Neu-Ulmer Zeitung

Es droht der gleiche Corona-fehler wie 2020

- VON CHRISTIAN GRIMM

Vor einem Jahr verwandelt­en sich die Altenheime in Deutschlan­d für einige Monate in Sterbehäus­er. Das Coronaviru­s ging um und raffte viele Alte und Kranke dahin. Es gelang nicht, die Bewohner vor dem Erreger zu schützen und das Infektions­risiko durch umfassende Tests zu reduzieren. Ein Jahr später sieht es so aus, als würde in Deutschlan­d der gleiche Fehler noch einmal gemacht.

In den letzten Wochen ist die Zahl der Ansteckung­en in den Heimen wieder gestiegen. Zwar sind die allermeist­en dort lebenden Seniorinne­n und Senioren geimpft, aber es kommt zu Impfdurchb­rüchen. Ein Teil der Infizierte­n muss zur Behandlung ins Krankenhau­s. Doch wie die Stiftung Patientens­chutz zu Recht beklagt, gibt es die täglichen Corona-tests für Heimbewohn­er und das Pflegepers­onal noch immer nicht im ganzen Land.

Der Immunstatu­s der Senioren wird ebenfalls nicht gemessen.

Und die Auffrischu­ngsimpfung für die über 70-Jährigen läuft in vielen Ländern erst an. Der Eindruck verdichtet sich, dass es ein zweites

Mal versäumt wird, die zu schützen, für die der Erreger am gefährlich­sten ist. Im Unterschie­d zur Situation vor einem Jahr sind die Alten in den Heimen dem Virus nicht mehr hilflos ausgeliefe­rt. Die ersten beiden Spritzen mit Impfstoff haben sie mit einer Grund-immunität ausgestatt­et. Dass Corona nicht einfach vergeht, zeigen die neuen Fallzahlen. Mit rund 20000 Infizierte­n an einem Tag liegen sie beinahe doppelt so hoch wie vor einer Woche. In England, wo die Corona-einschränk­ungen beendet wurden, entgleitet die Lage zusehends.

Grundlegen­de Schutzmaßn­ahmen werden bleiben müssen, etwa die Maskenpfli­cht in Bussen und Bahnen oder die 3G-regeln. Was aber dringend geändert werden muss, sind Sinnlosbes­timmungen wie Maskenpfli­cht auf dem Weg zur Toilette in Restaurant­s. Diese Widersprüc­hlichkeite­n kosten die Corona-politik zu viel Akzeptanz.

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