Die Furcht vor dem Flickenteppich
Pandemie 36 Mal sind die Ministerpräsidenten schon in der Corona-pandemie zusammengekommen. So einig wie
diesmal waren sie selten: Der Bund darf seine Mittel zur Pandemie-bekämpfung nicht aus der Hand geben
Königswinter Die Ministerpräsidenten der Bundesländer wollen in den Wintermonaten einen Flickenteppich bei den Corona-schutzmaßnahmen verhindern. Inmitten wieder anziehender Neuinfektionszahlen sendeten sie Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vom Petersberg bei Bonn ein einstimmiges Signal: Eine bundeseinheitliche Rechtsgrundlage für die Maßnahmen muss bleiben.
Bei seiner ersten und letzten Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) als Gastgeber erklärte der scheidende nordrhein-westfälische Regierungschef Armin Laschet (CDU): Vorsicht und Schutzmaßnahmen seien weiter geboten. Nach einem „markanten Anstieg“der Neuinfektionszahlen in den vergangenen Tagen hätten die Ministerpräsidenten darauf reagiert, dass Spahn es infrage gestellt habe, die Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite über den 25. November hinaus zu verlängern. „Egal, wie die Regelung ausfällt, wir brauchen jedenfalls eine Rechtsgrundlage“, unterstrich Laschet – in großer Einigkeit auch mit seinem bayerischen Kollegen Markus Söder (CSU). Der mahnte: „Ohne Rechtsgrundlage des Bundes wären die Bürgerinnen und Bürger schutzlos.“Auch alle anderen Beschlüsse fielen einstimmig – darunter der Auftrag an den Bund zu prüfen, wie die Fälschung von Impf-, Genesenen- und Testbescheinigungen lückenlos strafrechtlich geahndet werden könne.
Die Sieben-tage-inzidenz
in
Deutschland steigt derzeit rasch an. Das Robert-koch-institut gab den Wert der Neuinfektionen pro 100000 Einwohner und Woche am Freitag mit 95,1 an. Er hat damit erstmals seit Mitte Mai die 90 überschritten. „Es ist damit zu rechnen, dass sich im weiteren Verlauf des Herbstes und Winters der Anstieg der Fallzahlen noch beschleunigen wird“, schrieb das Institut in seinem Wochenbericht. Laschet betonte, eine sichere Rechtsgrundlage sei für die bevorstehenden Monate unerlässlich, um notwendige Schutzmaßnahmen fortsetzen zu können. Dazu zählten etwa die sogenannten 2- und 3G-regeln, Masken, Abstand, Lüften sowie Kontaktdatenerhebungen. „Wenn jedes Land das selbst festlegen muss, führt das zu Verwerfungen“, mahnte Laschet. „Deshalb ist eine bundeseinheitliche Regelung erforderlich.“Die Länderchefs erwarteten, dass der Bundestag gemeinsam mit der scheidenden und der entstehenden Regierung sowie den Ländern bis zum 25. November Klarheit schafften. Die Länder hätten zwar noch eigene Regeln zur Umsetzung. „Aber die prinzipielle Option, die muss durch Bundesrecht hergestellt werden.“
Die Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite ist Grundlage für Verordnungen und zentrale Corona-maßnahmen. Spahn plant nach Angaben eines Ministeriumssprechers keinen Vorstoß für eine weitere bundesweite Regelung nach einem möglichen Auslaufen der nationalen Corona-notlage. „Der Ball liegt jetzt nicht bei uns im Haus, sondern in den Fraktionen und im Parlament“, sagte der Sprecher in Berlin. Söder betonte: „Die neue Ampel-mehrheit darf sich nicht wegducken.“
Bettina Grönewald, dpa