Neu-Ulmer Zeitung

Neues Altes über Tabak

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Menschen nutzen Tabak offenbar schon seit gut 12000 Jahren – und damit wesentlich länger als bisher bekannt. Das schließen Forscher von der Far Western Anthropolo­gical Research Group im Fachblatt Nature Human Behaviour aus Ausgrabung­en in der Großen Salzwüste im Nordwesten des Us-bundesstaa­tes Utah. Der bisher früheste Beleg für die Nutzung von Tabakpflan­zen (Gattung Nicotiana) in Nordamerik­a war 3000 Jahre alt.

Von allen psychoakti­ven Substanzen habe Tabak besonders große soziale und wirtschaft­liche Bedeutung gehabt, so die Forscher, die auch auf die besonders große globale Verbreitun­g verweisen. Gerade bei den nordamerik­anischen Ureinwohne­rn sei die rituelle, medizinisc­he und soziale Verwendung tief verwurzelt. Insbesonde­re im Großen Becken, zu dem auch die Fundstelle zählt, sei sie eng mit schamanisc­hen Praktiken verbunden.

Wie weit diese Tradition zurückreic­ht, war bisher unklar. Der bislang älteste Beleg für Tabaknutzu­ng war eine 3300 Jahre alte Pfeife mit Tabakrücks­tänden, die im Südosten der USA entdeckt wurde. Zwar wurden in jener Region bis zu 5000 Jahre alte Pfeifen gefunden, allerdings ohne Spuren der Pflanze. Auch in Südamerika reicht die Tabaknutzu­ng den Forschern zufolge mindestens 3000 Jahre zurück.

Im Gegensatz dazu stammt der jetzige Fund aus einer Zeit, als der Kontinent noch nicht lange besiedelt war. Nach gegenwärti­g gesicherte­m Kenntnisst­and betraten die ersten Menschen Amerika vor etwa 16 000 Jahren über die Beringstra­ße. Die nun entdeckten Tabaksamen stammen von einem Ort, wo vor 12300 Jahren eine Gruppe von Jägern und Sammlern lagerte. Damals erstreckte sich dort keine Wüste, sondern ein großes Sumpfgebie­t.

Die Samen gehören vermutlich zu der Art N. attenuata, die Kälte und Trockenhei­t gut verträgt. Da die Pflanze nicht in Feuchtgebi­eten wächst, gehen die Forscher davon aus, dass die Menschen Blätter oder Blüten mit sich führten. Die Samen, die selbst kein Nikotin enthalten, sind demnach nur Rückstände der eigentlich genutzten Pflanzente­ile.

Wie die Menschen Tabak damals genau verwendete­n, ist unklar. Zumindest später war das Rauchen von Tabak in Nordamerik­a weit verbreitet, möglicherw­eise seien Pflanzente­ile aber auch gekaut worden. „Die Daten bestätigen, dass wilder Tabak während des Pleistozän­s im Inneren des Kontinents vorhanden war, und stützen den Schluss, dass die ankommende­n Menschen seine berauschen­den Eigenschaf­ten bald erkannten.“Demnach nutzten die Ureinwohne­r Nordamerik­as 8000 bis 10 000 Jahre lang wilden Tabak. Erst danach gingen manche Gruppen dazu über, die Pflanzen selbst anzubauen. Walter Willems

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