Neu-Ulmer Zeitung

Wie gefährlich ist das Rs‰virus?

- VON SOPHIA HUBER UND LUKE MAGUIRE

Gesundheit Bei Kleinkinde­rn treten in diesem Jahr vermehrt Infektione­n auf. Das liegt auch an

der Corona-pandemie. Auf welche Symptome Eltern jetzt besonders achten sollten

Augsburg Ein Virus geht um in Kitas und Kinderzimm­ern: nicht Corona, sondern das Rs-virus, kurz für Respirator­isches Synzytial-virus. Das Robert-koch-institut (RKI) berichtete kürzlich, dass immer mehr Ein- bis Vierjährig­e mit starken Symptomen in die Krankenhäu­ser eingewiese­n werden. Laut RKI kämen aktuell doppelt so viele kleine Kinder mit schweren Atemwegsin­fekten in Kliniken wie im gleichen Monat in den Jahren vor der Pandemie, Tendenz steigend. Auch in Bayern spüre man den Anstieg, sagt Michael Gerstlauer, Oberarzt für Kinderpulm­ologie und -allergolog­ie an der Kinderklin­ik des Unikliniku­ms Augsburg. Gerstlauer zeichnet ein düsteres Bild der Lage: „Wir sind am Rande unserer Kapazitäte­n.“Aber was genau ist das Rs-virus – und wie erkennen Eltern, dass ihre Kinder betroffen sind?

Was ist das Rs-virus?

Beim Respirator­ischen Synzytialv­irus handelt es sich um eine Erkrankung der oberen und unteren Atemwege. Infektione­n treten vor allem in den Wintermona­ten und dem Frühjahr auf. Grundsätzl­ich können sich Menschen jedes Alters anstecken, meistens sind aber Säuglinge und Kleinkinde­r betroffen.

Welche Symptome treten auf? Kinder und Erwachsene, die sich mit dem Rs-virus infizieren, haben meist Husten und Schnupfen, manchmal mit Fieber. Gerade bei Säuglingen und Kleinkinde­rn kann die Infektion in einzelnen Fällen aber auch schwer verlaufen und etwa zu Atemstörun­gen oder gar zu einer Lungenentz­ündung führen. RSV ist eine der häufigsten Atemwegser­krankungen, mit der Säuglinge und Kleinkinde­r im Krankenhau­s behandelt werden müssen. Bei Kindern und Erwachsene­n beträgt die Inkubation­szeit durchschni­ttlich fünf Tage. Ansteckend ist man drei bis acht Tage lang.

Warum treten aktuell vermehrt Rsv-infektione­n auf?

Aufgrund der Corona-schutzmaßn­ahmen sind die meisten Kinder im Winter und in diesem Frühjahr von einer Rsv-infektion verschont geblieben, denn durch die Hygienemaß­nahmen und Kita-ausfälle wurde die Ausbreitun­g weitestgeh­end gebremst. Dass aktuell wieder deutlich mehr Fälle auftreten würden, sei nicht ungewöhnli­ch. „Wir haben die Infekte sozusagen vor uns hergetrage­n, und jetzt bricht die Welle über uns herein“, sagt der Mediziner Gerstlauer. „Dass es neben der normalen Erkältungs­welle im Herbst vor allem für kleine Kinder schlimm werden kann, hat den Grund, dass deren Immunsyste­m nicht auf Infektione­n trainiert ist.“

Wer ist besonders betroffen? Besonders gefährdet sind Fachleuten zufolge Säuglinge, Frühgebore­ne und Kleinkinde­r. Wegen der Corona-schutzmaßn­ahmen sind Babys in den ersten Monaten nicht in Kontakt mit den Erregern gekommen und haben so keine Abwehrkräf­te aufgebaut. Aktuell, so Gerstlauer, würden in seinem Bereich eineinhalb­mal mehr Patientinn­en und Patienten mit Atemwegsin­fektionen behandelt als sonst um diese Jahreszeit. Auch Erwachsene mit Vorerkrank­ungen oder einem geschwächt­en Immunsyste­m sowie Kinder mit einem Herzfehler können schwer am RSV erkranken. „Wir haben viele Kleinkinde­r im Alter von zwei bis drei Jahren, die stationär im Krankenhau­s behandelt werden müssen und teilweise sogar Sauerstoff brauchen.“Bei schweren Verläufen könne es Wochen dauern, bis das Kind wieder fit wird.

Welche Behandlung ist wirksam? Bei der Therapie von Rsv-infektione­n können nur die Symptome wie Husten, Schnupfen oder Fieber behandelt werden. Kinder mit schweren Verläufen und Sauerstoff­bedarf sowie sehr junge Säuglinge sollten im Krankenhau­s überwacht werden. Ausreichen­d Flüssigkei­t oder Sauerstoff müssen bei Atemnot zugeführt werden.

Wann wird das Virus gefährlich? Wenn Kinder erschwert atmen, beim Atmen pfeifende Geräusche machen, über einen längeren Zeitraum hohes Fieber haben oder nichts mehr trinken möchten, sollvergan­genen ten Eltern mit ihnen zum Arzt gehen.

Schicke ich mein Kind mit Erkältungs­symptomen in die Kita oder in die Schule?

Für Eltern ist es oft eine schwierige Entscheidu­ng, ob sie ihr Kind mit Schniefnas­e oder Halsschmer­zen in die Kita oder Schule schicken. Seit Beginn der Pandemie steht jeder mit Erkältungs­symptomen immer auch unter Verdacht, sich mit Corona infiziert zu haben. Bei einem negativen Corona-test rät Mediziner Gerstlauer zu einem normalen Alltag: „Es ist wichtig, dass Grundschul­kinder weiter in die Schule gehen und man die soziale Entwicklun­g nicht erneut einschränk­t.“Schulkinde­rn traut er zu, sich selbst zu schützen. Ein siebenjähr­iges Kind wisse noch aus den vergangene­n Monaten der Pandemie, wie man Hände desinfizie­rt, richtig schnäuzt oder dass man in die Armbeuge niest. Bei Kindern im Krabbelalt­er sei das natürlich deutlich schwierige­r, sagt der Oberarzt. Hier müssten die Eltern besonders gut auf die Hygienereg­eln achten.

 ?? Symbolfoto: Marcus Merk ?? Immer mehr Kinder erkranken aktuell an dem Rs‰virus.
Symbolfoto: Marcus Merk Immer mehr Kinder erkranken aktuell an dem Rs‰virus.

Newspapers in German

Newspapers from Germany