Tod am Filmset
USA Hollywood-star Alec Baldwin feuert beim Dreh mit einer Requisitenwaffe. Doch darin ist scharfe Munition. Die Kamerafrau stirbt, der Regisseur wird verletzt. Die Polizei rätselt
Santa Fe Es ist ein Vorfall, der die ganze Filmszene erschüttert. Da greift ein Schauspieler zu einer Schusswaffe, die eigentlich nur eine Requisitenwaffe ist, drückt ab – und tötet einen Menschen. Der Schütze ist auch noch Hollywood-star, Alec Baldwin. Die 42-jährige Kamerafrau Halyna Hutchins sei tödlich verletzt worden, teilte die Polizei von Santa Fe im Bundesstaat New Mexico mit. Regisseur Joel Souza, 48, kam verletzt in ein Krankenhaus. Die Ermittlungen laufen, strafrechtliche Vorwürfe wurden laut Polizei bislang nicht erhoben.
„Es gibt keine Worte, um den Schock und die Trauer auszudrücken angesichts des tragischen Unfalls, der das Leben von Halyna Hutchins beendet hat – Ehefrau, Mutter und zutiefst bewunderte Kollegin von uns“, schrieb Baldwin am Freitag im Kurznachrichtendienst Twitter. „Ich kooperiere vollkommen mit der polizeilichen Untersuchung, um herauszufinden, wie diese Tragödie geschehen konnte. Und ich stehe in Kontakt mit ihrem Ehemann, um ihm und seiner Familie meine Unterstützung anzubieten. Mein Herz zerbricht für ihren Ehemann, ihren Sohn und all diejenigen, die Halyna kannten und liebten.“Der Dreh wurde bis auf Weiteres eingestellt.
Nachdem das örtliche Sheriff-büro per Notruf alarmiert worden war, trafen die Polizisten am Donnerstag gegen 14 Uhr Ortszeit auf der Bonanza Creek Ranch ein. Zahlreiche Filme wurden auf dem Gelände nahe einer früheren Goldgräberstadt in der Wüste schon produziert. Der Vorfall dort ereignete sich demnach bei den Dreharbeiten zum Western „Rust“. Baldwin ist als Hauptdarsteller und Produzent an Bord. Regie führt Souza, der zuvor den Thriller „Crown Vic“(„Im Netz der Gewalt“) inszenierte.
Die Ermittler befragten nach Angaben des Sheriff-büros auch Augenzeugen. Zudem werde die Waffe untersucht und auf welche Weise das Geschoss abgefeuert worden sei. Die Los Angeles Times berichtete, üblicherweise sei ein Requisiteur oder ein lizenzierter Waffenmeister für die am Set benutzten Waffen zuständig. Zu dessen Aufgabe gehöre es auch, diese mit Platzpatronen zu laden und den Schauspielern den Umgang damit zu erklären. Scharfe Munition sei am Set verboten.
Laut Mitteilung wurde die Kamerafrau Hutchins mit einem Hubschrauber in ein Krankenhaus geflogen und dort für tot erklärt. Souza wurde mit einem Krankenwagen in eine Klinik in Santa Fe gebracht. Über seinen Zustand wurde zunächst nichts bekannt. Die Zeitung The Santa Fe New Mexican berichtete, Baldwin sei nach dem Vorfall vor dem Sheriff-büro verstört und weinend beim Telefonieren gesehen worden.
In seiner Karriere übernahm er Action-rollen in Filmen wie „Jagd auf Roter Oktober“oder „Mission: Impossible – Rogue Nation“, war aber auch in Dramen wie „Blue Jasmine“, „Still Alice – Mein Leben ohne Gestern“oder 2019 in dem Kriminalfilm „Motherless Brooklyn“zu sehen. Seit 2012 ist der Schauspieler mit Hilaria Baldwin verheiratet, sie haben sechs Kinder. Aus seiner Ehe mit der Schauspielerin Kim Basinger hat Baldwin Tochter Ireland.
Hutchins, die als Director of Photography für die gesamte bildliche Gestaltung des Films zuständig war, sei ein aufstrebendes Talent in der Branche gewesen, schrieb die Los Angeles Times. Die 42-jährige war Absolventin der renommierten Afi-filmschule. „Ich denke, sie wäre eine sehr berühmte und erfolgreiche Director of Photography geworden“, sagte „Archenemy“-regisseur Adam Egypt Mortimer.
Der Vorfall erinnert an den Tod des Us-schauspielers Brandon Lee. Der Sohn der Kampfkunst-legende Bruce Lee war 1993 bei Dreharbeiten zum Film „The Crow“von einer echten Kugel getroffen worden, in der Pistole hätte nur eine Platzpatrone sein sollen.
Der deutsche Waffenexperte Lars Winkelsdorf forderte nach dem Vorfall ein Umdenken in Hollywood. „Der Umgang mit Waffen, wie er in Filmen gezeigt wird, ist nicht nur unrealistisch, er ist tatsächlich gefährlich fahrlässig, und die Unfallrisiken bei solchen Dreharbeiten sind exzessiv hoch“, sagte der Journalist und Dozent für Waffensachkunde. „Dass hier nicht bereits in der Vergangenheit Sicherheitsmaßnahmen etabliert wurden durch die Filmproduktionen, halte ich für unverantwortlich, und Hollywood wird hier umdenken müssen.“Barbara Munker
und Jörg Vogelsänger, dpa