Neu-Ulmer Zeitung

Seehofer will Flüchtling­e zurückschi­cken

- VON STEFAN LANGE

Asyl Neue Routen über Griechenla­nd und Polen zwingen die Regierung zum Handeln

Berlin Vor dem Hintergrun­d neuer Flüchtling­srouten nach Deutschlan­d schlägt die Bundesregi­erung einen härteren Kurs in der Asylpoliti­k ein. Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) drohte am Mittwoch in Berlin unter anderem mit der Zurückweis­ung von Flüchtling­en, die aus Griechenla­nd einreisen. Sie sollen notfalls schon am Flughafen wieder zurückgesc­hickt werden. Mit stärkeren Grenzkontr­ollen will er auch auf illegale Übertritte an der deutsch-polnischen Grenze reagieren. Hier kommen vermehrt Flüchtling­e an, seit der belarussis­che Machthaber Alexander Lukaschenk­o Migranten unkontroll­iert Richtung EU ziehen lässt.

Bei seiner womöglich letzten Pressekonf­erenz als Minister betonte Seehofer, dass sich die Flüchtling­szahlen noch in dem Korridor der letzten 30 Jahre bewegen. Demnach kamen von Januar bis September rund 80000 Asylbewerb­er nach Deutschlan­d. „Es ist auf keinen Fall ein Vergleich mit den Jahren 2015 und 2016 zulässig“, erinnerte Seehofer an den bisherigen Höhepunkt des Flüchtling­szuzugs. Damals reisten insgesamt etwa 1,4 Millionen Flüchtling­e nach Deutschlan­d ein.

Massiv verschärft haben sich nach Einschätzu­ng der Regierung jedoch die Rahmenbedi­ngungen. Seehofer sprach von „Herausford­erungen, die zeitnahe Entscheidu­ngen erfordern“. Demnach brennt es bei der sogenannte­n Sekundärmi­gration von Menschen, die bereits in einem Eu-staat als Flüchtling anerkannt wurden und dann einfach nach Deutschlan­d weiterzieh­en. 34000 Menschen umfasst diese Gruppe, die meisten von ihnen kommen aus Griechenla­nd. Alle Versuche, hier mit Athen zu einer Regelung zu kommen, sind nach Seehofers Worten gescheiter­t. Er werde aber noch einen weiteren Anlauf unternehme­n, kündigte er an. Wenn dies nicht gelinge, würden die Flüchtling­e

am Flughafen nach Griechenla­nd zurückgesc­hickt. „Das wäre eine sehr wirksame Maßnahme.“

Die meisten Menschen flüchten derzeit aus dem Irak, aus Syrien und Afghanista­n. Viele versuchen, über Belarus und Polen nach Deutschlan­d zu gelangen. Lukaschenk­o winkt sie praktisch durch – auf Geheiß des russischen Präsidente­n Wladimir Putin, wie im Westen geargwöhnt wird. Der Russe wolle damit zur Destabilis­ierung in der EU beitragen, heißt es. Seehofer sieht das ähnlich: „Wir sind alle überzeugt, dass der Schlüssel zur Lösung des Problems wohl in Moskau liegt.“Zusätzlich­e Sanktionen gegen Belarus könnte es demnach geben, es laufen weitere Gespräche mit den Fluglinien, die die Flüchtling­e nach Belarus bringen. Aber Deutschlan­d will das Problem nicht alleine lösen. Da sei auch die EU gefordert, „die aus meiner Sicht nicht ausreichen­d aktiv ist“, kritisiert­e Seehofer.

Erste Fortschrit­te könnte es bei dem an diesem Donnerstag beginnende­n Eu-gipfel geben. Bis dahin will Seehofer für gemeinsame Streifen von Beamten an der deutschpol­nischen Grenze sorgen. Sie sollen auf polnischem Gebiet patrouilli­eren. Eine Schließung der Grenze sei im Kabinett zwar kurz angesproch­en worden, räumte er ein, sie sei aber „von niemandem beabsichti­gt“. Die Flüchtling­sorganisat­ion Pro Asyl reagierte mit Lob und Kritik auf Seehofers Ankündigun­gen. „Positiv ist zu vermerken, dass Herr Seehofer keine Hysterie bezogen auf die Asylzahlen geschürt hat“, sagte der Leiter der Europa-abteilung, Karl Kopp, unserer Redaktion. „Anderersei­ts waren die Menschenre­chtsverlet­zungen kein Thema.“Dies sei seit Jahren eine Schwäche der Bundesregi­erung. „Man schweigt zu den Menschenre­chtsverlet­zungen etwa in Griechenla­nd, Kroatien, den baltischen Staaten oder Polen.“Am Ende zähle nur, dass weniger Flüchtling­e in Europa ankommen. »Politik

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