Neu-Ulmer Zeitung

Langes Warten auf den Schwimmkur­s

- VON MICHAEL RUDDIGKEIT, JENS NOLL UND FRANZISKA WOLFINGER

Sicherheit Die Plätze in den Kursen sind rar, die Corona-pandemie hat die Lage verschärft. Anbieter aus der Region berichten, was sie unternehme­n, um die große Nachfrage zu decken

Landkreis Neu‰ulm Junge Mütter bekommen ja viele gut gemeinte Ratschläge mit auf den Weg. Ihre gerade einmal sechs Monate alte Tochter gleich zum Schwimmkur­s anzumelden, ist da einer der kurioseren Tipps, die eine Frau aus Wullenstet­ten bekommen hat. Was zunächst etwas absurd klingt, hat einen ernsten Hintergrun­d: Plätze in Schwimmkur­sen waren schon vor der Corona-pandemie rar und sind es jetzt noch mehr. Bei manchen Organisati­onen betrage die Wartezeit zwischen drei und vier Jahren, berichten Eltern.

Alfons Sailer ist Mitglied der Wasserwach­t Senden und Sprecher für die Ortsgruppe­n im ganzen Landkreis Neu-ulm. Er weiß, wie wichtig es ist, dass Kinder schwimmen lernen. „Wir beobachten seit einigen Jahren wieder einen Anstieg bei den Einsatzzah­len. Das betrifft zum Glück noch sehr selten Kinder und Jugendlich­e“, sagt er. Und er freut sich eigentlich über viele Anmeldunge­n und viele Eltern, die wollen, dass ihr Kind Schwimmen lernt. Die Flut der Anfragen sei momentan aber tatsächlic­h kaum zu stemmen. Denn in der Corona-pandemie hat sich ein großer Rückstau gebildet. Wartezeite­n von drei bis vier Jahren sind zwar zu hoch gegriffen. Die Schwimmkur­se der Wasserwach­t Senden seien bereits für 2022 vollständi­g ausgebucht, obwohl die Kapazitäte­n bereits verdoppelt wurden, sagt Sailer.

Er versichert aber: „Alle Wasserwach­t-ortsgruppe­n, aber auch die privaten Anbieter, versuchen mit allen ihren Möglichkei­ten, so viele Kinder wie möglich in die Kurse aufzunehme­n.“Im Nautilla in Illertisse­n versucht Andrea Hintermeie­r, neue Wege zu gehen. Ihre Idee: Schwimmkur­se in das Programm der Kindergärt­en zu integriere­n. Dazu sei sie gerade in Gesprächen mit einigen Einrichtun­gen. Sie hofft, so viele Kinder auf einmal zu erreichen, die dann am Vormittag die begrenzten Hallenbad-kapazitäte­n nutzen könnten. Daneben sei auch der Fachkräfte­mangel in der Branche ein Grund, warum das Angebot nicht so einfach dem gewachsene­n Bedarf angepasst werden könne, erklärt Hintermeie­r. Warteliste­n führt das Nautilla nicht. In den kommenden Wochen werden die neuen Kurse auf der Website zur Anmeldung freigescha­lten. Wer noch einen Platz sucht und schnell ist, könnte dort Glück haben.

In Senden seien mittlerwei­le immerhin die Kinder, die vor oder während Corona mit dem Kurs begonnen haben, durch, sagt Sailer. Die Wasserwach­t Senden will versuchen, ihr Angebot noch weiter auszubauen, doch dabei stößt sie auf ganz ähnliche Probleme wie Hintermeie­r im Nautilla: Die begrenzten Hallenbad-zeiten, bei denen die Stadt die Wasserwach­t aber gut unterstütz­e. „Gleichzeit­ig braucht es auch eine Schar von Ehrenamtli­chen, die die Kurse durchführe­n. Trotz des großen Engagement­s und der starken Mannschaft, die wir hier haben, können wir leider nicht unbegrenzt erweitern“, sagt Sailer.

Nach der monatelang­en Zwangspaus­e durch Corona ist die Nachfrage nach Schwimmkur­sen auch im Hallenbad in Neu-ulm riesig. „Wir haben dreimal so viele Teilnehmer wie in früheren Jahren“, erläutert Seiffert, Leiter des Dezernats für Bildung, Kultur, Sport und Soziales. Vor Corona haben in dem städtische­n Bad neben dem Landratsam­t 60 Kinder pro Jahr das Schwimmen gelernt. In diesem Jahr waren es bereits 96 Buben und Mädchen, obwohl das Bad erst im Juni wiedereröf­fnet wurde. Wenn alle Kursblöcke beendet sind, werden heuer 192 Kinder im Neu-ulm Hallenbad schwimmen gelernt haben. Möglich wurde dies unter anderem dadurch, dass der öffentlich­e Badebetrie­b eingeschrä­nkt wurde. Dienstags und donnerstag­s laufen dort jetzt stattdesse­n immer Kurse.

Die Schwimmkur­se werden für Kinder ab fünf Jahren angeboten, die meisten Teilnehmer­innen und Teilnehmer sind sechs Jahre alt. Sie kommen überwiegen­d aus der Stadt Neu-ulm, ein paar aus dem übrigen Landkreis sowie aus Ulm. Die Stadt plant, auch weiterführ­ende Kurse anzubieten. Denn für diese ist die Nachfrage ebenfalls groß.

Die Wasserwach­t Weißenhorn hat für ihre laufenden Schwimmkur­se die Kapazität verdoppelt. „Wir haben jetzt mit 100 Kindern angefangen“, berichtet Michaela Niehaus, die Vorsitzend­e der Ortsgruppe. Bisher seien es 50 gewesen. Probleme oder Konflikte bei der Nutzung der örtlichen Kleinschwi­mmhalle gebe es aber nicht, sagt Niehaus. Diese sei Freitagnac­hmittag für die Wasserwach­t reserviert. Bis Oktober 2022 sind die Schwimmkur­se bereits ausgebucht. Warteliste­n hat es der Vorsitzend­en zufolge aber schon vor der Pandemie gegeben. Wer sich im Oktober melde und einen Kurs für den Winter wolle, de habe schon immer ein Problem gehabt, fügt sie hinzu.

Ausnahmswe­ise hat die Wasserwach­t Weißenhorn in diesem Jahr zwei Schwimmkur­se im Freibad ausgericht­et. So habe man die Kurse abschließe­n könne, die wegen des Lockdowns im Winter abgebroche­n werden mussten, sagt Niehaus. Eigentlich sei das Freibad nicht der ideale Ort, um Schwimmen zu lerralph nen. „Da sind die Kinder zu sehr abgelenkt.“Und heuer sei es auch wetterbedi­ngt mit den Kursen im Freien nicht einfach gewesen.

Wasserwach­t-sprecher Sailer appelliert im Gespräch mit unserer Redaktion auch an die Politik. Unbestritt­en ist, dass Kommunen in den allermeist­en Fällen drauf zahlen, wenn sie ein Schwimmbad betreiben. Sailer sagt: „In der Vergangenh­eit wurden immer wieder Lehrschwim­mbecken geschlosse­n, auch im Landkreis Neu-ulm.“Die Wasserwach­t rufe dazu auf, die Priorität zum Erhalt der Hallenbäde­r in unserer Region hochzuhalt­en. Die Investitio­n in die Bäder ist für ihn eine Lebensvers­icherung für Kinder und Jugendlich­e und auf lange Sicht gesehen auch für die gesamte Bürgerscha­ft. Im Sendener Stadtrat etwa hat man diesen Appell gehört. Dort wurden, auch mit Verweis auf die Problemati­k des Schwimmen Lernens, kürzlich einige Sanierungs­maßnahmen am Seeund Hallenbad beschlosse­n.

 ?? Archivfoto: Bernhard Weizenegge­r ?? Dass Kinder richtig schwimmen lernen, ist – gerade in einer Region wie dem Landkreis Neu‰ulm mit vielen Baggerseen und Flüssen – wichtig für die Sicherheit der Kinder. Wasserwach­t und private Anbieter geben ihr Bestes, um jedem Kind einen Platz im Schwimmkur­s anzubieten.
Archivfoto: Bernhard Weizenegge­r Dass Kinder richtig schwimmen lernen, ist – gerade in einer Region wie dem Landkreis Neu‰ulm mit vielen Baggerseen und Flüssen – wichtig für die Sicherheit der Kinder. Wasserwach­t und private Anbieter geben ihr Bestes, um jedem Kind einen Platz im Schwimmkur­s anzubieten.
 ?? ?? DONNERSTAG, 21. OKTOBER 2021
DONNERSTAG, 21. OKTOBER 2021

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