Alle tanzen nach seiner Pfeife
Fußball Albert Walker vom FV Altenstadt ist seit über 40 Jahren als Schiedsrichter
im Einsatz, vor Kurzem leitete er sein 1000. Spiel. Wie er zu seinem Hobby kam
Altenstadt Beginnt man die Recherche nach Albert Walker im Internet, stößt man recht schnell auf einen Eintrag beim FC Wacker Biberach. Dort steht: „Kompliment an Schiedsrichter Albert Walker aus Altenstadt: Nachdem ein Tsg-anhänger einen der dunkelhäutigen Spieler des FC Wacker rassistisch beleidigt hatte, unterbrach er kurz das Spiel und ging in Richtung Tribüne, um den Schreihals um Zurückhaltung zu bitten. Was der denn auch beherzigte.“Es war ein Spiel in der Kreisliga A, erinnert sich der 60-Jährige. Wacker Biberach gegen die TSG Maselheim/sulmingen. Und es war eine Szene, die beispielhaft für Walkers Linie auf dem Platz stand. Er erzählt: „Als ich vor 40 Jahren angefangen habe, haben mir die erfahrenen Schiris mit auf den Weg gegeben, viel zu hören, auch mal auf Durchzug zu schalten, aber im richtigen Moment einzuschreiten und ein Zeichen zu setzen.“Wie in jenem Spiel.
Seit 1980 ist Walker auf den Fußballplätzen in der Region unterwegs, vor Kurzem hatte er seinen sage und schreibe 1000. Einsatz. Wo das war? Weiß er nicht mehr. Aber bei so vielen Spielen kann man den Überblick schon einmal verlieren. „Entweder es war in Kellmünz oder in Weißenhorn“, meint er. Ist freilich auch egal. Seine sportliche Leistung ist so oder so bemerkenswert. Sein Heimatverein, der FV Altenstadt, hat ihm aus diesem Grund sogar die Ehrenmitgliedschaft verliehen. Walker meint schmunzelnd: „Das ist schon etwas Besonderes. Eigentlich bin ich für eine solche Ehrung ja noch viel zu jung.“
Walker war früher selbst ein guter Kicker. Er weiß, wie es auf dem Platz zugeht und wie schnell man sich – emotional gesteuert – mitunter zu unbedachten Aussagen hinreißen lässt, die einem Sekunden später schon wieder leidtun. „Als Spieler ist man immer schnell dabei, über den Schiedsrichter zu schimpfen. Wenn man dann zum ersten Mal selbst mit der Pfeife auf dem Platz steht, merkt man, dass es gar nicht so einfach ist. Das war bei mir am Anfang auch so“, erzählt er. Ein Bänderriss hatte ihn 1980 zur Pause gezwungen. Just zu der Zeit, als vom Fußballbezirk eine Schiedsrichterschulung angeboten wurde. „Das war eine willkommene Gelegenheit“, sagt er. Walker meldete sich an – und ist bis heute dabei geblieben.
Wenn er mit Freunden im Bundesliga-stadion sitzt und andere nur Augen für den Topstürmer haben, schaut der 60-Jährige genau auf den Unparteiischen. Was macht der? Wie bewegt er sich? Wie bewertet er die eine oder andere Situation? Auch das verhalf ihm zu einer gewissen Routine. Woche für Woche pfeift er Spiele, inzwischen überwiegend in den Kreisligen. Bis zu 30 Partien pro Saison. Zu seiner erfolgreichsten Zeit war er als Assistent an der Linie in der Landesliga dabei, leitete selbst Begegnungen in der Bezirksliga. Unvergesslich seien ein paar Duelle gewesen, in denen es vor großer Zuschauerkulisse um Titel und Aufstiege ging, erzählt der begeisterte Bayern-fan. In seinen bislang knapp über 1000 Spielen musste er zwei Mal vorzeitig abbrechen. Einmal hatte sich einer der Spieler das Schienbein gebrochen, ein anderes Mal fegte ein heftiges Gewitter über den Sportplatz. „Beides Dinge, die man selbst nicht beeinflussen kann. Sonst hatte ich immer alles im Griff“, erzählt Walker. Man müsse eben das oft zitierte Fingerspitzengefühl walten lassen. Er sagt: „Der eine sieht es so, der andere so, aber ich muss die Entscheidung treffen.“Komplimente gibt es allerdings selten. Oder wie es der Schwabe zu sagen pflegt: Net gschimpft, isch globt gnua.
Walker meint aber, dass die Anerkennung des Schiedsrichters auf dem Platz und um das Spielfeld herum in den vergangenen Jahren größer geworden sei. „Der Schiedsrichter wird mittlerweile auch als Sportler anerkannt. Beleidigungen gibt es lange nicht mehr so viele wie früher.“Die Partien seien auch schneller und athletischer geworden. „Früher sind die Spieler noch mehr auf die Knochen gegangen. Heute wird nicht mehr um jeden Preis gegrätscht, sondern versucht, Probleme spielerisch zu lösen“, erzählt der Altenstadter. Apropos Knochen: Die schmerzen dem 60-Jährigen mittlerweile mitunter schon ein bisschen. Ans Aufhören denkt er aber noch lange nicht. Walker meint: „So lange ich noch Spaß habe und einigermaßen lauffreudig bin, mache ich weiter. Wenn ich dann irgendwann nur noch im Mittelkreis rumstehe, dann ist es höchste Zeit, einen Schlussstrich zu ziehen.“