Neu-Ulmer Zeitung

Und plötzlich feiert die CDU Armin Laschet

- VON MICHAEL STIFTER

Analyse Zum Abschied aus Nordrhein-westfalen zeigt der Parteichef, dass die Union jetzt eigentlich einen wie ihn bräuchte

Düsseldorf Zu Hause ist es halt doch am schönsten. Jedenfalls hat Armin Laschet beim Parteitag der nordrhein-westfälisc­hen CDU etwas erlebt, was ihm schon länger nicht mehr passiert ist: Er wurde gefeiert. Der gescheiter­te Kanzlerkan­didat geht nach Berlin und macht in Düsseldorf Platz für den 46-jährigen Hendrik Wüst. Der wurde zum neuen Landesvors­itzenden gewählt und soll Laschet auch als Ministerpr­äsident nachfolgen. An diesem Montag wird der 60-Jährige seinen Rücktritt einreichen.

Es sind die Momente, in denen sich Armin Laschet wohl selbst insgeheim fragt, wie das mit der Bundestags­wahl

so schief gehen konnte. Er hat eine starke Rede gehalten und sein Publikum von den Sitzen gerissen. Die Delegierte­n applaudier­ten minutenlan­g. Der Mann, der im Wahlkampf so oft wahlweise zaudernd oder gereizt gewirkt hatte, scheint wieder ganz bei sich zu sein. Er hat die Geschlosse­nheit der CDU beschworen. Jene Geschlosse­nheit, die in den vergangene­n Monaten derart zerbröselt war, dass man das so sicher geglaubte Kanzleramt verloren hat. Wenigstens in Nordrheinw­estfalen sollen es seine Parteifreu­nde nun besser machen, sollen zusammenha­lten. Nächstes Jahr ist schließlic­h Landtagswa­hl. Dass sie Laschet nun bejubeln, hängt natürlich damit zusammen, dass man sich im Moment der Niederlage daran erinnert, dass der Verlierer mal ein Sieger war. Die Zuneigung, die Laschet an diesem Tag erfährt, hat aber nicht nur mit schlechtem Gewissen und melancholi­schen Anflügen zu tun. Vielen in der CDU dämmert es langsam, dass es eben nicht automatisc­h besser wird, wenn der glücklose Parteichef dann mal weg ist. Hinter den Kulissen laufen sich die potenziell­en Nachfolger längst warm. Doch richtige Begeisteru­ng will keiner von ihnen auslösen. Und so kurios das klingen mag: Eigentlich bräuchte die CDU nun jemanden wie Laschet, der all die offenen Gräben zuschüttet und den Laden zusammensc­hweißt. 2012 hatte er die zerstritte­ne CDU in Nordrheinw­estfalen

übernommen, wieder geeint und schließlic­h zurück an die Macht gebracht. Sein Ziel sei nie eine One-man-show gewesen, sondern eine Mannschaft, sagt er selbst. Was ihm in der Heimat gelang, ist auf Bundeseben­e grandios gescheiter­t.

Am Mittwoch soll der bisherige Verkehrsmi­nister Hendrik Wüst im Düsseldorf­er Landtag mit der hauchdünne­n schwarz-gelben Mehrheit zum neuen Ministerpr­äsidenten gewählt werden. Dann bleiben ihm nur ein paar Monate, um den Umfragerüc­kstand auf die SPD aufzuholen. Sein Motto dabei könnte auch aus einer Laschet-rede stammen: „Haltung statt Spaltung – das braucht die Union.“

 ?? Foto: dpa ?? Hendrik Wüst (rechts) soll Armin Laschet auch als Ministerpr­äsident von Nord‰ rhein‰westfalen folgen.
Foto: dpa Hendrik Wüst (rechts) soll Armin Laschet auch als Ministerpr­äsident von Nord‰ rhein‰westfalen folgen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany