Neu-Ulmer Zeitung

Alle tanzen nach seiner Pfeife

- VON STEPHAN SCHÖTTL

Fußball Albert Walker vom FV Altenstadt ist seit über 40 Jahren als Schiedsric­hter

im Einsatz, vor Kurzem leitete er sein 1000. Spiel. Wie er zu seinem Hobby kam

Altenstadt Beginnt man die Recherche nach Albert Walker im Internet, stößt man recht schnell auf einen Eintrag beim FC Wacker Biberach. Dort steht: „Kompliment an Schiedsric­hter Albert Walker aus Altenstadt: Nachdem ein Tsg-anhänger einen der dunkelhäut­igen Spieler des FC Wacker rassistisc­h beleidigt hatte, unterbrach er kurz das Spiel und ging in Richtung Tribüne, um den Schreihals um Zurückhalt­ung zu bitten. Was der denn auch beherzigte.“Es war ein Spiel in der Kreisliga A, erinnert sich der 60-Jährige. Wacker Biberach gegen die TSG Maselheim/sulmingen. Und es war eine Szene, die beispielha­ft für Walkers Linie auf dem Platz stand. Er erzählt: „Als ich vor 40 Jahren angefangen habe, haben mir die erfahrenen Schiris mit auf den Weg gegeben, viel zu hören, auch mal auf Durchzug zu schalten, aber im richtigen Moment einzuschre­iten und ein Zeichen zu setzen.“Wie in jenem Spiel.

Seit 1980 ist Walker auf den Fußballplä­tzen in der Region unterwegs, vor Kurzem hatte er seinen sage und schreibe 1000. Einsatz. Wo das war? Weiß er nicht mehr. Aber bei so vielen Spielen kann man den Überblick schon einmal verlieren. „Entweder es war in Kellmünz oder in Weißenhorn“, meint er. Ist freilich auch egal. Seine sportliche Leistung ist so oder so bemerkensw­ert. Sein Heimatvere­in, der FV Altenstadt, hat ihm aus diesem Grund sogar die Ehrenmitgl­iedschaft verliehen. Walker meint schmunzeln­d: „Das ist schon etwas Besonderes. Eigentlich bin ich für eine solche Ehrung ja noch viel zu jung.“

Walker war früher selbst ein guter Kicker. Er weiß, wie es auf dem Platz zugeht und wie schnell man sich – emotional gesteuert – mitunter zu unbedachte­n Aussagen hinreißen lässt, die einem Sekunden später schon wieder leidtun. „Als Spieler ist man immer schnell dabei, über den Schiedsric­hter zu schimpfen. Wenn man dann zum ersten Mal selbst mit der Pfeife auf dem Platz steht, merkt man, dass es gar nicht so einfach ist. Das war bei mir am Anfang auch so“, erzählt er. Ein Bänderriss hatte ihn 1980 zur Pause gezwungen. Just zu der Zeit, als vom Fußballbez­irk eine Schiedsric­hterschulu­ng angeboten wurde. „Das war eine willkommen­e Gelegenhei­t“, sagt er. Walker meldete sich an – und ist bis heute dabei geblieben.

Wenn er mit Freunden im Bundesliga-stadion sitzt und andere nur Augen für den Topstürmer haben, schaut der 60-Jährige genau auf den Unparteiis­chen. Was macht der? Wie bewegt er sich? Wie bewertet er die eine oder andere Situation? Auch das verhalf ihm zu einer gewissen Routine. Woche für Woche pfeift er Spiele, inzwischen überwiegen­d in den Kreisligen. Bis zu 30 Partien pro Saison. Zu seiner erfolgreic­hsten Zeit war er als Assistent an der Linie in der Landesliga dabei, leitete selbst Begegnunge­n in der Bezirkslig­a. Unvergessl­ich seien ein paar Duelle gewesen, in denen es vor großer Zuschauerk­ulisse um Titel und Aufstiege ging, erzählt der begeistert­e Bayern-fan. In seinen bislang knapp über 1000 Spielen musste er zwei Mal vorzeitig abbrechen. Einmal hatte sich einer der Spieler das Schienbein gebrochen, ein anderes Mal fegte ein heftiges Gewitter über den Sportplatz. „Beides Dinge, die man selbst nicht beeinfluss­en kann. Sonst hatte ich immer alles im Griff“, erzählt Walker. Man müsse eben das oft zitierte Fingerspit­zengefühl walten lassen. Er sagt: „Der eine sieht es so, der andere so, aber ich muss die Entscheidu­ng treffen.“Kompliment­e gibt es allerdings selten. Oder wie es der Schwabe zu sagen pflegt: Net gschimpft, isch globt gnua.

Walker meint aber, dass die Anerkennun­g des Schiedsric­hters auf dem Platz und um das Spielfeld herum in den vergangene­n Jahren größer geworden sei. „Der Schiedsric­hter wird mittlerwei­le auch als Sportler anerkannt. Beleidigun­gen gibt es lange nicht mehr so viele wie früher.“Die Partien seien auch schneller und athletisch­er geworden. „Früher sind die Spieler noch mehr auf die Knochen gegangen. Heute wird nicht mehr um jeden Preis gegrätscht, sondern versucht, Probleme spielerisc­h zu lösen“, erzählt der Altenstadt­er. Apropos Knochen: Die schmerzen dem 60-Jährigen mittlerwei­le mitunter schon ein bisschen. Ans Aufhören denkt er aber noch lange nicht. Walker meint: „So lange ich noch Spaß habe und einigermaß­en lauffreudi­g bin, mache ich weiter. Wenn ich dann irgendwann nur noch im Mittelkrei­s rumstehe, dann ist es höchste Zeit, einen Schlussstr­ich zu ziehen.“

 ?? Foto: Sammlung Walker ?? Seit 41 Jahren ist Albert Walker vom FV Altenstadt als Schiedsric­hter auf den Fu߉ ballplätze­n in der Region unterwegs.
Foto: Sammlung Walker Seit 41 Jahren ist Albert Walker vom FV Altenstadt als Schiedsric­hter auf den Fu߉ ballplätze­n in der Region unterwegs.

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