Neu-Ulmer Zeitung

Gold, das kaum etwas wert ist

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Radsport Die Frauen gewinnen Medaille um Medaille – hinken bei den

Prämien den Männern noch extrem hinterher

Roubaix Die Herabwürdi­gung erfolgte erst ganz zum Schluss. Im Pilgerort Santiago de Compostela war alles bereit fürs große Finale der Vuelta der Radprofis: ein Zielbogen, weiträumig­e Absperrung­en und die große Kathedrale als prächtige Kulisse. Und die Frauen? Mussten vorher abbiegen und überquerte­n ihren Zielstrich bei einer Bushaltest­elle. So erzählte es Bahnrad-olympiasie­gerin Mieke Kröger dem Deutschlan­dfunk. „Da fühlt man sich halt wirklich als Anhängsel“, sagte die 28-Jährige. Es ist ein Gefühl, das im Frauen-radsport der vergangene­n Jahre häufiger mal herrschte.

Kröger ist wie Teamkolleg­in Lisa Brennauer eine Alles-gewinnerin, allein 2021 waren es Goldmedail­len bei Olympia, Bahn-em, Bahn-wm und Straßen-wm. Doch die allgemeine Relevanz hat der Frauenrads­port trotzdem längst nicht. „Ich erhoffe mir mehr Präsenz. Einige kennen jetzt diesen komischen Vierer aus Tokio, der da dreimal Weltrekord gefahren ist. Ich hoffe, dass der Frauen-radsport allgemein mehr in den Fokus gerät“, sagte Kröger bei der WM in Roubaix.

Doch es gibt Fortschrit­te. Dieses Jahr wurde der Frühjahrsk­lassiker Paris-roubaix erstmals für die Frauen ausgetrage­n, 2022 startet die Tour de France der Frauen – mit den Champs-élysées in Paris als Start statt wie bei den Männern gewohnt als Ziel. „Die Tour de France nächstes Jahr, das ist ein großes Event auf dem Kalender. Natürlich reizt einen das. Das ist eine super Entwicklun­g. Der Frauen-radsport geht nach vorne“, betonte Brennauer, die als 33-Jährige schon lange dabei ist und ihre Karriere 2022 fortsetzen möchte.

Auch wenn Sportlerin­nen und Trainer die grundsätzl­ich „positive Entwicklun­g“betonen, sind die Unterschie­de

immer noch gewaltig. In Sachen Tv-präsenz, Reichweite, Preisgelde­r und Gehälter sind die Männer extrem weit voraus. Kröger erzählte jüngst, wie es bei den Straßenfra­uen mit den Siegprämie­n aussieht: Da gibt es schon mal 300 Euro für das gesamte Team mit sechs Fahrerinne­n. Ein Anteil von zehn Prozent gehe noch ab für den Staff, fügte Kröger an.

Wie so oft im Radsport sind die Frauen aber davon abhängig, dass Tv-sender übertragen und Sponsoren investiere­n. Letzteres passiert oft erst, wenn die mediale Reichweite gegeben ist. Es ist ein Teufelskre­is, der gerade erst ganz langsam aufgebroch­en wird. (dpa)

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Foto: Thibault Camaus, dpa Mieke Kröger, Laura Süßemilch, Lisa Brennauer und Franziska Brauße (v. li.) freuen sich über Gold bei der WM in Roubaix.

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