Bärbel wer?
Porträt Die SPD überrascht mit einer Personalie: Die weitgehend unbekannte Abgeordnete Bärbel Bas soll Wolfgang Schäuble als Bundestagspräsidentin folgen
Lange wurde spekuliert, wen die SPD für das Präsidium des Bundestages aufstellen würde. Traditionell besetzt die stärkste Fraktion das Amt des Bundestagspräsidenten beziehungsweise der Bundestagspräsidentin; doch die SPD tat sich schwer mit einer Nominierung. Nun aber herrscht Klarheit: Die bislang weitgehend unbekannte Gesundheitsexpertin Bärbel Bas soll in der nächsten Woche zur neuen Parlamentspräsidentin und damit zur Nachfolgerin von Wolfgang Schäuble gewählt werden. Sie wäre nach Rita Süssmuth (CDU) und Annemarie Renger (SPD) erst die dritte Frau auf diesem Posten.
Bärbel Bas wurde 1968 in Walsum – jetzt Duisburg – geboren. Sie wuchs mit fünf Geschwistern auf. „Meine Eltern haben auf Parität geachtet: drei Mädchen und drei Jungs“, berichtet sie dazu auf ihrer
Internetseite – und fährt fort: „Ich selbst bin verwitwet und habe keine Kinder.“Hinter diesem vergleichsweise nüchternen Satz verbirgt sich allerdings eine schwere Lebenskrise. Vor einem Jahr starb ihr Mann Siegfried Ambrosius an den Folgen einer Infektion. 15 Jahre waren die beiden ein Paar, fünf davon mit Trauschein. „Ich war acht Monate völlig aus der Bahn“, gestand Bärbel Bas später in einem Interview.
In der SPD wird sie dem linken Flügel der Bundestagsfraktion zugerechnet, zu dem sich auch der Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich bekennt, der selbst ebenfalls lange für das zweithöchste Amt im Staate im Gespräch war – dann allerdings wären der Kanzler, der Bundespräsident und der
Bundestagspräsident gewesen. Undenkbar.
Bärbel Bas aber ist nicht einfach nur eine Kompromisskandidatin. Als Gesundheitspolitikerin steht sie in der Öffentlichkeit zwar im Schatten des omnipräsenten Karl Lauterbach, was ihr vor dem Hintergrund ihres persönlichen Schicksalsschlages zwischenzeitlich auch gar nicht so unlieb war. Gleichzeitig aber gilt sie, etwa beim Thema Pflege, als ebenso kompetente wie hartnäckige Verhandlerin, die es Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nicht einfach gemacht hat.
Das Durchsetzungsvermögen der passionierten
alles Männer
Motorradfahrerin kommt nicht von ungefähr. In jungen Jahren hat sie Fußball gespielt, erst als Linksaußen, später als Libero. Als Bundestagspräsidentin gehört nun die Leitung der Parlamentssitzungen zu ihren wichtigsten Aufgaben – und die wurden seit dem Einzug der AFD in den Bundestag zu einem verbalen Schlachtfeld. Außerdem steht sie auch an der Spitze der Bundestagsverwaltung mit ihren rund 3000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, was für Bas allerdings kein Problem darstellen sollte. Nach Haupt- und Fachoberschule sowie einer Ausbildung zur Sozialversicherungsfachangestellten hat sie unter anderem noch ein Studium in Personalmanagement abgeschlossen. Mit ihr bekommt Deutschland also nicht nur die dritte Frau im zweithöchsten Amt, sondern auch eine mit viel Lebenserfahrung. Stefan Lange