenfieb­er. Denn den Auftakt nach langer Spielpause macht das Nachwuchso­rchester, in dem Talente ab 10 Jahren spielen. Am Taktstock: Bläserphil­harmonie-leiter Josef Christ. Hier beginnt die Leichtigke­it des Abends.

„The Winner takes it all“schrieben Benny Anderson und Björn Ulvaeus für ihre legendäre Schwedenba­nd. Glasklar, die beiden „B“von ABBA. Das Song-arrangemen­t, das nun der Jbu-nachwuchs spielt, mag vielleicht schlicht sein, gemessen am Pop-glitter des Originals. Aber auch dieses Genre, mit seiner Pop-gefühligke­it, verlangt Musikalitä­t. Das blitzt bei den Jungmusike­rn und Musikerinn­en schön auf, unter dem Dirigat von Josef Christ.

Einen Ausflug ins All, über den Umweg Hollywood, wagen die Musiker und Musikerinn­en mit einem Streifzug durch die Star-wars-filmmusike­n – von der Erkennungs­melodie des Bösen mit dem schwarzen

Helm, dem „Imperial March“, bis zur „Cantina Band“. Filmmusik, das ist oft Sinfonik, gemacht für Bewegtbild­er, und auf diesem musikalisc­hen Pfad zaubern sich die jungen Musiker dann in eine beherzte Version der „Halle des Bergkönigs“aus Edvard Griegs „Peer Gynt Suite“hinein – mit beachtlich­em Crescendo.

2021 ist nicht nur das 60. Jahr der Gründung des JBU – sondern auch das 25. Amtsjahr von Josef Christ als künstleris­cher Leiter dieser Orchester. Was er meistern musste, in den vergangene­n Monaten: Digitale Online-proben organisier­en, mit Einzelregi­stern auf Abstand arbeiten, vor allem aber die Begeisteru­ng der Talente in der zähen Zeit wachhalten. Erst vor wenigen Tagen sei die erste, gemeinsame Proben im vollen Tutti möglich gewesen.

Daher geht es mit Spannung in Konzerthäl­fte zwei: Auftritt der Großen. Hier spielen junge Musiker und Musikerinn­en von 12 bis 21 Jahren. Zum feierliche­n Wiedersehe­n soll gleich eine Fanfare klingen, nämlich Satoshi Yagisawas „Fanfare – The Benefactio­n from Sky and Mother Earth“. Vor allem die Blechbläse­r und Blechbläse­rinnen lassen ihre Instrument­e strahlen, in diesem Stück über Himmel und Erde.

Jan van der Roost zählt zur überschaub­aren Riege der Großmeiste­r unter den Bläsersinf­onik-komponiste­n. Das Werk „By the river“des Belgiers fordert dann das Große Orchester sehr, das ist durchaus spürbar, aber gerade deshalb kann hier auch jedes Register glänzen – mit feinen, springende­n Wellen und Wogen in den Klarinette­n und Trompeten.

Was jetzt folgt, ist pure Lebenslust: Schon in Alfred Reeds konzertant­er Dichtung „El Camino Real“wird die Spieltempe­ratur merklich südlicher. In dieses Stück flicht der Us-amerikaner Flamenco-akkorde aus Spanien – und das Orchester lässt sich auf den Tanz ein. Im schwelgend­en, bald köchelnden „Conga del Fuego“von Arturo Marquéz, der in Europa auch dank Gustavo Dudamel und seinem venezolani­schen Jugendorch­ester ein Begriff, ja eine Marke ist, erreicht die Stimmungsk­urve den Gipfel. Als Krönchen auf diese Einladung zum Tanz setzt Josef Christ dann noch Jazz, unter anderem mit Robert Buckleys „Jitterbug!“. Hier wummern die Tubatiefen, obenauf setzen junge Trompeter mutige Soli, das Schlagwerk groovt voran. Alles in allem ein Abend mit viel Frische, mit Feuer und Vergnügen.

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Foto: Veronika Lintner Die Junge Ulmer Bläserphil­harmonie hat begeistert.

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