Die letzten Männerbastionen fallen
Frauen sind auf dem Vormarsch. Männerbastionen aller Art fallen. Derer gibt es im Sport jede Menge. Zum Beispiel im Schiedsrichterwesen. Als Bibiana Steinhaus 2017 erstmals ein Bundesligaspiel leitete, löste das ein (mediales) Beben aus. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Steinhaus’ Karriere die absolute Ausnahme und weitgehend einzigartig ist.
Spannend ist daher, wie sich die Lage im nordamerikanischen Profi-eishockey entwickelt. Dort war jüngst Katie Guay erste Hauptschiedsrichterin einer Partie der AHL. Das ist die zweithöchste Spielklasse jenseits des Atlantiks und gleichzeitig eine Art Ausbildungsbetrieb für die NHL, in der sich die bestbezahlten Profis der Welt tummeln.
Guay machte ihre Sache gut, urteilten die Expertinnen und Experten einheitlich. Sie müsse sich jetzt erst einmal Respekt und Glaubwürdigkeit unter Spielern und Trainern erarbeiten, sagte die Gelobte selbst. 42 Strafminuten belegen dieses Vorhaben eindrucksvoll. Dabei haben es Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter im Eishockey vergleichsweise leicht, da sie das Spiel zu zweit (plus zwei Linienrichter) leiten. Zudem tritt die Unsitte aus dem Fußball, jede noch so klare Entscheidung lautstark als falsch zu reklamieren, nur sehr vereinzelt auf.
Auch unter den Fans fiel das Urteil gnädig aus. In den sozialen Netzwerken entzündete sich Unmut nur daran, dass Guay die Nummer 99 auf dem Trikot trug. Die ist in der NHL sakrosankt, seitdem Wayne Gretzky mit ihr zum besten Eishockeyspieler aller Zeiten wurde. Und auch unter allen Nichtnhl-profis gilt es als Zeichen allerfeinster Selbstüberschätzung, die 99 zu tragen. Guay wird das vermutlich kaltlassen, denn ihre Nummern dürfen sich auch Schiedsrichterinnen in ihrem Premierenspiel nicht selbst aussuchen. Man könnte es vielleicht sogar als höchste Stufe der Gleichberechtigung sehen, dass die Unwichtigkeit ihrer Rückennummer das wichtigste Thema ihres ersten Einsatzes ist.
In Deutschlands höchsten Spielklassen findet sich unter den 18 Hauptschiedsrichtern der DEL und den 30 der DEL2 keine Frau. Gleiches gilt für die Linienrichter der ersten Liga. In der zweiten steht zumindest eine Frau auf der Liste.
Immerhin: Die DEL geht das Thema an und setzt auf ein modernes Wording, wie es neudeutsch heißt. Sie hat den Linesman zur Linesperson gemacht. Wie man hört, ist die Liga gut gerüstet für den Ansturm von Schiedsrichterinnen, die bisher von dieser grob falschen Begrifflichkeit abgehalten wurden. Ein Glück, dass dieses Problem endlich beseitigt wurde.